Welch eine Gabe ist doch die Fähigkeit, den Wert und das Wirken unserer Mitmenschen richtig zu beurteilen und zu würdigen! In seinem wohlbekannten Preis der Tugenden keuschen, arbeitsamen Frauentums sagt König Lamuel in den Sprüchen Salomos (31:31): „Sie wird gerühmt werden von den Früchten ihrer Hände, und ihre Werke werden sie loben in den Toren.”
Kann es den Christlichen Wissenschaftern vorgeworfen werden, daß sie ihre Führerin Mary Baker Eddy vergöttern, wenn sie Gott für die Reinheit und Selbstlosigkeit ihres Lebens danken, und für die Segnungen, die ihr Wirken der Menschheit gebracht hat? Verstehen sie in der Tat die Botschaft der Christian Science Der Name, den Mary Baker Eddy ihrer Entdeckung gab (sprich kri’ß-tiön ßai’-enß). Die wörtliche Übersetzung der zwei Worte ist „Christliche Wissenschaft”. richtig, ehe sie die Tatsache erkennen, daß ihre Entdeckerin und Gründerin mit Gott wandelte und redete, und ihre Dankbarkeit dafür ausdrücken?
Christus Jesus forderte keine persönliche Verehrung von seinen Jüngern, doch verlangte er das Annehmen seiner Worte und Werke als Bestätigung der Tatsache, daß er von Gott erlesen und ausgestattet war. In ähnlicher Weise zeigt die Führerin der Bewegung der Christian Science in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 560) die Notwendigkeit, das zu erlangen, was sie in einer Randglosse die „wahre Wertschätzung von Gottes Boten” nennt. Sie schreibt hierüber: „Die göttliche Liebe ist das hohe Wunder für den menschlichen Sinn, und die große Notwendigkeit des Daseins ist, die wahre Idee von dem zu gewinnen, was das Himmelreich im Menschen ausmacht. Dieses Ziel wird niemals erreicht, solange wir unsern Nächsten hassen, oder solange wir eine falsche Wertschätzung von irgend jemand haben, den Gott berufen hat, Sein Wort zu verkündigen. Ferner, ohne den korrekten Begriff von der höchsten sichtbaren Idee des göttlichen Prinzips können wir dasselbe niemals verstehen.” Dann fügt sie etwas weiter unten hinzu: „Paulus falsch verstehen hieß, die göttliche Idee, die er lehrte, nicht kennen. Die Unkenntnis der göttlichen Idee verrät zugleich eine größere Unkenntnis des göttlichen Prinzips der Idee—eine Unkenntnis der Wahrheit und Liebe.”
Im Handbuch Der Mutterkirche (Art. VIII, Abschn. 27) befindet sich ein Verbot, Mrs. Eddy auf ihren Spazierfahrten zu belästigen, und Abschnitt 10 des Artikels XXII deutet den Ungehorsam an, der darin bestand, sich vom göttlichen Prinzip abund der Persönlichkeit zuzuwenden, indem man Mrs. Eddy zu Weihnachten und andern Gelegenheiten Geschenke und Botschaften sandte. Laßt uns hier die Einwürfe einiger Kritiker in Betracht ziehen, die behaupten, daß diese Satzungen für gegenwärtige und zukünftige Anhänger der Christian Science keine Bedeutung mehr haben.
Wenn etwa in künftigen Zeiten die Frage aufgeworfen werden sollte, was wohl Mrs. Eddys Auffassung ihrer Beziehung zu ihrer Kirche und ihren Nachfolgern war, wie wichtig ist es, daß das Handbuch für derartige Fälle solch besondere Erklärungen enthält wie die obigen, die es andeuten, daß unsre weise Führerin sich sogar den Blicken der zu Freundlichen oder Neugierigen zu entziehen suchte, wenn sie ausfuhr, und keine Geschenke noch persönliche Verehrung zu Festtagen oder anderen Gelegenheiten wünschte! Gott sei Dank, daß weder Zeile noch Wort dieses großen schutzgewährenden Handbuches je verändert noch gestrichen werden wird. Es bleibt ein Dokument für alle Zeiten: sie hat zwar die geistige Wahrheit entdeckt, die von Christus Jesus gelehrt und demonstriert wurde, doch sie soll nicht vergöttert werden.
Der Meister verhieß, daß das Kommen des Trösters von einem großen Einströmen der Wahrheit begleitet sein würde. Mrs. Eddy lehrte nicht etwa, daß sie der Tröster sei, sondern daß die Göttliche Wissenschaft, die sie offenbarte, der verheißene „Geist der Wahrheit” sei. In Erwiderung auf eine Kritik von Mark Twain (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 303) schreibt sie: „Ich glaube an den einen Christus, lehre den einen Christus, kenne nur einen Christus. Ich glaube nur an eine Fleischwerdung, eine Mutter Maria. Ich weiß, daß ich das nicht bin, und habe nie darauf Anspruch erhoben. Es genügt mir, die Wissenschaft der Heiligen Schrift, die darauf Bezug hat, verstehen zu lernen.” Dann fügt sie hinzu: „Die Christlichen Wissenschafter streiten nicht mit Protestanten, Katholiken noch Anhängern anderer Bekenntnisse. Man sollte verstehen, daß die Christlichen Wissenschafter dem göttlichen Prinzip—Gott, der Liebe—folgen, und sie nicht etwa für unwissenschaftliche Anbeter eines menschlichen Wesens halten.”
