„Sanftmut, die das menschliche Verlangen mäßigt, flößt Weisheit ein und verschafft göttliche Kraft”, schreibt Mary Baker Eddy auf Seite 360 in „Miscellaneous Writings”. Aus Dankbarkeit dafür, was Gott für seinen Vater David getan hatte, und demütig beim Gedanken an die großen Aufgaben, die seiner als König von Israel harrten, betete Salomo in der Nacht um Weisheit, die anderen noch mehr als ihm selber zugute kommen sollte. Ein großes Maß geistiger Erleuchtung muß Salomo in jener Stunde seines Einsseins mit Gott zuteil geworden sein. Viele Jahrhunderte später kleidete es Christus Jesus in die Worte: „Ich kann nichts von mir selber tun”.
Wir sehen nicht nur Salomos Unvermögen, ohne göttliche Hilfe —-das Ergebnis seiner Vision — etwas zu vollbringen, sondern auch die Größe seiner sofortigen Belohnung. Da er am ersten nach dem Himmelreich, nach den Segnungen geistiger statt materieller Kraft trachtete, fielen ihm auch andere Dinge zu. Das Ergebnis seines Gebets, das die Sanftmut ausdrückte, die das menschliche Verlangen mäßigt, war Weisheit, Ehre und uneingeschränkte Gelegenheit, der Menschheit zu dienen.
Es ist immer das „eigene Selbst” oder der falsche Sinn des Selbst, was uns von Gott zu trennen und uns des Erfolgs zu berauben sucht. Dies ist die Quelle aller Widerwärtigkeiten, worunter die Sterblichen leiden, sei es Selbsterhebung oder Selbsterniedrigung, sei es Eigenwille oder Selbstentäußerung. Die Sanftmut, die von Gott ist, ererbt nicht nur das Erdreich, sondern bekundet sich auch in Ruhe und in Vertrauen, in einer gerechten und freudigen Ausübung geistiger Wohltaten. Die Sanftmut, die Macht ist, birgt, wie Jesus bekundete, göttliche Ermächtigung in sich.
Der Mensch, der Vertreter des unendlichen Gemüts, weiß, daß er ewig erleuchtet, ausgerüstet und gestärkt ist. Jesus bestätigte dies, als er erklärte: „Der Vater, der in mir wohnt, der tut die Werke”. Wenn wir verstehen lernen, was diese Erklärung bedeutet, beschäftigen die Warnungen vor Mißerfolg wie auch der Stolz aus Gelegenheiten unser Denken nicht mehr. Die Last der Verantwortung und die flüchtige Herrlichkeit der Selbstzufriedenheit fallen weg. Im Lichte der Allheit des Gemüts wird es klar, daß die Anmaßungen des sterblichen Sinnes, sei es der Freude oder des Leids, der Hervorragung oder des Unbekanntseins, nichts sind und verschwinden. Das Gute, das jedem zu Gebote steht, wann und wie er es braucht, ist stets ein Grund zur Dankbarkeit und eine Aufforderung zu weiterem Dienst. Wer es sich erhalten und mehren will, muß voll anerkennen, daß seine Quelle oder sein Ursprung in Gott ist. In diesen Zusammenhang passen die Worte des Apostels: „Wo bleibt nun der Ruhm? Er ist ausgeschlossen”. Der einzige Ruhm, der nicht ausgeschlossen ist, ist der, von dem der Psalmist sagt: „Meine Seele [mein geistiger Sinn] soll sich rühmen des Herrn, daß es die Elenden hören und sich freuen”. Der demütige Gedanke, der erkennt, wo wirkliche Macht und Sicherheit liegen, frohlockt immer, wenn er die Stimme der Wahrheit zur Treue gegen das göttliche Prinzip aufrufen hört.
Auf Seite 209 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen schrift” schreibt unsere Führerin Mary Baker Eddy: „Der geistige Sinn ist eine bewußte, beständige Fähigkeit, Gott zu verstehen”. Wer diese Fähigkeit anwendet, geht hervor angetan mit der unbesiegbaren Rüstung Weisheit und Macht. Weil er das Verlangen hat, sich vom geistigen statt vom materiellen Sinn führen zu lassen, und sich nicht aus bloße menschliche Anstrengung — seine eigene oder die eines andern — verläßt, um zu vollbringen, was tatsächlich nur durch Verlaß auf das Gemüt möglich ist, gibt Furcht dem Vertrauen und Unsicherheit dem Frieden Raum. Er weiß, daß man nicht auf Kosten anderer Fortschritt macht und Erfolg erringt, sondern zu dem Zweck, alle zu segnen und zu ermutigen. Seine eigenen vorübergehenden Mißerfolge oder Schwierigkeiten sollten ihn nicht erschrecken und demütigen, sondern ihn eher zu größerem Fleiß und zu größerer Wachsamkeit anspornen. Auf diese Art gestaltet sich jede ehrlich und demütig begonnene Erfahrung zu einem Segen und einem Lohn.
„Demut ist die Rüstung eines Christen, sein Schirm und sein Schild”, mahnt uns unsere Führerin in ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1902 (S. 19). Wie entgegengesetzt dies dem Ausblick und der Gewohnheit der Welt ist, und doch wie tief es jedem Wort und jeder Tat des Gründers des Christentums, Christi Jesu innewohnt! In dieser Demut, die Macht ist, erkennt der Christliche Wissenschafter seine höchste Nützlichkeit und seine befriedigende Belohnung; hierin findet er auch sichere Zuflucht vor der Aufdringlichkeit des sterblichen Gemüts, ob es sich in Lob oder Tadel ausdrückt. In Demut lernt er jene Gedanken schätzen und festhalten, die sich nur des Herrn rühmen.
Wenn Verlaß auf den geistigen Sinn seine Urteile leitet und seine Bestrebungen inspiriert, findet der Christliche Wissenschafter, daß folgende Worte Jesu eine ganz neue und innigere Bedeutung bekommen: „So ich mich selber ehre, so ist meine Ehre nichts. Es ist aber mein Vater, der mich ehrt”. Er sieht, daß nur in dieser Beziehung und dieser göttlichen Würdigung die Quelle aller Weisheit und aller Macht zu finden ist.
