Vor 17 Jahren war ich blind. Anderthalb Jahre lang erlitt ich unaussprechliche Angst und Pein, bis ich schließlich das Augenlicht vollständig verlor. Verschiedene Ärzte und Augenspezialisten untersuchten meine Augen und sagten, daß keine Hoffnung für mich bestände, mein Augenlicht wiederzuerlangen.
Eines Tages erzählte mir eine Nachbarin, die eine treue Anhängerin der Christlichen Wissenschaft war, von einigen hervorragenden Heilungen, die sie und ein anderes Familienglied dank der Wissenschaft erlebt hatten. Dann fragte sie mich, ob ich nicht auch christlich-wissenschaftliche Behandlung haben wollte.
Seit Jahren war ich Mitglied einer protestantischen Kirche, und während meines Leidens hatte ich ernstlich zu Gott gebetet und um Erlösung gefleht. Ich wußte damals nichts von den Lehren der Christlichen Wissenschaft, und als meine Freundin mich fragte, ob ich Beistand in der Wissenschaft zu haben wünschte, dachte ich zuerst, wenn mein Glauben mir nicht helfen konnte, was könnte dann wohl der ihre für mich tun? Doch ich wünschte, wieder sehen zu können, und in der Hoffnung, Erleichterung von meinen Qualen zu finden, beschloß ich, es mit christlich-wissenschaftlicher Behandlung zu versuchen.
In dem Städtchen, in dem wir lebten, gab es nur eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft, und so bat ich meine Freundin, mich zu ihr zu begleiten. Sie begrüßte uns freundlich, und als ich ihr von meinen Leiden erzählt hatte, erklärte sie mir, daß das Zeugnis der materiellen Sinne nicht wahr sei. Dann sagte sie mir, „Augen“ würden von Mary Baker Eddy im Glossarium ihres Lehrbuches „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 586) definiert als: „Geistiges Erkennen — nicht materiell, sondern mental“, und Gott habe den Menschen vollkommen geschaffen, zu Seinem Bild und Gleichnis.
Sie fragte mich, ob ich an die Bibel glaubte, und ich erwiderte mit einem kräftigen: „Ja!“ Sie erinnerte mich daran, daß wir im Ersten Buch Mose (1:27) lesen: „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn, und schuf sie einen Mann und ein Weib.“ Auch die Worte aus dem Prediger Salomo (3:14): „Alles, was Gott tut, das besteht immer: man kann nichts dazutun noch abtun.“
Diese Darlegungen der Wahrheit erweckten in mir das Interesse, mehr von der Christlichen Wissenschaft zu erfahren. Dann fragte sie mich von neuem, was mich beschwerte. Ich wollte ihr nicht sagen, daß ich seit mehreren Jahren Haßgefühle gegen jemanden beherbergte. Also sagte ich ihr, ich machte mir Sorgen wegen meiner perkuniären Lage. Sie stellte keine weiteren Fragen bei dem Besuch, und ich nahm an, sie habe mir geglaubt. Sie versicherte mir, daß ich durch rechtes Denken mein Augenlicht wiedererlangen könnte, und daß auch meine anderen Schwierigkeiten, einschließlich der Verstopfung, der Schlaflosigkeit, der Migräne, sowie auch der pekuniären Sorgen verschwinden würden, wenn ich verstehen lernte, daß meine Mitmenschen ebenso wie ich selbst Gottes Kinder sind, die Ihm zum Bilde geschaffen wurden.
In der folgenden Nacht wachte ich wieder auf, wie gewöhnlich. Doch diesmal schlief ich gleich wieder ein, ohne mich stundenlang mit Kopfschmerzen und Augenschmerzen im Bett herumzuwälzen. Ich brauchte nie mehr Schlafmittel einzunehmen, und ich war sehr froh über diese neue Freiheit und Hoffnung.
Drei Tage später, bei meinem zweiten Besuch bei der Ausüberin, war ich sehr überrascht, als sie mich in ihr Sprechzimmer führte, und, nachdem sie eine Weile schweigend für mich gearbeitet hatte, zu mir sagte: „Sie sollten mir ganz offen sagen, was Sie beschwert, damit ich Ihnen besser helfen kann.“ Da erkannte ich, daß sie geistig mein Geheimnis aufgedeckt hatte, und daß sie wollte, daß ich dem Irrtum entgegenträte, ihn zugäbe und klar sähe, was er war, um ihn dann von der Wahrheit zerstören zu lassen.
Um diesen falschen Begriff vom Menschen berichtigen zu können, mußte ich mir klarmachen, daß Haß und Unvollkommenheit irgendwelcher Art keinen Teil von dem Menschen Gottes ausmachen, daß der Mensch geistig, vollkommen und vollständig ist — denn das ist die Art, wie Gott ihn geschaffen hat und ihn erhält, und das ist die Offenbarwerdung und Widerspiegelung eines vollkommenen Vater-Mutter Gottes. Ich nahm eifrig diese neuen Wahrheiten über Gott und den Menschen in mich auf, und ich fühlte keinen Groll mehr. Das Haßgefühl wurde verscheucht durch die Erleuchtung der Liebe.
Gerade während dieses Gefühl tiefer Dankbarkeit mein Herz erfüllte, versuchte jedoch der Irrtum den letzten und schwersten Schlag gegen mich zu führen. Als ich im Stillen meiner vielen Segnungen gedachte, und meinem Vater-Mutter Gott dafür dankte, daß ich in Wirklichkeit jetzt schon sehen konnte, schien der Irrtum in spottendem Tone zu sagen: „Du bist blind; du kannst nicht einmal die Hand vor den Augen sehen.“ Doch dann hielt ich schweigend und dankbar fest an der Tatsache, daß ich sehen konnte, weil Augen ja geistiges Erkennen bedeuteten. Der innere Kampf dauerte mehrere Minuten lang fort; doch selbst als die Stimme der materiellen Sinne immer lauter schrie, fühlte ich, wie sich in meinem Bewußtsein immer mehr Liebe, mehr Gewißheit, ein tieferes Verständnis von der Allheit der Wahrheit und der Offenbarweidung der Wahrheit in meinem Bewußtsein und in meinen Wahrheitserklärungen entfaltete. Dann war es, als ob ein Schleier gelüftet würde, und mein Augenlicht war wiederhergestellt.
Ich bin dankbar für Mrs. Eddy und ihre unschätzbare Offenbarung der Christlichen Wissenschaft für die Welt. Ich bin dankbar für die Unternehmungen und Veröffentlichungen dieser Bewegung, für meine Zugehörigkeit zur Mutterkirche und einer Zweigkirche und für das Vorrecht, bei den Unternehmungen der Kirche mitwirken zu dürfen, für Klassenunterricht und für die vielen Ausüber, die immer bereit sind zu helfen. Ich danke Gott täglich für die Christliche Wissenschaft und werde mich bemühen, meine Aufrichtigkeit durch mein Leben zu beweisen. — Long Beach, Kalifornien, U.S.A.
