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„Die große Frage“ — Wo bist du?

Aus der Januar 1954-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das Telephon klingelte; es war ein Ferngespräch. „Wo sind Sie?“ fragte ich den Patienten, der anrief. „Ich bin in Chikago“, antwortete er, „und ich bin in Schwierigkeiten.“ Er gab die Einzelheiten an. Später kam noch ein Fernruf von einer Patientin, die sagte, sie sei in San Franzisko und „in großer Furcht und Verwirrung“. Als ich all diese Ausführungen anhörte, fragte ich mich: „Ist das wahr, was sie über ihre Aufenthaltsorte sagen? Ist das Kind Gottes, der einzig wahre Mensch, tatsächlich in dem, was das menschliche Denken Chikago, San Franzisko oder irgendeinen andern menschlich bezeichneten Ort nennt? Ist die Idee oder Widerspiegelung des göttlichen Gemüts in Schwierigkeiten, in Schmerzen, in Furcht oder Verwirrung? Kann der individuelle Zeuge des positiven Gemüts in etwas anderem als dem Gemüt sein? Die Antwort war ein unzweideutiges „Nein!“

Der Briefträger kam. Er brachte Briefe mit der Bitte um Behandlung von einem, der, wie er sagte, tief in Schulden war; von einer Frau, die behauptete, sie habe eine Stellung, die sie der Eifersucht aussetze; von einer anderen, die erklärte, sie sei unglücklich verheiratet. Ein vierter Patient hatte Probleme, die sich aus seiner politischen Haltung ergaben. Wieder wurde mir klar, daß ich mir, um diesen Menschen zu helfen, die geistige Tatsache vergegenwärtigen müßte, nämlich, daß kein Gotteskind jemals in einem vom sterblichen Gemüt geschaffenen Zustand sein kann, da alles individuelle Sein nur von und in und bedingt durch das eine schöpferische Gemüt, Gott, existiert.

Ich schaute zum Fenster hinaus und sah zwei Männer in einem Wortwechsel, zwei Hunde im Kampf miteinander, eine Frau in Eile und verschiedene Leute in einem Omnibus. Sie alle schienen zu glauben, daß sie sich in materiellen Körpern befänden. Das kleine Wort „in“ war, wie ich erkannte, sehr bedeutungsvoll, wenn es den Aufenthaltsort von Menschen bezeichnete. Wenn es materiell gebraucht wird, so gibt es einen gänzlich falschen Eindruck von dem Aufenthalt des Menschen. Geistig gebraucht, beschreibt es des Menschen lebendiges Einssein oder Verbundensein mit Gott. Wie sorgsam müssen wir sein, um stets im Auge zu behalten, „in“ was wir uns befinden — unser Mitmensch sowohl wie wir selber — und so die falschen Suggestionen des menschlichen Gemüts zu berichtigen, die behaupten, daß wir an einem Ort seien, wo wir nicht sind. In ihrem Werk „Rückblick und Einblick“ schreibt Mary Baker Eddy (S. 93): „Paulus sagte zu den Athenern: ‚Denn in ihm leben, weben und sind wir.‘ Diese Erklärung stimmt im wesentlichen mit der meinigen überein: ‚Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Substanz noch Intelligenz in der Materie.‘ Es ist offensichtlich, daß diese höchste Wahrheit bisher noch nicht völlig bewiesen worden ist; aber nichtsdestoweniger ist sie wahr.“ Das Nichts der Materie weist darauf hin, daß der Mensch im Gemüt einbeschlossen ist. Was Mrs. Eddy „diese höchste Wahrheit“ nennt, erklärt, daß der Mensch in Gott lebt, und nicht in irgendeiner Form wesenloser, belebter oder lebloser Materie. Hierin besteht also unser Daseinszweck, nämlich Schritt für Schritt diese höchste aller Wahrheiten zu demonstrieren.

Was da sagt und behauptet, der Mensch sei in der Materie und materiellen Zuständen oder Umständen unterworfen, ist das angebliche sterbliche Gemüt, das Gegenteil der Wahrheit, das vorgibt, ein Gott zu sein und eine materielle Schöpfung hervorgebracht zu haben, durch die es sich Geltung verschaffen kann, sie mit materiell gesinnten, sterblichen Wesen bevölkert zu haben, die in der Materie verkörpert und von einer menschlich erdachten Umwelt umgeben sind, und die in Zustände von Leiden, Mühsal, Furcht und Kampf hineingezwungen wurden. Das sterbliche Gemüt erhebt den Anspruch, alle seine Gedanken und Vorstellungen in seiner angeblichen Selbstheit einzuschließen, ebenso wie in Wirklichkeit das göttliche Gemüt all seine Ideen und Wesenheiten in seiner unendlichen Allheit in sich schließt.

