As junge Christliche Wissenschafter begegnen wir oft Problemen, die uns außerordentlich schwer zu lösen scheinen. Verzagtheit kann uns zuweilen glauben lassen, daß sie unlösbar seien. Dennoch geben wir uns schon bei einem sehr begrenzten Verständnis der Christlichen Wissenschaft nicht damit zufrieden, Irrtumsurteile anzunehmen, da wir wissen, daß der Fehler nicht an der Wissenschaft selber liegt, sondern an unserem begrenzten Verständnis. Dann versuchen wir es wieder, und mit mehr Demut und Heiligung erweitern wir unser Verständnis durch beharrlichere Anwendung der Wahrheit, die wir schon verstehen, und durch weiteres Forschen in der Bibel und in unserem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy.
Bei unserer geistigen Arbeit sind wir manchmal auf die Worte im Propheten Jesaja gestoßen: „Siehe, ich habe dich zum scharfen, neuen Dreschwagen gemacht, der Zacken hat, daß du sollst Berge zerdreschen und zermalmen und die Hügel zu Spreu machen. Du sollst sie zerstreuen, daß sie der Wind wegführe und der Wirbel verwehe. Du aber wirst fröhlich sein über den Herrn und wirst dich rühmen des Heiligen in Israel”.
Berge und Hügel versinnbildlichen gewöhnlich erhabene Gedanken. Aber manchmal stellen sie einen irrigen Glauben an die scheinbar unbewegliche und in ihrer Scheingröße überwältigende Wesenheit der Materie bildlich dar. Mit andern Worten, solche Berge versinnbildlichen gerade die Irrtümer, denen wir zu begegnen scheinen, und die uns so groß, so mächtig, so überwältigend vorkommen.
Von diesem Standpunkte aus sind diese Verse sehr ermutigend und anregend. Wir können annehmen, daß mit dem „Dreschwagen, der Zacken hat”, die Christliche Wissenschaft gemeint ist, die uns jedesmal „neu” ist, wenn wir eine höhere Entfaltung der Wahrheit als Hilfe bei unserer Arbeit erlangen. Der „Dreschwagen” steht bereit; aber die Arbeit müssen wir tun. Wir müssen die Berge falschen Glaubens mit der Kraft der Wahrheit zermalmen und die Hügel zu Spreu machen — d.h. ihre Nichtsheit sehen.
Der Zweck des Dreschens ist immer, die Körner von der Spreu zu trennen. Man beachte, daß es nicht genügt, die Spreu von den Körnern zu lösen: wir werden geheißen: „Du sollst sie zerstreuen, daß sie der Wind wegführe”. Ebenso müssen wir uns bemühen, das Gute vom Irrtum in unserem Denken zu trennen, und dann den Irrtum zerstreuen oder zerstören. Es genügt nicht, den Irrtum als Irrtum zu erkennen und es dabei bewenden zu lassen. Er muß aus unserem Bewußtsein ausgetrieben werden, damit wir „über den Herrn fröhlich sein und ... [uns] des Heiligen in Israel rühmen” können.
„Aber”, mag jemand sagen, „ich habe versucht, die Unwirklichkeit des Irrtums zu wissen. Ich habe die Wahrheit angewandt, so gut ich konnte; aber die Schwierigkeit ist nicht gewichen. Was habe ich nicht recht gemacht? Warum werde ich nicht geheilt?” Vielleicht liegt es daran, daß man für eine Heilung gearbeitet hat, und daß man zugegeben hat, daß etwas Unvollkommenes vorhanden sei, das der Heilung bedarf. Unser erstes Bedürfnis ist immer, Gott besser zu erkennen, nach größerer Entfaltung der Wahrheit zu trachten, falsche materielle Gedanken durch vollkommene, geistige Gedanken zu ersetzen und so das höhere Verständnis Gottes und Seiner vollkommenen Widerspiegelung, des Menschen, das heilt, zu gewinnen.
