In ihrer Darlegung der Christlichen Wissenschaft hat Mary Baker Eddy häufig Seele und Körper zusammengefaßt. Sie sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 200): „Wer unfähig ist Seele zu erklären, sollte weise sein und die Erklärung des Körpers nicht unternehmen.“ Mit Seele beginnen in der Erklärung des Körpers bedeutet, mit dem Bewußtsein beginnen, denn Seele ist das Prinzip der bewußten Individualität. Seele ist Gott, das eine unendliche göttliche Bewußtsein, und sie betont Eigenschaften wie Schönheit Seligkeit, Sündlosigkeit und Unsterblichkeit.
Wir sprechen menschlich manchmal von einem seelenlosen Individuum und meinen damit jemand, der engherzig und erdgebunden ist dem es an Empfänglichkeit für Schönheit und Güte fehlt. Der sterbliche Mensch ist seelenlos, da die körperlichen Sinne, die ihn darstellen, keine Kenntnis von der geistigen Substanz haben. Diese Sinne sind die Verkörperung des sterblichen Gemüts, des Gegenteils der Seele, und haben keine Beziehung zu den unsterblichen bewußten Identitäten des Gemüts, die die Verkörperung der Seele sind. Aus diesem Grunde ist der physische Körper unwirklich, lediglich das gefälschte Bild des wahren Körpers, der geistigen Identität, die dem Menschen zugehört. Die menschlichen Wesen jedoch, die den geistigen Sinn pflegen und ihn demonstrieren, kommen ihrem geistigen Selbst näher, dessen Sinne ihren Ursprung in der Seele haben.
Der wirkliche Mensch, Gottes unsterbliches Ebenbild, ist unkörperlich, insofern er physisch körperlos ist; aber geistig gesprochen ist er nicht körperlos. Hierzu sagt Mrs. Eddy (ebd. S. 280): „Anstatt eine empfindende, materielle Gestalt zu besitzen, hat der Mensch, richtig verstanden einen gefühllosen Körper, und Gott, die Seele des Menschen und allen Daseins, der für und für in Seiner eignen Individualität, Harmonie und Unsterblichkeit ist, verleiht diese Eigenschaften und erhält sie für und für im Menschen — und zwar durch Gemüt und nicht durch die Materie.“ Der „gefühllose Körper“ des Menschen, seine bewußte geistige Identität, ist nicht auf die Grenzen des materiellen Raumes beschränkt. Er offenbart Allgegenwart, weil Seele allgegenwärtig ist. Er verkörpert die Harmonie und Unsterblichkeit der Seele, ihre Gaben und Fähigkeiten. So sehen wir, daß obgleich wir uns in der Wissenschaft tatsächlich als physisch unkörperlich erkennen müssen, wir doch nicht von uns als geistig körperlos denken dürfen. Wir müssen vielmehr unseren wirklichen Körper als unsere individuelle, unzerstörbare Widerspiegelung des Geistes erkennen als ein Gebilde der Seele und nicht der Materie, aber doch als eine bestimmte, individuelle, bewußte Gestaltung.
Paulus lehrte, daß wir alle ein Leib in Christo sind, und bildlich verglich er diesen Leib mit dem menschlichen Körper, an dem jedes Glied seinen Teil hat, obgleich alle zu einem harmonischen Ganzen vereinigt sind. Er sagte (1. Kor. 12:12, 27): „Denn gleichwie ein Leib ist, und hat doch viele Glieder, alle Glieder aber des Leibes, wiewohl ihrer viel sind, doch ein Leib sind: also auch Christus.. .. Ihr seid aber der Leib Christi und Glieder, ein jeglicher nach seinem Teil.“ Man kann nicht den wahren Begriff von Körper offenbaren, während man sich, durch Ärger oder Gleichgültigkeit, von seinen Mitmenschen getrennt fühlt. Noch kann man Gesundheit offenbaren, denn Gesundheit drückt ein Ganzsein, drückt Vollständigkeit oder Heiligkeit aus. Tatsächlich findet man oft, daß die Heilung gestörter menschlicher Beziehungen eine Heilung des physischen Körpers zur Folge hat. Die Widerspiegelung der Seele schließt alle Identitäten in sich, und der Christus, Gottes göttliche Idee, enthüllt sie in ihrer harmonischen, unteilbaren Einheit.
