Welche Eigenschaften dünken mich am anziehendsten, am begehrenswertesten? ist eine Frage, die der Christliche Wissenschafter mit Vorteil an sich richten kann. Die Antwort ist wichtig, weil die Eigenschaften, die einer bekundet, seinen Charakter gestalten und seine Umgebung bestimmen.
Weisheit in der Wahl seiner Freunde so gut wie in der Pflege der Kunst, selber ein Freund zu sein, bringt nicht nur Freude und Gelegenheiten, hilfreich zu sein, sondern stärkt auch die Neigung, zum Wohl anderer selbstlos zu denken. Wenn einer von geistigem Verständnis geleitet wird, wird er vor unweisen und nutzlosen Verbindungen geschützt und nicht durch oberflächliche Anziehungen getäuscht. Mary Baker Eddy gibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” den rechten Maßstab der Freundschaft mit den Worten (S. 57): „Schönheit, Reichtum oder Ruhm vermögen den Anforderungen der menschlichen Liebe nicht zu genügen; sie sollten den höheren Ansprüchen des Verstandes, der Güte und der Tugend gegenüber nie ins Gewicht fallen”.
Unsere Führerin hat in diesem Falle klar den Gegensatz zwischen geistigen und den bloß Physischen und flüchtigen Werten gezeigt. Die Gerechtigkeit, die Intelligenz und den Strahlenglanz seines Schöpfers bekundend, besitzt der Mensch Reichtum und Lieblichkeit, die jede sterbliche Vorstellung übersteigen. „Gottes Gaben beschämen des Menschen schönste Träume”, hat ein Dichter treffend geschrieben. Ist es nicht weit besser, zuerst und vor allem lieber nach den Gaben Gottes, nach geistigen Eigenschaften, als nach den Sinnesträumen des sterblichen Gemüts zu trachten?
Das ernste Verlangen nach wirklichen Werten, das sich im täglichen Leben durch die Wahl des Rechten und die Ablehnung des Falschen zeigt, führt zu dem allbefriedigenden Beweis unseres wahren geistigen Selbst. Dies wurde in der Erfahrung einer jungen Christlichen Wissenschafterin durch Beweisen der Nützlichkeit rechter Freundschaft veranschaulicht. In diesem besonderen Falle schien es an Verbindungen zu fehlen, die „Verstand, Güte und Tugend” fördern würden. Aber die Wissenschafterin beharrte in der Überzeugung, daß alle menschlichen Bedürfnisse einschließlich des erwähnten befriedigt werden würden, wenn sie am ersten nach den Dingen des Geistes trachtete. Sie sah auch, daß nichts, was ihre Erkenntnis der wahren geistigen Identität des Menschen verringert, wahre Freudigkeit bringen könnte. Es schien, daß das erste, was sie beim Ausarbeiten dieses Problems unbedingt zu tun hatte, war, alle sozialen Tätigkeiten, die das geistige Wachstum nicht förderten, abzulehnen.
Es stand ihr viel Zeit zur Verfügung, die sie gründlichem, planmäßigem Forschen in der Christlichen Wissenschaft widmete. Und je mehr sie sich darein vertiefte, desto mehr Freude und Herrschaft hatte sie davon. Während dieser Zeit las sie auch den Christian Science Monitor sorgfältiger als vorher, und das darin enthaltene umfangreiche, nützliche menschliche Wissen erwies sich ihr als überaus hilfreich. Das Ergebnis jener Zeit ist von unbeschreiblichem Wert gewesen. Zahlreiche Gelegenheiten zur Bereicherung und zur Schließung wertvoller Freundschaften, die ihre Vorstellung überstiegen, entfalteten sich. Und das in jenen Monaten stillen, treuen Forschens gewonnene Verständnis boten ihr geistige Reserven, auf die sie in den späteren arbeitsreicheren Jahren zurückgreifen konnte.
Jemand hat bemerkt: Um einen Freund zu haben, muß man ein Freund sein. Ja, ist es denn nicht wahr, daß man, um freudige, anregende Freundschaft zu verwirklichen, sich vorbereiten muß, großmütiger zu geben, indem man die Eigenschaften anwendet, die dem Menschen Gottes gehören — wie Sorgfalt, Weisheit, Selbstlosigkeit und Zusammenarbeit?