Mrs. Eddy weist den Weg zu solcher Entfaltung, wenn sie uns in Wissenschaft und Gesundheit (S. 269) schreibt: „Die Metaphysik löst Dinge in Gedanken auf und tauscht die Dinge des Sinnes gegen die Ideen der Seele ein”. Die Wichtigkeit dieses Gedankens geht daraus hervor, daß sie ihn uns noch einmal mit folgenden Worten gibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 123): „Die göttliche Wissenschaft, die sich über die physischen Theorien erhebt, schließt die Materie aus, löst Dinge in Gedanken auf und ersetzt die Gegenstände des materiellen Sinnes durch geistige Ideen”.
Eine Christliche Wissenschafterin hatte diese Erklärungen oft gelesen; aber sie hatten nie etwas für sie bedeutet. Als sich ihr aber ein Problem darbot, kamen sie ihr in einer Zeit großer Not fast wie ein Wunder in den Sinn. Ihre Bedeutung wurde ihr Plötzlich klar und das Ergebnis war eine herrliche Heilung.
Eines Tages bekam die Wissenschafterin während ihrer Arbeit in einem Büro sehr heftige Schmerzen, die es ihr unmöglich zu machen schienen, weiterzuarbeiten. Sie verließ das Büro, um sich hinzulegen, und versuchte ihr Denken zu klären, indem sie die Wahrheit erklärte, so gut sie es in dem Zustande, in dem sie sich befand, konnte, aber scheinbar ohne Ergebnis. Als es schien, daß sie die Schmerzen nicht mehr ertragen konnte, wurde ihr plötzlich klar, daß die unfreundlichen und ungerechten Bemerkungen eines andern Arbeiters sie tief verletzt hatten. Sofort fielen ihr die oben angeführten Worte ein und sie begann sie auf die Erfahrung, die sie durchmachte, anzuwenden.
Was sie zu haben schien, waren sehr heftige Schmerzen. Sie sah jedoch klar, daß sie, in Gedanken aufgelöst, nichts weiter waren als ein Gefühl des Grolls und sogenannter gerechter Entrüstung. Als sie dies erkannt hatte, bestand der nächste Schritt darin, das Grollgefühl gegen die wahre, geistige Idee der Liebe, die Wirklichkeit, auszutauschen. Was hatte den Groll verursacht? War es nicht der Glaube, daß der Mensch Irrtum in Gestalt von Eifersucht und Haß ausdrücken könne? Ihre Aufgabe war also, die Wahrheit über die Lage zu wissen, die geistige Idee zu sehen, nämlich, daß der Mensch im Bild und Gleichnis Gottes ewig vollkommen, liebevoll, der Ausdruck der Wahrheit, nicht des Irrtums, der Liebe, nicht des Hasses, der Höflichkeit, nicht der Unhöflichkeit ist. Als die Wissenschafterin an dieser aufgeklärten Anschauung festhielt, fand sie, daß die Schmerzen vergangen waren. Sie kehrte an ihre Arbeit erfrischt und frohlockend im Herrn zurück. Sie hatte von neuem von ihrem „Dreschwagen” Gebrauch gemacht, hatte die Berge zermalmt und die Hügel zu Spreu gemacht, hatte sie zerstreut und die Winde Gottes hatten den Irrtum weggeweht.
Eine solche Erfahrung weist ganz klar auf die Notwendigkeit der Beherrschung unseres Denkens hin. In diesem Zusammenhang schreibt unsere geliebte Führerin Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 208): „Ein materieller Körper drückt nur ein materielles und sterbliches Gemüt aus. Dieser Körper gehört einem sterblichen Menschen, und er macht ihn harmonisch oder unharmonisch je nach den Gedankenbildern, die er demselben aufprägt. Du umfaßt deinen Körper in deinem Denken, und du solltest auf ihm Gedanken der Gesundheit und nicht der Krankheit abbilden”.
Laßt uns unser Denken nicht gelegentlich, sondern beständig sorgfältiger bewachen, so daß sich an unserem Körper keine Gesundheitsstörung bekundet, die später in einen irrigen Gedanken aufgelöst und gegen eine Idee der Seele ausgetauscht werden muß!