In Beantwortung der Frage: „Was sind Körper und Seele?“ sagt unsere Führerin zum Teil folgendes (Wissenschaft und Gesundheit, S. 477): „Identität ist die Widerspiegelung des Geistes, die Widerspiegelung in mannigfaltigen Formen des lebendigen Prinzips, Liebe. Seele ist die Substanz, das Leben und die Intelligenz des Menschen, welche individualisiert ist, jedoch nicht in der Materie.“ Die Gebilde des Prinzip sind mannigfaltig aber untrennbar, weil ihr Ursprung Liebe ist, und Liebe ist das Prinzip der Einigkeit. Es ist die Absicht der Liebe, die Harmonie ihres Wesens durch ihr Universum zum Ausdruck zu bringen; jede Identität oder jede Gestaltung hat ihren Platz in dem allumfassenden Ausdruck der Liebe.
Sogar die menschliche Auffassung von Körper wird besser in dem Maße, wie man seinen Begriff davon erweitert, um alles, dessen man sich bewußt ist, einzuschließen; wie man erkennt, daß dieser Körper sich nicht nur aus Fleisch und Knochen und anderen Elementen zusammensetzt, die der allgemeinen Auffassung nach den Körper bilden, sondern, daß er aus all den Begriffen besteht, die ihre geistigen Gegentatsachen in der Seele, in Gott, haben. Das Bewußtsein ist fundamental, und die Begriffe des sogenannten menschlichen Gemüts sind nicht außerhalb des Bewußtseins, sondern sie sind sein subjektiver Zustand, seine Verkörperung. Ich wurde einmal von einem langwierigen und schmerzhaften Leiden geheilt, als ich mir klarmachte, daß mein Körper, den ich als meine bewußte, geistige Identität verstand, kein unharmonisches Element in sich schloß. Bei dieser Gelegenheit lernte ich, daß man nicht wahre Gesundheit ausdrückken kann, so lange man an einer falschen Auffassung von irgendeinem der Begriffe der Seele festhält.
Christus Jesus verachtete nie den scheinbar menschlichen Körper, sondern er erhob ihn und brachte ihn der Harmonie der wahren Identität näher. Er erweckte diejenigen, die er heilte, aus einer Annahme des Sinnendaseins zu einer klareren Vergegenwärtigung des Seelendaseins. Sie wurden reiner im Denken, hingebungsvoller in ihrer christlichen Gemeinschaft, selbstloser in ihren Zielen — ein Beweis, daß sie Seele anstatt Materie als „die Substanz, das Leben und die Intelligenz des Menschen“ erkannten. Der wirkliche Körper trat in Erscheinung in seiner unveränderlichen und harmonischen Substanz. Die lebendigen Eigenschaften des Geistes, wie sie durch den Menschen zum Ausdruck gebracht werden, enthüllten sich.
Die Erkenntnis, die der Meister von dem wahren Körper hatte, gab ihm Gewalt über die Schwachheit des Fleisches. Die Materie kann ihn nur als eine Illusion berührt haben, die sein geistig scharfsichtiges Bewußtsein nicht täuschen konnte. Er wies nicht nur die Illusion der Krankheit, sondern auch des Todes zurück. Mit dem Nachdruck, den er auf das Heilen legte, muß er die von ihm erkannte Notwendigkeit angedeutet haben, einen wahren Begriff von Körper zu demonstrieren. Nach dem scheinbaren Tode seines physischen Körpers zeigte er noch die gleiche innere Haltung, denn bevor er sich durch die Vergegenwärtigung seiner unsterblichen Wesenheit über die sterbliche Existenz erhob, stellte er für diesen Körper wieder Leben und Gesundheit her. Er bewies die untrennbare Einheit von Seele und Körper — Seele als göttliche Substanz, die immerdar „individualisiert ist, jedoch nicht in der Materie“, und Körper, der jene unsterbliche Individualisierung darstellt.