In demselben Buch (S. 116–120) sind zwei Aufsätze, die kein Christlicher Wissenschafter verfehlen sollte zu lesen, nämlich „Persönliche Ansteckung” und „Brief an einem Geistlichen”. Diese lassen keinen Zweifel betreffs des Wunsches Mrs. Eddys, die Gedanken der Menschen von ihrer Persönlichkeit abzulenken und sie dem göttlichen Prinzip, das sie lehrte, zuzuwenden. Lest diese bemerkenswerten Botschaften, wenn ihr wissen wollt, was im Herzen dieser gottgesandten und von Gott erleuchteten Führerin war. Welch anderer Vorkämpfer im Reich der Religion seit den Tagen Jesu hat jemals mit solch äußerster Selbstlosigkeit und christlicher Demut von sich selbst gesprochen?
Neulinge in der Christian Science machen manchmal Einwendungen gegen die Erwähnung Mrs. Eddys in den mittwöchentlichen Zeugnisversammlungen. Scheint es, als ob manche derer, die Zeugnis ablegen, mehr Dankbarkeit gegen ihre Führerin als gegen Gott ausdrücken? Man sollte nicht vergessen, daß gar viele derselben nicht im öffentlichen Sprechen geschult und ihre Zeugnisse größtenteils nicht vorbereitet sind, und daß ihre Dankesäußerungen für Mrs. Eddy ein Überfließen dankbarer Herzen dafür bedeutet, daß sie der Menschheit ein wissenschaftliches Verständnis von Gott und Seinem heilenden, erlösenden Gesetz gebracht hat.
Welche Worte könnten je genügen, um die Dankbarkeit auszudrücken, die der Christliche Wissenschafter empfindet für Mrs. Eddys wunderbare Offenbarung der Mission Christi Jesu? Anstatt jene alte Klage zu wiederholen: „Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grabe, und wir wissen nicht, wo sie ihn hin gelegt haben”, kann der wissenschaftliche Christ der Gegenwart ausrufen: „Mrs. Eddys Lehren haben meinen Herrn wiedergebracht, und ich kenne ihn und beweise die heilende Kraft der Wahrheit!”
Wenn man im Licht des geistigen Verständnisses die biblischen Geschichten mit neuer Bedeutung erglühen sieht, kann man umhin, Gott für diese Inspiration des weiblichen Gedankens zu preisen, durch die uns ein wahrhafter „Schlüssel” zur Heiligen Schrift geworden ist? Kann man dankbar genug sein für das Licht, das der Teil des Buches „Wissenschaft und Gesundheit”, der diesen Namen trägt, auf das erste Buch Mose und die Offenbarung des Johannes wirft? Jahrhundertelang war die große Botschaft der geistigen Schöpfung, wie sie im ersten Kapitel der Bibel dargelegt wird, im Gegensatz zu der Adam-Allegorie im zweiten Kapitel durch den Nebel des unerleuchteten sterblichen Gemüts verborgen worden. Und was den Engel mit dem „kleinen Buch” anbetrifft, und das von Gott gekrönte „Weib” der Offenbarung—das das neue Erscheinen des heilenden Christus-Ideals versinnbildlicht—wer hatte diese je erklärt, ehe Mrs. Eddys Feder von der göttlichen Inspiration berührt wurde?
Die Größe ihrer geistigen Offenbarung wird gegenwärtig selbst von ihren treuesten Nachfolgern nur in schwachem Maße begriffen. In den kommenden Jahrhunderten wird dieser Offenbarung „Strahlenglanz die Welt überfluten”, um die Worte John Bowrings zu gebrauchen. Doch in der Herrlichkeit des goldenen Zeitalters der Wahrheit wird es keine Anbetung menschlicher Persönlichkeiten geben. Der große Lehrer von Nazareth wies selbst eine kurze Erwähnung seiner selbst als gut zurück. „Niemand ist gut denn der einige Gott”, sagte er (Matth. 19:17), und die Jüngerin des Meisters, die im 19. Jahrhundert lebte, und die zur Offenbarerin der Wahrheit wurde, die er gelehrt hatte, Mary Baker Eddy, lenkte ebenfalls ihre Nachfolger von der Anbetung materieller Persönlichkeiten zum Prinzip. Hört die oben erwähnte Botschaft, die sie an einen Geistlichen sandte, der persönlich mit ihr zu sprechen wünschte (Miscellany, S. 119): „Sollte ich mir den angenehmen Zeitvertreib gewähren, Ihr persönliches Selbst zu sehen, oder Ihnen die Gelegenheit geben, das meine zu sehen, so würden Sie mich nicht sehen, denn ich bin nicht hier.” Dann fügt sie noch etwas weiter unten hinzu: „Diejenigen, die mich in meiner Person suchen oder sonst irgendwo außer in meinen Schriften, verlieren mich, anstatt mich zu finden. Ich hoffe und vertraue, daß Sie und ich uns in der Wahrheit treffen und kennen lernen können und uns so erkennen, wie wir Gott bekannt sind.”
