Einer stets wachsenden Zahl müder Sterblicher, die sich mit Schrecken von den Ungewißheiten und Unruhen des menschlichen Schauplatzes abwenden, stellt die Christliche Wissenschaft neue herrliche Hoffnungen in Aussicht. Zu denen, die bereit sind, das Sterbliche und Trügerische abzulegen, sagt sie: Es gibt eine Zuflucht vor allem menschlichen Streit, nicht nur vor dem Krieg, sondern auch vor den geringfügigen Widersprüchen des menschlichen Willens in den täglichen Angelegenheiten der Menschen; Friede ist inmitten scheinbaren Wirrwarrs, Fülle auch dort, wo Armut und Geschäftsflauheit zu herrschen scheinen, zu finden. Daß die Menschen von dem selbstischen Verlangen nach bloßem Selbstschutz vor den Wechselfällen des Zufalls und der Veränderung mit allen sie begleitenden Befürchtungen getrieben werden, ist ein falscher Anspruch. Hier und jetzt kann einer seine Gottessohnschaft erkennen und die Allheit des Gemüts beweisen, und dies ist sein einziger wirklicher Schutz, seine einzige Erlösungsmöglichkeit.
Im Lichte der Christlichen Wissenschaft enthalten die biblischen Schutzverheißungen mehr als den bloßen Trost schöner dichterischer Bildersprache. Obgleich in morgenländischer sinnbildlicher Darstellung ausgedrückt, verkörpern sie göttliche Wahrheiten, die gestern und heute und auch in Ewigkeit dieselben sind.
Mary Baker Eddys Entdeckung der wissenschaftlichen Gesetze, die der ganzen Schöpfung zugrunde liegen, hat die Erfüllung dieser Verheißungen zu einer praktischen Möglichkeit gemacht. Das Böse, ob es ein einzelner oder ein über die ganze Welt verbreiteter Zustand zu sein scheint, ist unwahr, unwirklich. Und wenn wir mental „unter dem Schirm des Höchsten”, in dem Bewußtsein der geistigen Wahrheit des Seins, bleiben, erkennen wir Gottes Allgegenwart und erfahren den verheißenen Frieden „unter dem Schatten des Allmächtigen”.
Auf Seite 306 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” hat Mrs. Eddy geschrieben: „Unberührt inmitten des mißtönenden Zeugnisses der materiellen Sinne entfaltet die allzeit erhöhte Wissenschaft den Sterblichen das unwandelbare harmonische göttliche Prinzip—entfaltet sie das Leben und das Weltall als immer gegenwärtig und ewig”. Gott, das göttliche Prinzip, ist allgegenwärtig, allumfassend, unfehlbar. Das Prinzip wird von nichts, was ihm unähnlich ist, berührt oder verändert und ist immer tätig. Daß Mrs. Eddy das Wort „Prinzip” als sinnverwandtes Wort für Gott gebraucht, hat der Menschheit einen Begriff von der Ständigkeit und Nutzbarkeit des Guten gegeben.
Vielen, die aufrichtig willens sind, diese Erklärungen der göttlichen Wissenschaft zu erwägen, kann die Zweifelseinflüsterung kommen: Wie verhält es sich mit dem Leiden, das ich durchgemacht habe, mit dem Bösen, das ich sehe, wovon ich höre und worüber ich lese? Wie lassen sie sich erklären, wenn das vollkommene Prinzip alles regiert? Die Widersprüche und Übel der menschlichen Erfahrung beeinträchtigen die harmonischen Tatsachen der göttlichen Wissenschaft nicht. Sie scheinen es zu tun, nur weil die Menschen mit den Wahrheiten des Seins nicht vertraut sind, oder weil sie sich aus Eigensinn, Unwissenheit oder Mangel an rechtem Verlangen dem „unwandelbaren harmonischen göttlichen Prinzip” nicht genügend angepaßt haben, um dessen Möglichkeiten zu beweisen.
Die meisten Menschen beginnen unter dem Druck einer menschlichen Not sich mit der Christlichen Wissenschaft zu befassen. Wenn sie aber etwas von dem Geist dieser Lehre erfassen, erkennen sie, daß ihre Mission nicht vornehmlich darin besteht, leibliche Gesundheit, materielle Behaglichkeit oder finanziellen Erfolg zu bringen, sondern den Glauben zu zerstören, daß der Mensch in der Materie lebe und von ihr abhängig sei. Man begibt sich nur in dem Maße unter „den Schirm des Höchsten”, wie man die Erdenlasten Sünde, Unwissenheit und Furcht ablegt. Und Anfechtungen sind oft das Mittel, das menschliche Denken zum Aufgeben falscher Verlasse und Wünsche aufzuwecken. In diesem Lichte gesehen, erscheinen Probleme nicht mehr lästig und betrübend, und man sieht die Bedeutung der Erklärung Mrs. Eddys (Wissenschaft und Gesundheit, S. 66): „Prüfungen sind Beweise der Fürsorge Gottes”.