Der grundlegende Irrtum, das sterbliche Gemüt, möchte behaupten, daß es seine sterbliche Auffassung vom Menschen im Fleisch verkörpert, das von einem materiellen Heim umgeben ist, an einem materiellen Ort weilt, und zwar in einem materiellen Universum vieler Welten. In dieses Nest materieller Vorstellungen kleiner und großer Art beansprucht es, alles hineinzupressen, was es hervorbringt, und alles in seiner eigenen Endlichkeit zu umfassen. Hier ist die Gesamtsumme der Falschheit, das All des Bösen. Hiermit leugnet der Irrtum die wissenschaftliche Tatsache, die in der Christlichen Wissenschaft offenbart und von Mrs. Eddy folgenderweise zusammengefaßt wird: „Das allmächtige und unendliche Gemüt hat alles gemacht und schließt alles in sich“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 206). Die ewige, unbegrenzte Gegenwart und Allumfassendheit Gottes schließt die Pseudogegenwart und Pseudoumfassendheit des trügerischen sterblichen Gemüts und seines Substratums — der Materie — aus, ja sie schließt die Materie in ihrer Gesamtheit aus.

Der Frage, was der Mensch ist, wird viel menschliches Denken gewidmet; doch viel Denken sollte von uns allen der Frage gewidmet werden, w o der Mensch ist. In der Tat, was der Mensch ist, bestimmt, wo der Mensch ist. Wenn wir theoretisch der Tatsache zustimmen, daß der Mensch Gottes Ebenbild oder Sein Ausdruck ist, dagegen denken, sprechen und handeln, als ob der Mensch in und von Gottes Gegenteil, dem sterblichen Gemüt oder der Materie, sei, so verraten wir damit unsere Unwissenheit über das wahre Sein und Wesen des Menschen. Unsere Arbeit besteht darin, beständig und von Grund auf unsern Begriff des Lebens und der Selbstheit von allem loszulösen, was die Materie beansprucht zu sein, gewesen zu sein oder in Zukunft zu werden, und uns dessen immer klarer zu werden, daß wir, da Gott unser einziger Urheber ist, nur das sein können, was Gott Seinen Menschen ewiglich bestimmt hat zu sein, und daß wir nur da sein können, wo Gott Seinen Sohn ewiglich bestimmt hat zu sein — nämlich in und vereinigt mit dem einen schöpferischen Leben und Gemüt. Wenn Gott die einzige Gegenwart ist, kann es da eine Stätte für den Menschen außerhalb der Allgegenwart des göttlichen Gemüts geben? Kann der Mensch außerhalb der Unendlichkeit sein? Und doch denken und handeln die Sterblichen gewöhnlich, als ob dies möglich wäre; denn sie glauben, es gebe eine andere Gegenwart, einen anderen Schöpfer, einen anderen Menschen, eine andere Schöpfung und Substanz als den einen lebendigen, allgegenwärtigen Gott und Seinen Ausdruck.

Die Entdeckung der Christlichen Wissenschaft bringt auch die Entdeckung vom Einssein des Menschen mit Gott und der Art, dies zu demonstrieren. Christus Jesus zeigte uns klar, daß des Menschen Einssein mit Gott nicht eine gegenwärtige Theorie ist, die später zu einer angenehmen Wirklichkeit werden soll. Es ist die gegenwärtig verständliche und demonstrierbare Tatsache. Er zeigte uns, daß der wahre Mensch ewiglich außerhalb der Materie und innerhalb des Gemüts existiert; daß Gott, die einzige Substanz, notwendigerweise innerhalb und außerhalb aller Dinge ist. Ungeachtet dessen, was die Sterblichen dachten, sagten oder taten, bewies Jesus, daß der Mensch in Gott existiert, indem er unablässig das Gute, das Gott ist, liebte und lebte und es als die einzige Substanz des Menschen erkannte. Unser individuelles geistiges Sein ist immerdar mit dem Höchsten Wesen verbunden, ebenso wie das seine. Er und wir weilen in der Ewigkeit des allumfassenden Seins Gottes, in der heiligen Familie der Ideen Gottes.

Furcht verrät mehr Glauben an die Lüge des Irrtums, daß der Mensch in und aus Materie bestehe, und deren negativen Kräften unterworfen sei, als Glaube an des Menschen Einssein mit der Allheit Gottes. Sünde und Krankheit entstammen der falschen Annahme, daß der Mensch aus und in dem sogenannten menschlichen Gemüt oder der Materie bestehe, und hoffnungslos ihren knechtenden, leidbringenden und zerstörenden Kräften ausgesetzt sei. Selbstsucht, Eigenwille, Eigenliebe, Tadelsucht, Groll und Geschwätz machen zum Teil das falsche Denken aus, und verraten, daß jemand, der ihnen nachgibt, noch an der Lüge festhält, daß der Mensch von dem einen Bösen — dem sterblichen Gemüt — beherrscht sei und in ihm lebe und webe, anstatt die Wahrheit anzuerkennen und zu demonstrieren, daß er nur in dem all-liebenden Geist lebt, der unser Gott ist.

