Für den, der als Ergebnis der Lehren der Christlichen Wissenschaft gesehen hat, daß das Böse nicht Macht ist, weil Gott allmächtig und allgegenwärtig ist, ist der Weg klar: der schließliche Ausgang jeder menschlichen Lage, in der er sich vorübergehend befinden mag, ist jeder Möglichkeit der Ungewißheit und der Furcht entzogen.
Das Ergebnis der Erfahrung Daniels in der Löwengrube, als er die Machtlosigkeit einer mörderischen Absicht, den menschlichen Vertreter Gottes zu zerstören, bewies, war die Rechtfertigung seines Glaubens und seines Gehorsams. Die unmittelbare Folge für seine Zeitgenossen war Friede und Gerechtigkeit. In dem Gebot, das der König an „alle Völker, Leute und Zungen” schreiben ließ, wurde vollständige Ergebenheit gegen „den Gott Daniels” gefordert. Und als Grund wurde angegeben: „Denn er ist der lebendige Gott, der ewiglich bleibt, und sein Königreich ist unvergänglich, und seine Herrschaft hat kein Ende. Er ist ein Erlöser und Nothelfer, und er tut Zeichen und Wunder im Himmel und auf Erden”.
Die Art des Gottes, den auf des Königs Befehl hinfort alle Menschen anbeten sollten, war ihm durch die Art Daniels selber enthüllt worden. Daniels Standhaftigkeit, Unsterblichkeitsbewußtsein, geistiger Mut und Lauterkeit der Absicht befähigten ihn, jene göttlichen Gesetze nutzbar zu machen, die, auf das menschliche Bedürfnis angewandt, befreien und erretten. Daniels Beispiel und Beweis hatten die Änderung und Verbesserung der Haltung und der Politik des Königs Darius und seiner Regierung zur Folge.
In dieser Erfahrung hatte der König Darius die Kraft, die Daniel unversehrt aus der Löwengrube herausgeführt hatte, als göttlich erkannt, und er erzeigte Gott in seinem Befehl an seine Untertanen demütige Ergebenheit. So bewirkte die Befreiung Daniels von der Rache seiner Feinde und der Raubgier der Löwen viel mehr als die Errettung eines einzelnen von Vernichtung; denn sie lenkte die Gedanken vieler auf Gott hin, der „ein Erlöser und Nothelfer ist”.
Auf Seite 261 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” hat Mary Baker Eddy geschrieben: „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt”. Es ist nicht schwer, sich die Art der Standhaftigkeit Daniels in jenen Stunden vor und während seines Aufenthalts in der Löwengrube vorzustellen. Seine Belohnung war dieselbe, die in kleinerem oder größerem Maße allen zuteil werden muß, die mit ganzem Gottvertrauen in ruhigem und geheiligtem Leben für die Fähigkeit des Gemüts zeugen, sie unter allen Umständen und in jeder Lage zu erhalten.
Unsere Führerin macht klar, daß wir das Ergebnis rechter Ideen „in dem Verhältnis erleben, wie sie unsere Gedanken beschäftigen”. Daher müssen wir, wenn die Prüfungen kommen, seien sie klein oder groß, wie Daniel bereit sein, unsere Standhaftigkeit zu bewahren—für das einstehen, was wir als recht erkennen, und durch unsere Treue für seine Kraft, uns zu erhalten, zeugen.
Dieses Festhalten des Denkens an einem göttlichen Ideal forderte Christus Jesus Jahrhunderte später von seinen Nachfolgern. Dies war in Worten und Handlungen das Beispiel, das er für sie aufstellte, indem er, dessen Allumfassenheit in noch größerem Maße als Daniel erfassend, erhabenen Beweis davon gab. Durch seine beständige Gemeinschaft mit dessen Prinzip und Quelle bewies er seine Unbesiegbarkeit angesichts jedes Angriffs auf seine Kraft, auszuhalten und zu siegen.
Die Menschen erwerben Standhaftigkeit auf keine andere Art als durch vollständigen Verlaß auf Gott. Dies veranlaßt sie, sich nicht zu sehr um den unmittelbaren Umstand und dessen Folge, sondern mehr um die Richtigkeit ihrer eigenen Haltung dazu zu kümmern. Nur so bleibt ihre Standhaftigkeit angesichts Versuchung, Einwendung und Drohung unerschüttert; nur so können sie sich geschützt gegen Wankelmütigkeit, Ausflucht, Drohungen und Ahnungen zeigen. Die tierischen Eigenschaften des menschlichen Willens, die sich des Vorrechts des Gemüts bemächtigen, machen die Menschen zu Angreifern oder Opfern, die selber furchterfüllt sind und daher als Mittel ihrer eigenen Verteidigung andere in Furcht zu versetzen suchen. Wer sich in der Überzeugung, die aus geistigem Wissen geboren ist und durch Gebet gestärkt, erleuchtet und beständig erneuert wird, auf Gott verläßt, wird trotz allem materiellen Schein, troß allem Einwand, der nach der Anerkennung schreit, daß das Böse stärker sei als das Gute, ruhig bleiben. Dies muß so sein; denn es ist in jeder Verheißung des Meisters enthalten und spricht aus jeder.
Auf Seite 19 in „Miscellaneous Writings” hat Mrs. Eddy geschrieben: „Wer den Namen Christi genannt hat, wer die göttlichen Ansprüche der Wahrheit und der Liebe in der göttlichen Wissenschaft dem Wesen nach angenommen hat, trennt sich täglich vom Bösen; und alle verruchten Bemühungen mutmaßlicher Teufel können nie den Lauf dieses Lebens ändern, das unaufhaltsam zu Gott, seiner göttlichen Quelle, hinfließt”. Nur die Erkenntnis, daß die Teufel, die trüben, verwirren, hindern und unfähig machen möchten, mutmaßlich sind, ist das Geheimnis unseres Sieges über sie. In vielen Fällen können sie so schreckenerregend, so greifbar, so nahe scheinen, wie die Löwen bei Daniel waren; aber unermeßlich größer, weil es die Art der Wirklichkeit der Unsterblichkeit gewahr wird, ist das Bewußtsein des wahren Seins, das an Gottes Standhaftigkeit teilnimmt, weil es den Namen Christi genannt hat.
Für solche gibt es keinen Rückzug, keine Unzufriedenheit, kein Zugeständnis einer gegenwärtigen, keine Möglichkeit einer schließlichen Niederlage, keine Abweichung von dem vorgezeichneten Lauf. Daniel wurde befreit, weil er vertraute. In der Stunde seiner größten Anfechtung blickten alle auf ihn, um zu sehen, was er tun würde und was das Ergebnis sein würde, und sie sahen seinen Glauben, seine Ergebenheit gerechtfertigt.
Der Aufruf zu vollständigem Verlaß auf Gott ergeht stündlich an die Menschen in Augenblicken schwerwiegender Entscheidung, in Krisen leiblicher und seelischer Art, die oft Angelegenheiten von höchster Wichtigkeit für sie selber und für andere in sich schließen. Nur wer die mutmaßliche Art des Bösen versteht und unerschrocken standhaft vorwärtsgeht, hilft alle falschen Verordnungen umkehren und das geistige Gesetz in Kraft setzen. Es ist das Vorrecht aller Christlichen Wissenschafter, sich selber und der Welt zu beweisen, daß sie dieser ihnen von ihrer Führerin hinterlassenen großen Verantwortung würdig sind—daß sie wissen: der Gott, auf den sie vertrauen, „ist der lebendige Gott, der ewiglich bleibt, und sein Königreich ist unvergänglich”.