Die Frage: „Was ist der Tod?”, beunruhigt und verwirrt. Es ist schon oft und auf viele Arten versucht worden, den Tod zu erklären; aber die meisten dieser Bemühungen haben ihn im Reiche des Geheimnisvollen gelassen. Die Christliche Wissenschaft gibt uns, obwohl sie anerkennt, daß der Tod für die materiellen Sinne sehr wirklich ist, die vollständige, die einzige beweisbare Antwort: Es gibt keinen Tod.
Wie, kann jemand fragen, kann dies mit Überzeugung erklärt werden, wenn ein Freund oder Angehöriger unsern Blicken entschwunden ist und der Verlust groß scheint? Auf Seite 289 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” gibt unsere geliebte Führerin Mary Baker Eddy die Erklärung: „Die Tatsache, daß der Christus oder die Wahrheit den Tod überwunden hat und heute noch überwindet, beweist, daß der ‚König des Schreckens‘ nur eine sterbliche Annahme oder ein Irrtum ist, den die Wahrheit durch den geistigen Augenschein des Lebens zerstört; und dies zeigt, daß das, was den Sinnen als Tod erscheint, nur eine sterbliche Trugvorstellung ist; denn für den wirklichen Menschen und das wirkliche Weltall gibt es keinen Todesvorgang”.
Gott ist die Wahrheit, Gott ist das Leben, und Gott ist das All. Da der Tod das Gegenteil des Lebens ist und das Leben das All ist, gibt es keinen Tod. Da der Augenschein des Todes der Allheit des Lebens widerspricht, ist er das Gegenteil der Wahrheit, d.h. eine Unwahrheit. Da die Wahrheit das All ist, kann der Augenschein des Todes unmöglich bestehen. Da der Mensch der Ausdruck des Lebens und der Wahrheit ist, bietet er keinen Augenschein von etwas dar, was ihm entgegengesetzt ist; daher stirbt der Mensch nie.
Im 23. Psalm sang David: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück”. Obgleich wir den Augenschein des Todes zu sehen scheinen, ist dieser Augenschein nur ein Schatten. Er hat keine Wirklichkeit. Wir brauchen ihn nicht zu fürchten. Wir werden ihn nicht fürchten, wenn wir wissen, daß der Mensch der Ausdruck des Lebens ist. Selbst wenn wir durch den Schatten hindurchgehen, werden wir finden, daß er nichts ist; denn indem wir weitergehen, lassen wir das Licht des Lebens scheinen. Wo Licht ist, verschwindet sogar der Schatten aus der Erfahrung. Und Jesus versicherte uns: „Ihr seid das Licht der Welt”.
Wenn es einem nicht wenigstens theoretisch klar ist, daß der Tod kein Teil der Erfahrung des Menschen ist, sollte man sich fragen: Gebe ich wahrhaft zu, daß Gott, das Leben, unendlich, das All ist? Ist mein Bewußtsein von dieser Erkenntnis erfüllt? Es genügt nicht, bloß die Wörter zu wiederholen, die die Tatsachen feststellen. Wir müssen das Leben, Gott, alles, was wir wissen, daß Er ist, überall und immer sehen und erleben lernen. Wir müssen die gottgleichen Eigenschaften des Menschen suchen. Wir müssen den Menschen als den unmittelbaren Ausdruck Gottes, des Lebens, der Liebe, sehen.
Der wahre Christliche Wissenschafter, der das Ziel des ewigen Lebens aufrichtig sucht, weiß, daß seine tägliche Arbeit erst dann getan ist, wenn er etwas Neues erfaßt hat, was gottgleich ist, oder in der alltäglichen Erfahrung eine schon erkannte Eigenschaft der Liebe, der Seele, des Prinzips, des Lebens, aufs neue bewiesen hat. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir (S. 258): „Gott drückt im Menschen die unendliche Idee aus, die sich immerdar entwickelt, sich erweitert, und von einer grenzenlosen Grundlage aus höher und höher steigt”. Diese sich entwickelnde Idee bietet unserer wachsenden Wahrnehmung fortwährend neue Eigenschaften der Vollkommenheit dar. Das Gebet, Gott immer mehr in Seinem Ausdruck Seiner selbst zu erkennen, wird immer erhört. Daher wird das Bewußtsein oder die Erfahrung dessen, der so betet, in zunehmendem Maße von dem Leben erfüllt, und er wird den Tod schließlich nicht mehr kennen.