Durch beharrliches tägliches Bemühen kann jeder von uns mit Erfolg die Unwahrheit widerlegen und überwinden, daß wir materiell erschaffen wurden, von der Materie beeinflußt werden oder in ihr enthalten sind. Jeder individuelle Mensch besitzt die ihm von Gott verliehene Fähigkeit, zu beanspruchen und allmählich in seinen Gedanken, Worten und Taten zu demonstrieren, daß er von und in dem Leben und der Substanz existiert, die Liebe und Wahrheit sind, und nicht von und in dem falschen Begriff von Substanz und Leben, der sterbliches Gemüt, materieller Sinn und materielles Selbst genannt wird. Er mag zwar nicht sogleich die völlige Vernichtung der falschen Auffassung des Irrtums von Ursache und Wirkung zustande bringen — doch er wird es nie vollbringen, wenn er nicht anfängt auf dem Wege des Denkens und Lebens, das Gott verherrlicht. Dieser Weg mag dem eigenwilligen menschlichen Selbst zuerst eng und schmal erscheinen, doch er wird sich schnell erweitern, über jede Vorstellung von Enge hinaus, wenn wir auf ihm wandeln. Es ist der einzige Weg zur Demonstration der Allheit Gottes.

Die Heilige Schrift sagt uns wiederholt, daß der Mensch in Gott lebt und nicht in der Materie. Ist es nicht an der Zeit, dies anzunehmen und täglich zu beweisen? Laßt uns diese göttliche Wahrheit mit immer größerer Klarheit und Überzeugung in uns aufnehmen und in gottseligerem, selbstloserem Denken und reinerem, heiligerem Leben, ja in beständigerer Anerkennung der gegenwärtigen und ewigen Allheit Gottes demonstrieren. Und laßt uns verstehen, daß alles, was wahr ist, eben jetzt von Ihm ausgeht, in Ihm verbleibt und sich in der rhythmischen Wirklichkeit der großen Symphonie der Liebe bewegt.

Eine Randüberschrift auf Seite 308 des Lehrbuches lautet: „Die große Frage.“ Der Text des Abschnitts zeigt, daß es sich hier um „die große Frage“ handelt: „Wo bist du?“ Bist du in der Materie oder im Gemüt, in Gott? Die Christliche Wissenschaft beantwortet diese Frage ausführlich. Doch die Antwort in bezug auf den Aufenthaltsort des Menschen ist nicht in Worten und Theorien zu finden, sondern im Denken und im Leben. Es ist dieselbe Frage, die Adam hörte, als Scham und Unsicherheit in seinem Denken erschienen, das die Lüge angenommen hatte, er sei von und in der Materie. Diese Frage präsentiert sich früher oder später jedem Sterblichen. Jeder muß und kann die Antwort in der Christus-Idee des Seins finden, die des Menschen ewiges Einssein mit Gott, dem Geist, offenbart und sein ewiges Geschiedensein von der leblosen, geistlosen, wahrheitlosen Materie und ihrer falschen Vorstellung von Gemüt, Leben und Wesenheit.

In dem oben erwähnten Abschnitt in „Wissenschaft und Gesundheit“ lesen wir: „Über dem furchtbaren Getöse des Irrtums, seiner Finsternis und seinem Chaos, ertönt noch heute die Stimme der Wahrheit: ‚Adam,. .. wo bist du? Bewußtsein, wo bist du? Weilst du in der Annahme, daß Gemüt in der Materie ist, und daß das Böse Gemüt ist, oder lebst du in dem lebendigen Galuben, daß es nur einen Gott gibt und geben kann, und hältst du Sein Gebot?‘ “ Wie willig sind wir, „die große Frage“ freudig zu beantworten, und Tag um Tag diese Antwort in gottseligem Leben zu demonstrieren, welches beweist, daß wir danach streben, ebenso wie der Wegweiser die grundlegende Tatsache zu verstehen — jene „höchste Wahrheit“ — daß die Materie nicht existiert, und daß die Wissenschaft des Lebens in den von Gott inspirierten Worten Jesu zusammengefaßt ist (Joh. 14:11): „Glaubet mir, daß ich im Vater und der Vater in mir ist“ und (Joh. 10:30): „Ich und der Vater sind eins“?

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