„Verstand, Güte und Tugend” müssen erstrebt, ausgedrückt und geschätzt werden. Die wesenhaften Eigenschaften Intelligenz und Gerechtigkeit sind „köstlicher denn ... viel feines Gold”. Sie wohnen unserem wahren Selbst als dem Bild und Gleichnis Gottes, des göttlichen Gemüts, inne und sind daher nicht durch Materialität begrenzt, noch von ihr abhängig. Die göttliche Liebe wird von jeder Idee vollkommen und vollständig, von keiner mehr oder weniger als von einer andern, ausgedrückt. Es ist das sterbliche Gemüt, das immer bemängelt, begrenzt und fesselt, das flüstert, es könne einer Talent haben, aber der Schönheit und der Anmut ermangeln, oder Schönheit besitzen, aber großer Verstandeskraft entbehren. Die göttliche Wissenschaft dagegen enthüllt die Vollständigkeit und die unbegrenzten Möglichkeiten des Seins des Menschen.
Gott gibt allen Seinen Kindern reichlich und unparteiisch, und der Mensch empfängt, was das Gemüt mitteilt und verleiht. Daher ist alles wertlos, was das sterbliche Gemüt als Mittel und Wege anbietet, um Charakter, Freundschaft und Erfolg zu bilden — Verfahren, die die Anwendung sinnreicher Pläne und die Entwicklung starker physischer Persönlichkeit betonen. Je felsenfester einer überzeugt ist, daß Gott der einzige Geber ist, desto herrlicher sind seine Segnungen und Belohnungen.
Sollte der Irrtum einem listig einreden, daß man unmittelbare Vorteile davon haben werde, daß man dem Materiellen und dem Eigennutz frönt, so kann man wissen und darauf bestehen, daß nur Geistigkeit die Freude dauernden Erfolgs bringt. Der Unterschied zwischen dem oberflächlichen und dem wissenschaftlich rechten Verfahren kann durch den Gegensatz zwischen einem unerfahrenen Schwimmer, der geräuschvoll an der Oberfläche des Wassers zappelt und plätschert, und einem Perlenfischer, der ruhig auf den Grund taucht, um die Schätze dort zu finden, veranschaulicht werden.
Von allen, die in der Religionsgeschichte durch die Schönheit ihres Charakters und ihre dauernden Vollbringungen hervorragen — Joseph, die Propheten, Christus Jesus und in neuerer Zeit Mrs. Eddy — kann gesagt werden, daß sie sich nicht auf die Materialität verließen, sondern sich nur an Gott wandten, wenn ihnen Führung, Hilfsmittel und Befriedigung not taten. Durch treues Festhalten an Gott und gehorsames Horchen auf Seine Stimme erwiesen sie sich auch als die besten Freunde der Menschheit. Gott gefallen ist der sicherste Weg, andere zu segnen. Das sterbliche Gemüt flüstert jedoch, daß man sich bemühen müsse, seinen Kameraden zu gefallen, indem man der Materie gewisse Zugeständnisse macht. Während es immer recht ist, geduldig, großmütig und duldsam zu sein; muß man an jeder Lage, die Gott entehrt, die Grenze ziehen und die Grundlosigkeit der Unehrlichkeit, der Unreinheit und des Mangels an sittlichem Mut sehen. Jakobus gibt uns den hilfreichen Rat: „Wisset ihr nicht, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein”. Die Christlichen Wissenschafter können nicht zu früh verstehen lernen, daß sie in Gott die Quelle alles Guten finden können, und daß die Welt ihnen nichts geben, noch sie wirklicher Substanz berauben kann.
In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir (S. 265): „Die Sterblichen müssen zu Gott hinstreben, ihre Neigungen und Ziele müssen geistig werden — sie müssen sich den umfassenderen Auffassungen des Seins nähern und etwas von dem eigentlichen Sinn des Unendlichen gewinnen — damit sie Sünde und Sterblichkeit ablegen können. Diese wissenschaftliche Auffassung des Seins, die die Materie für den Geist aufgibt, deutet keineswegs darauf hin, daß der Mensch in der Gottheit aufgeht und seine Identität einbüßt, sondern verleiht dem Menschen eine erweiterte Individualität, eine umfangreichere Sphäre des Gedankens und der Tätigkeit, eine umfassendere Liebe, einen höheren und dauernderen Frieden”.
