Nächtlicher Alarm kündigte einen Angriff auf eine Stadt in einiger Entfernung an. „Ich bin beruhigt, es betrifft mich ja nicht“, sagte jemand in der Dunkelheit.
Eine Christliche Wissenschafterin, die diese Worte vernahm, fragte sich: „Was betrifft mich? Was berührt oder berührt mich nicht?“ Diese Frage ist für alle wichtig, die den Lehren Christi Jesu und den Vorschriften der Christlichen Wissenschaft entsprechend leben wollen; es ist eine Frage, die nur beantwortet werden kann, wenn man das göttliche Prinzip, Gott, und Sein Ebenbild oder Seine Widerspiegelung, den Menschen, recht versteht.
Die Christliche Wissenschaft ist das göttliche Gesetz, das die Einheit des Seins, die Einheit Gottes und Seiner Kundwerdung enthüllt. Das Sein ist geistig und vollkommen; in ihm kann nie eine Änderung eintreten. In diesem unendlichen Sein ist Gottes Ebenbild, der eine vollkommene Mensch, der Ausdruck der Liebe, des Lebens und der Wahrheit. Er ist so unveränderlich und ewig wie sein Schöpfer.
Bei der Frage: „Was betrifft mich?“, sollte das Wörtchen „mich“ nicht die Vorstellung eines körperlichen Sterblichen im menschlichen Denken hervorrufen. Man sollte dabei sofort an den einen unsterblichen, vollkommenen Menschen denken, der Gottes Ebenbild ist. Der geistige Blick erkennt mit freudiger Gewißheit, daß nur das, was gut ist und zum Guten führt; nur das, was harmonisch und beständig ist; nur das, was rein und arglos ist; nur das, was die Widerspiegelung der göttlichen Liebe ist, Gottes Menschen, Gottes königliches Kind, betrifft.
Was bedeutet dieses Wissen für die Menschen? Es bringt dem suchenden Herzen Ruhe und Frieden; denn es zeigt den Menschen, daß sie sich vor einem falschen Bild des sterblichen Gemüts, das in Wirklichkeit gar keine Macht hat, nicht zu fürchten brauchen. Unser Heiland zeigte, daß dieser Herzensfrieden rechtmäßig allen Menschen gehört. WTir hören ihn gütig sagen (Joh. 14, 27): „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ Mary Baker Eddy hat uns diesen Frieden durch die Christliche Wissenschaft von neuem geschenkt. Durch ihre Offenbarung lernen wir verstehen, daß wir alles in seiner auf dem Prinzip beruhenden wahren Art sehen müssen. Der aufrichtige Wissenschafter, der von dem heiligen Verlangen durchdrungen ist, „den Kelch des Heils [zu] nehmen und des Herrn Namen [zu] predigen“ (Ps. 116, 13), ist sich wohl bewußt, daß er den Weg, den Christus Jesus vorlebte, den Weg, den Mrs. Eddy entdeckte, gehen muß, und daß er als unwahr, als nicht zum wahren Sein gehörend alles zurückweisen muß, was dem Gegenteil der Wahrheit Wirklichkeit zuzuschreiben sucht.
Wer sich für die Christliche Wissenschaft entschieden hat, ist damit in den Dienst Gottes und der Menschheit getreten. Das Handbuch Der Mutterkirche von Mrs. Eddy belehrt ihn über seine Pflichten. Die Glaubenssätze Der Mutterkirche, die Mrs. Eddy auch auf Seite 497 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, gegeben hat, findet er auf Seite 15 und 16 dieses Handbuchs; sie legen für den Wissenschafter Hauptpunkte der Lehre fest. In Artikel VIII, Abschnitt 1, des Handbuchs hat er „Eine Richtschnur für Beweggründe und Handlungen“, und in Abschnitt 4 ein „Tägliches Gebet“. In Abschnitt 6 dieses Artikels, „Pflichttreue“, wird er ermahnt, sich täglich gegen aggressive mentale Suggestion zu schützen. Diese Satzungen lassen ihn erkennen, was er nie versäumen darf. Sein treues Befolgen dieser Satzungen hilft ihm, im Verständnis der Christlichen Wissenschaft von neuem geboren zu werden, wodurch er zur Vernichtung des allgemeinen Glaubens an das Böse beiträgt.
Das sterbliche Gemüt sucht die geistige Erneuerung zu stören und aufzuhalten und den, der geistig nicht wachsam ist, durch seine Verdrehungen zu verwirren. Aber dies ist kein Grund zur Furcht. Was das täuschende Böse als wahr hinstellt, braucht den nicht zu ängstigen, der nach der Erkenntnis der Wahrheit strebt; es ist auch belanglos, womit das Böse wesenseins zu sein behauptet, oder wo es geltend macht, am Werk zu sein; es kann seinen Fortschritt nicht aufhalten. Entscheidend ist, daß er sofort erkennt, daß das Böse eine Lüge ist, die keine Wirklichkeit hat und nur als Wahrheit zu erscheinen sucht. Er sollte das Böse nachdrücklich zurückweisen und zuversichtlich die Wahrheit behaupten und sich vergegenwärtigen, daß der Mensch jeder Einflüsterung des Bösen überlegen ist.
