Der Psalmist fragte: „Wo soll ich hin gehen vor deinem Geist, und wo soll ich hin fliehen vor deinem Angesicht?” Und seine eigene Antwort auf diese Frage läßt eine wunderbare Anerkennung der Allgegenwart Gottes, des Geistes, erkennen. Er sagte: „Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde mich doch deine Hand daselbst führen und deine Rechte mich halten”. Als Mose sagte: „Siehe, du sprichst zu mir: Führe das Volk hinauf! und läßt mich nicht wissen, wen du mit mir senden willst”, kam die Antwort von Gott: „Mein Angesicht soll vorangehen; damit will ich dich leiten”.
Während diese beiden bekannten Bibelstellen befriedigende Zusicherung der tröstenden und stützenden Gegenwart der göttlichen Liebe enthalten, kommt aber doch in beiden Fällen der Gedanke an Raum und Zeit und Materie vor. Die Christliche Wissenschaft erhebt das Denken über die Ebene des Glaubens an endlichen Raum und begrenzte Zeit und, was dasselbe ist, an Materie und verneint, daß sie in irgend einer Beziehung zur Gottheit stehen. Mary Baker Eddy schreibt auf Seite 109 und 110 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Die drei großen Wahrheiten des Geistes: Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit —Geist, der alle Macht besitzt, der allen Raum erfüllt, der alle Wissenschaft ausmacht — widersprechen auf immer der Annahme, daß die Materie etwas Tatsächliches sein kann”.
In vorstehender Erklärung bestätigt Mrs. Eddy nicht nur die Allgegenwart Gottes, des Geistes, des Gemüts, sondern auch Seine Allmacht und Allwissenheit. Und in Wissenschaft und Gesundheit (S. 473) erklärt sie weiter: „Gott ist allüberall, und nichts neben Ihm ist gegenwärtig oder hat Macht”.
Unter Raum versteht man gewöhnlich die Entfernung zwischen zwei oder mehr Gegenständen oder die Ausdehnung, die diese Gegenstände in sich schließt. Gerade die Tatsache, daß der Raum nach dieser Auslegung durch menschliche Erfindungen — sei es nach Zentimetern oder nach Lichtjahren — gemessen werden kann, ist ein Beweis seiner Endlichkeit; denn das Weltall des Gemüts, Gottes, des Geistes, ist unendlich und daher nicht meßbar. Wenn wir also von unendlichem Raum sprechen, meinen wir einfach unendliche Gegenwart. Und was allgegenwärtig ist, ist nicht nur überall gegenwärtig, sondern immer gegenwärtig, d.h. es ist die einzige Gegenwart.
Die Allgegenwart des Geistes schließt materielle Gegenstände jeder Art aus. Sie schließt nur geistige Ideen in sich. Da also der Geist immer gegenwärtig ist, ist die Materie mit ihren unharmonischen Zuständen nie gegenwärtig. Da die Wahrheit immer und überall gegenwärtig ist, hatte der Irrtum nie ein wirkliches Dasein und wird es nie haben. Da das Leben immer gegenwärtig gewesen ist und ewig gegenwärtig sein wird, haben der Tod und die bösen Zustände, die zum Tode zu führen scheinen, keine wirkliche Wesenheit oder Gegenwart.
Man kann sich das Licht leicht als Sinnbild der Allgegenwart denken; aber man kann sich nicht vorstellen, daß das Licht Finsternis in sich schließe. Die Bibel sagt: „Gott ist Licht und in ihm ist keine Finsternis”. Gott ist die göttliche Intelligenz, und in dieser unendlichen, immergegenwärtigen Intelligenz, diesem unendlichen, immergegenwärtigen Gemüt ist kein Raum für die Finsternis der Unwissenheit oder für irgend etwas, was, menschlich gesprochen, als das Gegenteil der Intelligenz zu bestehen scheint.
Die Allwissenheit schließt keine Kenntnis und keinen Glauben an das Vorhandensein von irgend etwas ihr Unähnlichem oder Entgegengesetztem in sich. Der allwissende Geist umfaßt alles wahre Wissen — das geistige Verständnis seiner selbst und seiner Ideen — aber er schließt keine der Annahmen des sogenannten menschlichen Gemüts in sich.
Es ist einleuchtend, daß die Eigenschaften, die das Wesen des Geistes oder des Gemüts ausdrücken, mit diesem Gemüt gegenwärtig und unzertrennlich von ihm sind. Und da das Gemüt, der Geist, allgegenwärtig ist, sind die geistigen Eigenschaften Bewußtsein, Tätigkeit, Herrlichkeit, Schönheit, Vollständigkeit und Vollkommenheit auch allgegenwärtig. Daher kann man in Wahrheit unmöglich irgendwo sein, wo Gesundheit, Freudigkeit, Harmonie, Heiligkeit, Freude, Friede und Herrschaft nicht sind. Umgekehrt kann man in Wirklichkeit unmöglich irgendwo sein, wo Krankheit, Freudlosigkeit, Disharmonie, Streit, Nutzlosigkeit und Vereitelung sind, weil diese Annahmen des sogenannten sterblichen Gemüts kein göttliches oder tatsächliches Dasein haben.
Da Gott, das Gute, unendlich und allgegenwärtig und allmächtig ist, haben Sünde und Böses keine Gegenwart und keine Macht. Daher ist die Annahme, daß ein Mensch oder eine Gruppe Menschen dem Einfluß oder der Beherrschung irrigen Denkens unterworfen sei, nicht wahr. Die Annahmen Haß, Furcht, habsucht, Wollust, Selbstsucht und Schwachsinn haben in der allgegenwärtigen und allmächtigen Liebe keinen Raum. Das Gesetz und die Herrschaft des unendlichen Geistes, der das Prinzip der Gerechtigkeit und der Rechtschaffenheit ist, ist immer gegenwärtig und ist die einzige, wirkliche Regierungsgewalt, der einzige, wirkliche Einfluß, ob dies dem menschlichen Gemüt wahr erscheint oder nicht. „Allmacht”, schreibt unsere geliebte Führerin auf Seite 228 in Wissenschaft und Gesundheit, „besitzt Allgewalt, und irgendeine andere Macht anerkennen, heißt Gott die Ehre versagen”. Laßt uns nicht Gott die Ehre versagen, sondern laßt uns mit dem Offenbarer Johannes sagen: „Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserem Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit”.