„Von nun an kennen wir niemand nach dem Fleisch”. Diese inspirierten Worte des Apostels Paulus weckten einen Christlichen Wissenschafter aus dem Traum des Leids über das Hinscheiden eines geliebten Angehörigen auf. Er betrachtete die Erklärung als ein maßgebendes Gebot. Sein demütiger Gehorsam brachte die Tatsache zum Vorschein, daß die wahre Eigenart des Menschen nie im materiellen Körper lebt, und dies wischte die Trugvorstellung des Todes aus. Er sah, daß er aufhören mußte, die Menschen ihrer körperlichen Persönlichkeit entsprechend zu kennen; daß er anfangen mußte, den Menschen zu erkennen, der das Bild, die Idee der Liebe, des Lebens, Gottes ist. Diese neue Grundlage, die Art des Menschen festzustellen, befähigte ihn, seinen Angehörigen klarer als je zuvor zu sehen.
Er hatte diesen Angehörigen als ein menschliches Wesen betrachtet, das den Schwankungen der menschlichen Erfahrung unterworfen war, gewisse starke Seiten und gewisse Schwächen hatte, die er alle liebte. Nun änderte sich die Grundlage seiner Zuneigung. Er begann wirklich zu wissen und zu verstehen, daß der Mensch immer der Ausdruck Gottes ist und nichts anderes ausdrückt; daß er immer im Gemüt ist, und es daher keine Trennung gibt. Hatte er dann einen Angehörigen verloren? Nein, er hatte einen wahren Freundesbegriff gewonnen, den er nie verlieren konnte, der nie sterben konnte.
Dies war der Anfang des Erwachens aus dem Traum, daß die Menschen in der Materie leben und sterben, zu dem Bewußtsein, daß der Mensch als das wahre Bild des ewigen Lebens lebt.
Die Wesenseinheit des Menschen ist untrüglich geistig. Das, was wir jetzt als einen Freund oder lieben Angehörigen kennen, in dem gute und schlimme Eigenschaften vereinigt sind, nach dessen Gegenwart wir uns zu sehnen scheinen und dessen Abwesenheit uns tief betrübt, werden wir unumgänglich immer geistiger sehen lernen. Unsere Fähigkeit zu wissen, daß der Mensch nur die reinen, vollkommenen Eigenschaften der Liebe, die unser Vater-Mutter ist, hat, wird unvermeidlich wachsen. Durch diesen vervollkommneten Begriff werden wir unsere Freunde oder liebe Angehörige nie verlieren, sondern immer mehr erkennen, daß die Einheit der Schöpfung Gottes eine Trennung von ihnen ausschließt. Manchmal scheinen wir das verloren zu haben, wodurch wir jemand kennen. Wenn wir aufhören, jemand „nach dem Fleisch” zu kennen, werden wir das nicht mehr zu verlieren scheinen, was für uns seine Persönlichkeit feststellt.
Laßt uns den Tod nicht eine unumstößliche Erfahrung nennen oder etwas, durch das wir alle hindurchzugehen haben, bis wir ein höheres Verständnis erlangen! Der Tod ist immer ein Feind. Der Tod ist nur eine Trugvorstellung, die den Menschen so darstellt, als ob er materiell erschaffen wäre, ein sterbliches Dasein führte und von anderen Gesetzen als denen des göttlichen Prinzips beherrscht würde. Er stellt eine vollständige Unwahrheit dar, und der körperliche Sinn ist sein lügendes Ausdrucksmittel. Der Mensch, das Bild des Gemüts, des Lebens, der Wahrheit und der Liebe, nimmt eine solche Trugvorstellung gar nicht wahr. Da sie kein Zustand des Gemüts ist, besteht sie nicht; sie ist nicht vorhanden und hat daher keine Wirkung.
Das Erlangen
„Des Sinnes des Lebens, das keinen Tod kennt,—
Des Lebens, das alles neu macht”,
ist nicht nur ein zukünftiges Ziel, sondern eine gegenwärtige Möglichkeit für alle. Der Mensch, der Ausdruck des Gemüts, weiß nur das, was das Gemüt weiß. Dieses Wissen ist unbegrenzt; aber es schließt kein Bild der Materialität in sich, weil es im unendlichen All keine Materie gibt; alles ist Gemüt. Der Mensch ist im gegenwärtigen Augenblick fähig, Leben darzutun. Glaube diese Tatsache und geh vorwärts, der Verwirklichung des todlosen Seins entgegen!
Laßt uns, da wir das Leben, das die ewige Liebe ist, das überall vollkommen ausgedrückt ist, kennen, lieben und leben, frohlockend fragen: „Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?” Wir hören keine Antwort; denn es gibt keinen Tod. Statt dessen kommt uns die Wahrheit von Mrs. Eddys Worten in den Sinn (Wissenschaft und Gesundheit, S. 568): „Ein lauterer Gesang, lieblicher als er je zuvor zum hohen Himmel emporgedrungen ist, steigt nun klarer und näher zu dem großen Herzen Christi auf; denn der Ankläger ist nicht da, und die Liebe läßt ihre ureigene und ewige Weise erklingen”.