Die Christliche Wissenschaft verlangt von ihren Nachfolgern keine Einhaltung von Kirchenbräuchen; sie verlangt Gehorsam, Wachsamkeit und Treue im Bewußtsein des einzelnen. In unserem eigenen Denken muß das Wirkliche vom Unwirklichen getrennt werden. Alles, was nicht gut, nicht liebevoll, nicht hilfreich, nicht gesund, nicht harmonisch ist, muß als unwirklich abgewiesen werden, weil es nicht von Gott ist. Wenn wir uns die Wahrheit klar machen, daß der Irrtum weder zu uns noch zu irgend sonst jemand gehört, fangen wir an zu sehen, daß der Irrtum nirgends, nie und durch niemand Ausdruck finden kann. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit (S. 403): „Du bist Herr der Situation, wenn du verstehst, daß das sterbliche Dasein ein Zustand der Selbsttäuschung ist und nicht die Wahrheit des Seins.“ Damit ist auch die Frage: „Was betrifft mich?“ beantwortet.
Das Anerkennen der Einheit der unbedingten Wahrheit schließt die Annahme von Gegensätzen wie Geist und Materie, gut und böse, Liebe und Haß, Leben und Tod aus. Solche Gegensätze, die voraussetzen, daß es außer dem geistigen Dasein noch ein materielles Dasein gebe, das ebenso wirklich wie das geistige sei, stehen nicht im Einklang mit dem göttlichen Gesetz. Was auf Irrtum beruht, betrifft weder uns noch irgend sonst jemand, ausgenommen in dem einen Punkt, daß wir seine Unwirklichkeit sehen müssen.
Hätte dieses Verständnis das Bewußtsein dessen erfüllt, der die am Anfang dieses Aufsatzes erwähnte Bemerkung machte, so hätte er denen, die anscheinend in Gefahr waren, geistig helfen können. Die Christliche Wissenschaft war ihm nicht fremd. Er hatte schon oft ihre starke und liebevolle Hilfe erfahren. Aber in diesem Falle hatte er den Umstand aus den Augen verloren, daß die ganze Schöpfung als die Kundwerdung Gottes eine Einheit ist. Seine Worte sollten ein Gefühl der Sicherheit ausdrücken; da es aber auf einer falschen Grundlage beruhte, nämlich der Entfernung zwischen seinem materiellen Körper und dem, was sich ereignete, war es ein trügerisches Sicherheitsgefühl. Es war endlich, persönlich und räumlich gebunden. Wahre Sicherheit hängt nicht von äußeren Umständen ab. Sie beruht auf dem Wissen, daß der geistige Mensch in Gott, nicht in der Materie, in der Unendlichkeit des Geistes, nicht in der Begrenztheit im Raum, in der Unermeßlichkeit der Ewigkeit, nicht in der Gebundenheit der Zeit lebt, sich bewegt und sein Dasein hat.
Im Reich des göttlichen Seins ist das Böse mit allen seinen Begleiterscheinungen und Folgen unbekannt. Es gehört weder zum wirklichen Sein noch zu dem Kind Gottes. Man könnte in seinem Überzeugtsein von dieser erhabenen Wahrheit erklären: „Das Böse betrifft mich nur in einem Punkt: ich muß erkennen, daß es nichts ist; denn ich, Gottes Kind, weile bei Gott, weile gemeinsam mit Seiner alle umfassenden Familie im Reich der göttlichen Liebe. Weder Gott noch Sein Kind kann aus der Sicherheit dieses Reichs verdrängt werden; es gibt auch keine Macht, durch die sie zerstört werden könnte.“ Wird diese Wahrheit anerkannt und behauptet, so hat sie die Macht, Harmonie aufzurichten, und in der menschlichen Lage zu helfen und Segen zu bringen.
Wer stets klar erkennt, was ihn betrifft und was ihn nicht betrifft, steht unter göttlichem Schutz. Er ist für seine ganze Umgebung und für seine Mitmenschen ein Segen. Er ist ruhig und fürchtet sich nicht, denn er weiß, daß es in Wirklichkeit keine Sünde, keine Krankheit, keinen Tod, keine Unglücksfälle und keinen Verlust gibt. Könnte der eine und einzige Mensch vernichtet werden, so würde Gott aufhören, Gott zu sein. Könnte eine Idee Gottes verlorengehen, dann gäbe es kein unendliches Gemüt mehr. Könnten göttliche Eigenschaften sich verbrauchen oder vergehen, so widerspräche dies der ewigen, unzerstörbaren Vollkommenheit der Schöpfung Gottes. Gott hat alles erschaffen, daß es ewig bleiben soll. Wer weiß, daß nur Gott und Seine Schöpfung ihn betrifft, singt freudig (Ps. 46, 2-5): „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken, wenngleich das Meer wütete und wallte und von seinem Ungestüm die Berge einfielen. Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.“
