Vor vielen Jahren erlebte meine Freundin, als sie darum rang, Ruhe und Frieden wiederzufinden, einen positiven Beweis von der großen geistigen Tatsache, daß Gott gewißlich immer gegenwärtig ist, um in der Not zu helfen. Die Ärzte hatten erklärt, ihr körperlicher Zustand sei unheilbar und sie könne nur noch zwei Jahre leben. Sie hatte eine große Familie, die ihre Fürsorge brauchte, so daß dieses Urteil sie tief verzagt machte. Eines Tages als sie die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy studierte, kam ihr jüngstes Töchterchen, Audrey, mit ihrem Spielkameraden ins Zimmer. Die Mutter hörte, wie sie zu ihm sagte: „Komm, Edgar, wir wollen Gott suchen.“
Edgar antwortete: „Oh ja, aber wo sollen wir suchen?“
Die Antwort war: „Na, in der Bibel natürlich.“ Audrey nahm die große Bibel vom Tisch, und sie und Edgar setzten sich auf den Boden, die Bibel zwischen sich. Während sie die Seiten umblätterte, sagte sie: „Sieh Edgar, hier ist Gott — G-o-t-t — und hier — und hier.“
Edgar deutete nun auch mit seinem Finger und die Mutter hörte ihn freudig ausrufen: „Ich sehe Gott — hier — und hier — und hier.“
Dann sagte Audrey: „Ja, weißt du, Gott ist überall.“
Während die Mutter ihnen zuhörte, überkam sie ein Gefühl tiefen Friedens, und es wurde ihr klar, daß auch sie Gott suchen und finden mußte und nicht nur an ihre körperliche Heilung denken durfte. Als sie nun durch fortgesetztes Studium der Christlichen Wissenschaft bemüht war, Gott zu finden und zu erkennen, was Er ist und warum und wie Er gegenwärtig sein kann und es tatsächlich ist — da wurde sie vollständig und bleibend geheilt. Sie ist nun eine eingetragene christlich-wissenschaftliche Ausüberin, die ihr Leben dem Werk des Heilens widmet.
Während seiner vielen Prüfungen und Trübsale setzte Hiob unbeirrt sein Suchen nach Gott fort, und die große Wahrheit (Hiob 23: 13): „Er ist einig“ wurde ihm offenbart. Diese Offenbarung wurde auch meiner Freundin durch das Studium der Bibel und des Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit“ zuteil; denn sie erkannte Gott als Gemüt und dieses eine Gemüt als die immergegenwärtige Quelle alles Guten, aus der dieses Gute in geistigen Ideen beständig hervorgeht; sie erkannte, daß dieses Gemüt der Annahme von einem sterblichen Gemüt mit seinen Ansprüchen der Krankheit und Sünde, des Mangels und Elends, wie überhaupt der Disharmonie aller Art, entgegenwirkt und sie null und nichtig macht.
Mit unserer Erkenntnis von Gott als Gemüt gewinnen wir gleichzeitig das Verständnis, daß der Mensch eine Idee ist, die vom Gemüt ausgeht. Auf diese Weise wird die Vergegenwärtigung davon, daß der Mensch untrennbar von Gemüt und, als dessen Ausdruck, eins mit Gemüt ist, in unserem Bewußtsein gefestigt, und wir sehen, daß der Mensch als Bild und Gleichnis Gottes vollkommen ist. Durch das Studium und die Anwendung der Christlichen Wissenschaft lernen wir, so gesinnt sein „wie Jesus Christus auch war“ (Phil. 2:5); mit andern Worten, uns in allem Handeln vom Guten leiten zu lassen und materielle Annahmen durch geistige Ideen zu ersetzen. Diese geistigen Ideen, welche heilen und segnen, sind der Augenschein von „Gott mit uns“; vom immergegenwärtigen Gemüt, das sich beständig selbst zum Ausdruck bringt; von Gott, der alles gibt und vom Menschen, der Gottes Gaben empfängt. Die große geistige Wahrheit, daß es nur ein Gemüt gibt und dieses eine Gemüt nur gut ist, ist die Grundlage, von der aus wir anfangen, Gott als das immergegenwärtige Gute zu kennen, als die einzige Macht, die jede falsche Annahme von einer bösen Gegenwart oder bösen Macht vernichtet. Wenn sich und die geistige Tatsache entfaltet, daß Gott Gemüt ist, lernen wir, mit Ihm wie mit einem gütigen, liebenden Vater oder einer Mutter sprechen, denn in der Wissenschaft wird Er uns Offenbart als Vater-Mutter Gott, in dem wir „leben, weben und sind“.
Jesus zog sich oft zurück, um zu beten und mit Gott zu sprechen. Als er am Grabe des Lazarus stand und sagte (Joh. 11:41, 42): „Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast. Doch ich weiß, daß du mich allezeit hörest“, war er sich der Gegenwart Gottes bewußt und überzeugt, daß Gott seinen Hilferuf hören und beantworten würde. Diese Gewißheit von Gottes Gegenwart, von Seiner Bereitwilligkeit und Fähigkeit, jede menschliche Not zu stillen, kommt durchweg in der Heiligen Schrift zum Ausdruck. Moses, Noah, Henoch und viele andere redeten mit Gott, besprachen sich ganz bewußt mit Ihm.
