Ein treues Studium der Christlichen Wissenschaft führt ihre Anhänger unmittelbar zu der Zurückweisung aller Suggestionen der Krankheit und Sünde. Es wird erkannt, daß es falsch und unwissenschaftlich ist, den zahllosen Leidensannahmen der Physiologie und der Medizin nachzugeben. Und doch ist es möglich, daß bei vielen der Glaube an den Tod unbewußt als eine Notwendigkeit, und manchmal sogar als etwas Wünschenwertes angenommen wird.
Laßt uns dies einen Augenblick betrachten. Der Glaube an den Tod wird wahrlich nicht dadurch verringert, daß wir deisen ein „Weiterschreiten“ nennen. Er verbleibt immer noch ein Übel, ein Irrtum, der aufgenommen und als unwirklich bewiesen werden muß. Jemand mag sagen, daß wir keinen absoluten Standpunkt in bezug auf den Tod einnehmen können. Uns werden allerlei Ausreden und Entschuldigungen betreffs der Überwindung des Todes vorgebracht. Doch die Tatsache bleibt bestehen, daß die Erklärung eines jeden Christlichen Wissenschafters sein sollte: „Das Leben ist Gott. Alles ist Leben, und es gibt keinen Tod.“ In Beziehung hierauf gibt Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ eine Erklärung, der wir wohl Beachtung schenken sollten (S. 430): „Wenn der Mensch seine Annahme vom Tode aufgibt, wird er schneller in der Richtung von Gott, Leben und Liebe vordringen. Die Annahme von Krankheit und Tod, ebenso gewiß wie die Annahme von Sünde, führt dazu, den wahren Begriff von Leben und Gesundheit auszuschließen. Wann wird die Menschheit zur Erkenntnis dieser großen Tatsache in der Wissenschaft erwachen?“
Wie können wir „schneller ... vordringen“, ohne der Weisung unserer Führerin zu folgen und die Annahme des Todes und das Verlangen danach aufzugeben? Sie sagt uns weiter, daß die Grundlage unserer sterblichen Knechtschaft in der Furcht vor der Krankheit und der Liebe zur Sünde zu finden ist. Jede Heilung körperlicher Krankheit ist in gewissem Sinne ein Sieg über den Tod und die ihm zugrunde liegende Furcht. Auch hinter der Annahme des Mangels lauert unbewußt die Furcht vor dem Tode. Paulus bezieht sich in seinem Brief an die Hebräer auf die Erlösung derer, die ihr ganzes Leben lang durch die Furcht vor dem Tode einer Knechtschaft unterworfen waren.
Jetzt ist ganz augenscheinlich die rechte Zeit gekommen, den Glauben an den Tod zu überwinden und seine Fortdauer nicht mehr zuzulassen. Ein Aufschieben dieses Ringens mit der Unwahrheit des Todes ist in der Tat gleichbedeutend mit einer Anerkennung seiner Macht und Wirklichkeit. Zweck und Ziel der Christlichen Wissenschaft ist nicht etwa, die Menschen auf die Todeserfahrung vorzubereiten, sondern sie vollständig zu überwinden. Manchmal wird der Vorwand gemacht, daß dies Zeit erfordert, während man einsehen sollte, daß nicht Zeit, sondern geistiges Verständnis das einzige Erfordernis ist, — und Verständnis hat nichts mit Zeit zu tun. Alles, was not tut, ist der Christus, immer mehr Erkenntnis von dem Christus. Die Christliche Wissenschaft erklärt, daß der Christus hier und jetzt wirksam ist, ohne Anfang der Jahre oder Ende der Tage.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß das Leben nicht in der Materie ist, daß das sogenannte menschliche Leben die Annahme einer von Gott getrennten Existenz ist, und daß diese Annahme sich einen materiellen Körper geschaffen hat, dem angeblich Leben innewohnen soll. Die Christliche Wissenschaft erklärt weiter, daß das wirkliche Sein des Menschen geistig ist, daß er Wesenheit besitzt, doch daß diese als unkörperliches Bewußtsein, als Widerspiegelung des einen unendlichen Bewußtseins, nämlich Gottes, Ausdruck findet. In dem Maße, wie wir die Erklärungen der Christlichen Wissenschaft studieren und in uns aufnehmen, werden wir immer mehr befreit von der Annahme, daß wir in einem materiellen Körper leben, solch einen Körper besitzen, oder von ihm begrenzt werden. Das Verstehen unserer geistig mentalen Wesenheit befähigt uns, die endlichen Fesseln abzuwerfen. Es verleiht uns eine freiere Auffassung vom Leben und von dem, was wir in unserem einzig wahren Sein als Ausdruck jenes Lebens darstellen.
Die Wichtigkeit, ein beweisbares Verständnis von der Wissenschaft des Lebens zu erlangen, kann gar nicht zu hoch bewertet werden. Wenn wir lernen, von der Grundlage des gegenwärtigen, nie endenden und fortdauernden Lebens aus zu denken, so werden wir befähigt, in dem Jetzt des Geistes zu leben. Wahrlich ist der Mensch jetzt schon die Veranschaulichung und Widerspiegelung der göttlichen Substanz des Lebens! Unsterblichkeit muß notwendigerweise Leben bedeuten — Leben hier, jetzt und immerdar!
Jesus sagte (Joh. 10:11): „Ich bin gekommen, daß sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“ Warum sollten wir also nicht erwarten, diese Fülle des Lebens eben jetzt schon demonstrieren zu können? Die rechte Zeit, die Allheit des Lebens und das Nichts des Todes zu erkennen, ist jetzt. Jedes unbewußte Nachgeben gegenüber der Annahme und der Notwendigkeit des Todes zeigt an, daß wir fester auf den göttlichen Tatsachen des Lebens begründet sein müßten.
Mrs. Eddy schreibt auf Seite 426 ihres Lehrbuches: „Wenn die Todesannahme vernichtet und das Verständnis erlangt würde, daß es keinen Tod gibt, so würde dies ein ,Baum des Lebens' werden, der an seinen Früchten zu erkennen ist. Die Energie und die Anstrengungen des Menschen sollten sich erneuern, und er sollte die Torheit der Heuchelei einsehen, während er die Notwendigkeit verstehen lernt, seine eigne Seligkeit auszuarbeiten. Wenn man es begriffen hat, daß Krankheit das Leben nicht zerstören kann, und daß die Sterblichen nicht durch den Tod von Sünde oder Krankheit erlöst werden, dann wird dieses Verständnis einen zu neuem Leben erwecken.“ Und weiter unten fährt sie fort: „Das Aufgeben allen Glaubens an den Tod, sowie der Furcht vor seinem Stachel würde die Norm der Gesundheit und Moral weit über ihre gegenwärtige Höhe hinaus heben und würde uns befähigen, das Banner des Christentums mit unentwegtem Vertrauen auf Gott, auf das ewige Leben, hoch zu halten.“
Der Mensch ist der Ausdruck vom Wesen des Lebens. Er verkündet und bezeugt die Tatsache, daß das Leben ewig und unzerstörbar ist. Es war Jesu Wahrnehmung seiner ewigen Christus-Selbstheit und des Nichts des Todes, was ihn befähigte zu sagen (Joh. 5: 24–26): „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubet dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, daß die Toten werden die Stimme des Sohnes Gottes hören; und die sie hören werden, die werden leben. Denn wie der Vater das Leben hat in ihm selber, also hat er dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in ihm selber.“