Erlösung vom Bösen ist eine von Tag zu Tag fortschreitende Erfahrung. Sie ist die dem menschlichen Denken sich entfaltende Offenbarung des Christusideals, die „durch mitfolgende Zeichen” in jeder Form unserer menschlichen Erfahrung kund wird. Der fortschreitende Christliche Wissenschafter ist für frühere Beweise der Wahrheit dankbar; aber er begnügt sich nie mit ihnen. Er blickt auf frühere Siege zurück, nur um sich von ihnen zu höheren anspornen zu lassen, und er ist beständig der Tatsache eingedenk, daß umso strengere Forderungen an ihn gestellt werden, je weiter er auf dem Wege der Wahrheit geht, und je höhere Arbeit er unternimmt.
Diejenigen, die den Beruf des christlich-wissenschaftlichen Heilens ausüben, sind buchstäblich Nachfolger des großen Wegweisers. Sie haben ein heiliges Wirken unternommen, das eine solche Liebe zu den Dingen des Geistes erfordert, daß es weltliche und persönliche Wünsche ausschließt. Die Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft sind dem reinen und unverfälschten Gedanken klar und einfach, und es darf nicht vergessen werden, daß sie nur in dem Maße folgerichtig bewiesen werden können, wie man sein Freisein von den Vergnügen, Behaglichkeiten und Nichtigkeiten des persönlichen Sinnes behauptet hat. Diejenigen, die sich dem der Menschheit möglichen höchsten Berufe widmen, dürfen nicht bloß gelegentlich, sondern müssen beständig „unter dem Schirm des Höchsten” leben, wenn sie die geistige Höhe des Denkens bewahren wollen, die in den Werken kund wird, die ihre Führerin von ihnen gefordert hat.
Christlich-wissenschaftliche Behandlung ist die stille oder gesprochene Bejahung der Wahrheiten des Seins, durch deren Vergegenwärtigung man falsche Gedankenbilder für sich und für andere zerstören kann. Dies ist das Gebet geistigen Verständnisses, das über die Nebel des sterblichen Anscheins hinausblickt und trotz aller Widersprüche des irrigen materiellen Sinnes an der göttlichen Wirklichkeit festhält. Für den Christlichen Wissenschafter ist Gebet nicht ein Versuch, Gott sozusagen auf die Ebene menschlicher Annahmen herunterzubringen, sondern geistiges Verständnis erhebt das Denken über die Begrenzungen des sterblichen Sinnes zu dem Begriff von der Schöpfung Gottes als vollkommen und vollständig.
Die hingebenden Bemühungen des geistig wissenschaftlichen Denkers sind in der Welt nie so sehr vonnöten gewesen wie heute. Mrs. Eddys geistiger Blick sah die allgemeine Gärung des Denkens, die dem Annehmen der Wahrheit vorausgeht, vorher. In Wissenschaft und Gesundheit (S. 96) schreibt sie: „Der Zusammenbruch der materiellen Annahmen mag Hungersnot und Pestilenz, Not und Elend, Sünde, Krankheit und Tod zu sein scheinen, die neue Erscheinungsformen annehmen, bis ihre Nichtsheit zutage tritt. Diese Unruhen werden bis zum Ende des Irrtums fortbestehen, bis alle Disharmonie in der geistigen Wahrheit verschlungen sein wird”.
Der Christliche Wissenschafter läßt die heutigen Zustände nicht außer acht, noch läßt er sich durch sie schrecken. Er gibt sich keinem persönlichen Verdammen derer hin, die die Werkzeuge des Bösen zu sein scheinen, noch läßt er sich durch die Scheingröße der Bekundung des Bösen mesmerisieren. Er sieht in den über die ganze Welt verbreiteten Unruhen den Augenschein des „Zusammenbruchs der materiellen Annahmen”, und er erkennt, daß nicht nur seine Erlösung, sondern auch sein größter Beitrag zum allgemeinen Wohl darin besteht, daß er den Glauben an die Wirklichkeit des Bösen aufgibt und standhaft an der Allmacht des Guten festhält.
Unpersönliche Wahrheit allein kann jeden Sinn des Leidens, des Mangels und des Elends zerstören. Diese Wahrheit ist der Welt in Wissenschaft und Gesundheit dargeboten, und sie erreicht die Menschheit in großem Maße durch das Denken derer, die die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft angenommen haben und sich nach besten Kräften bemühen, ihre Lehren anzuwenden. Da sie sich beständig bewußt bemühen, ihr Denken entschlossen „unter dem Schirm des Höchsten” zu halten, erfahren sie die Erfüllung der Verheißung Gottes und helfen das Denken der Menschen näher zu „dem Schatten des Allmächtigen” erheben.