Wenn der materielle Sinn zu uns spricht und uns sagen möchte, daß wir krank oder mutlos, unglücklich oder in Not seien, dann können auch wir finden, daß Gott eine immergegenwärtige Hilfe ist. Auch wir können zu Gott sprechen und eine Antwort erwarten. In einfachem, kindlichem Vertrauen können wir uns an Ihn wenden und Ihn voller Freude finden, wie die Kinder in diesem Aufsatz.
Eine einfache Regel, die, wenn sie befolgt wird, Heilung bringt, finden wir auf Seite 15 in „Wissenschaft und Gesundheit“: „Um in das Herz des Gebets einzudringen, muß die Tür der irrenden Sinne verschlossen sein. Die Lippen müssen verstummen, und der Materialismus muß schweigen, auf daß der Mensch beim Geist Gehör finde, bei dem göttlichen Prinzip, der Liebe, die allen Irrtum zerstört. Um recht zu beten, müssen wir in das Kämmerlein gehen und die Tür schließen. Wir müssen die Lippen schließen und die materiellen Sinne zum Schweigen bringen. In dem stillen Heiligtum ernsten Sehnens müssen wir die Sünde leugnen und die Allheit Gottes geltend machen. Wir müssen uns entschließen, das Kreuz auf uns zu nehmen, müssen uns mit ehrlichem Herzen aufmachen und arbeiten und wachen, daß uns Weisheit, Wahrheit und Liebe zuteil werde. Wir müssen beten ‚ohne Unterlaß‘. Solches Gebet wird in dem Maße erhört, wie wir unsre Wünsche in die Tat umsetzen.“
Das Gebet, das die Gegenwart Gottes zu allen Zeiten und unter allen Bedingungen anerkennt, verschließt den Einflüsterungen von Schmerz, Disharmonie, Kummer oder Mangel die Tür des Denkens. Wenn wir fortfahren, uns an Gott zu wenden und uns Seiner Gegenwart und Macht durch den geistigen Sinn gewisser werden, dann werden wir beweisen, daß es in unserer Erfahrung keinen Mangel an Gesundheit, Glück, Freudigkeit, an Fülle des Guten gibt.
Haben wir nun gefunden, daß Gott immergegenwärtiges und immer zugängliches Gemüt ist, sollten wir dann nicht mit der Unbefangenheit eines Kindes zu Ihm sprechen und Seine Antwort und Seinen Segen erwarten? Und wenn wir Gottes Antwort erhalten haben, sollten wir dann nicht bereitwillig, liebend und mit kindlichem Vertrauen sie in uns aufnehmen und ihr folgen? Hier gibt es noch einen anderen Schritt, den wir nicht versäumen sollten, nämlich: zu jubeln, freudig zu sein, in Demut und Liebe, Gott für Seine Güte zu danken und Ihn zu preisen.
Wir alle kennen die Selbstverständlichkeit, den Gehorsam und das Vertrauen des Kindes, das an einer verkehrsreichen Straßenecke nach der Hand der Mutter faßt und sich vertrauensvoll über den Fahrdamm führen läßt. So sollten auch wir die Hand unseres himmlischen Vater-Mutter Gottes ergreifen, der uns so fürsorglich, so weise und liebevoll führt.
Wenn wir eine augenblickliche Heilung erleben, dann sind wir wahrhaft dankbar, daß Gottes Liebe für Sein Kind sich in unserer Erfahrung bewiesen hat. Kommt die Heilung jedoch nur langsam zustande, dann ermutigt uns unsere Führerin mit den Worten in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 254): „Die Menschen sind konsequent, die wachen und beten, die ‚laufen‘ können ‚und nicht matt werden. .. wandeln‘ können ‚und nicht müde werden‘, die das Gute schnell erringen und ihre Stellung behaupten, oder die es langsam erlangen und sich nicht entmutigen lassen.“ Bei dieser Weigerung, sich entmutigen zu lassen, ist es das Vertrauen eines Kindes, das solch hohe Resultate wirkt. Entmutigung kann nicht in das Denken eindringen, das erfüllt ist von dem kindlichen Vertrauen, daß Gottes Liebe gegenwärtig ist, um Tag für Tag für uns zu sorgen.
Christus Jesus lehrte (Matth. 18:3): „Es sei denn, daß ihr euch umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Dieses ins Himmelreich kommen ist individuell und wir erreichen es, indem wir das materielle Denken, das sich für das eigene Denken ausgibt, ablegen und die geistigen Ideen Gottes, des Guten, hegen und pflegen.
Mrs. Eddy gibt uns die einfache Regel (Wissenschaft und Gesundheit, S. 261): „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt.“ In dem Maße, wie wir diese einfache Regel betätigen, werden wir finden, daß wir Gott stets erreichen können, und Er wird zu uns sprechen durch Seine geistigen Ideen des Guten, die alles vernichten, was unharmonisch ist, und die all das Gute offenbaren, das Gott Seinen Kindern gibt, die Geborgenheit und den Schutz Seiner Gegenwart.