Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Die wohltuende Gnade

Aus der Mai 1950-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Gnade ist ein Ausdruck, der solch erhabene Geistigkeit und Schönheit in sich schließt, daß er wie Seele materiellen Begriffsbestimmungen oft Hohn zu sprechen scheint. Daß sie eine im täglichen Leben wesentliche Eigenschaft ist, die das menschliche Bedürfnis der ganzen Welt zu befriedigen und zu stillen vermag, wird uns klar, wenn wir über die Zeile im Gebet des Herrn nachdenken (Matth. 6, 11): „Unser täglich Brot gib uns heute.“ Durch geistiges Erschauen nahm Mary Baker Eddy wahr, daß es für das tägliche Wohlergehen so unerläßlich ist, den Hunger des Herzens zu speisen, wie den Körper zu ernähren. Sie wußte auch, daß ein geistig befriedigtes Denken sich unumgänglich in der Versorgung mit notwendigen Dingen äußert. Daher legt sie in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 17) diese Zeile in dem Gebet des Herrn wie folgt aus: „Gib uns Gnade für heute; speise die darbende Liebe.

Das Wörtchen „Gnade“ ist im Alten und im Neuen Testament gebraucht. Aber es beschreibt hauptsächlich die Geistigkeit, die der Meister lehrte, und Paulus gebraucht es am meisten in seinen Briefen. So wurde dem Apostel in einem Augenblick großer Not mit heilendem Segen die Engelsbotschaft zuteil (2. Kor. 12, 9): „Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Mehrmals begrüßte er die Christen, denen er schrieb, mit den Worten: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“

Im ersten Kapitel des Evangeliums des Johannes lesen wir (Joh. 1, 14. 16): „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. ... Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ Hier ist klar hingewiesen auf die unkörperliche Herrlichkeit des unendlichen Prinzips und der unendlichen Idee („des eingeborenen Sohnes vom Vater“), ein Sein, das sich selber vollständig und unbegrenzbar ausdrückt in mannigfaltiger Widerspiegelung oder „Gnade um Gnade.“

Mrs. Eddy gibt zwei auffallende Erklärungen betreffs Gnade. In ihrer Botschaft an Die Mutterkirche, „Christian Science versus Pantheism“, beschreibt sie die unübertrefflich heilende und erneuernde Wirksamkeit der Christlichen Wissenschaft bei langwierigen oder schnell verlaufenden Krankheiten in Körperteilen oder Verrichtungen des Körpers, sowie in Fällen äußerster Unmäßigkeit und Unsittlichkeit. Sie schreibt in ihrer Zusammenfassung (S. 10): „Dies alles wird vollbracht durch die Gnade Gottes, — es ist das Ergebnis, wenn man Gott versteht.“

Und in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ verweist unsere Führerin auf „die gütige Gnade geistigen Verständnisses, jene mit Liebe verbundene Heiligkeit, die heilt und rettet.“ Oder, um den ganzen Abschnitt anzuführen (S. 206): „Philosophische Verknüpfungen, die tote mit belebter Materie, den Geist mit Materie und materiellen Mitteln, Gebet mit Macht und Stellungstolz zu vereinigen suchen, hindern den göttlichen Einfluß und verlieren die Wissenschaft, — sie verlieren das Prinzip der göttlichen Metaphysik und die gütige Gnade geistigen Verständnisses, jene mit Liebe verbundene Heiligkeit, die heilt und rettet.“ So stellt sie bloß, daß es unmöglich ist, Geist und Materie zu vereinen, geistige Macht mit materiellen Mitteln zu verbinden, und Gebet zu benützen, um materielles Ansehen zu gewinnen, und sie zeigt die überragende Macht des Prinzips und die gütige Unwiderstehlichkeit der Gnade.

Glauben, Gnade sei nur eine den Sterblichen verliehene göttliche Segnung, und der Mensch sei nur ein Empfänger einer solchen Segnung, heißt die Bedeutung der Gnade aus den Augen verlieren. Ebenso wie Seele sinnverwandt ist mit Gott, ist Gnade sinnverwandt mit geistigem Verständnis. Dadurch, daß die Christliche Wissenschaft Gott als die Seele erklärt, erklärt sie die Beschafftnheit des reinen Bewußtseins, das sich ewig in Keuschheit, Eintracht, Frieden und Unsterblichkeit ausdrückt. Dadurch, daß sie geistiges Verständnis als Gnade erklärt, betont sie die Befriedigung, Schönheit, Heiligkeit, Liebe und die sanft überzeugende Kraft des Verständnisses, das der Geist mitteilt.

Gnade ist untrennbar von der Seele. In dem Verhältnis, wie wir die Seele verstehen, können wir den Begriff Gnade bestimmen. Alles, was die Seele widerspiegelt, drückt Gnade aus. Gnade ist von der Materie oder der Körperlichkeit unabhängig. Man kann sie durch den körperlichen Sinn weder empfinden noch erleben. Im Englischen bringt schon die Wurzelbedeutung des Wortes Gnade mit Liebe in Verbindung. Gnade ist der Seele Widerspiegelung ihrer eigenen Schönheit. Gottes Vergebung der Sünde, die die Sünde zerstört und die anscheinende Leere mit Verständnis erfüllt, ist die Gnade, die Er verleiht; sie enthüllt die sich unendlich ausdrückende makellose Reinheit der Seele. Gnade ist die Seligkeit der Seele, die sich im Frieden geistigen Bewußtseins widerspiegelt. Sie bedeutet nicht eine menschliche Person, die die göttliche Wohltätigkeit empfindet, sondern sie ist die Seele, die sich widerspiegelt im bewußten Innewerden ihrer eigenen Schönheit, Harmonie, Vollkommenheit und Heiligkeit — die Seele, die ewig ihren eigenen himmlischen Beweis bildet.

Gnade, „das Ergebnis, wenn man Gott versteht“, ist wie der Morgentau oder ein sanfter Regen und gestaltet das menschliche Leben um. Sie funkelt im Sonnenschein der Seele, und spannt am Himmel des Denkens den Bogen der Verheißung, daß das Gute jetzt in Erfüllung geht; sie erwärmt die kalte Nacht der Materialität und weckt Lob- und Danklieder; sie feuchtet den vertrockneten Boden aufgegebener Hoffnung, verbannt verderbliche Mißverständnisse, stellt erschütterte Ideale wieder her, gibt den Müden Ruhe, den Schwachen Stärke, den Kranken Gesundheit — wenn den Menschen im tiefsten Innern die ewige Verheißung aufgeht: „Laß dir an meiner Gnade genügen.“

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Mai 1950

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.