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Ein Prophet in der Wüste

Aus der Februar 1956-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Eine der ernstesten Warnungen, die wohl je gegen die Irrtümer des persönlichen Sinnes und des Selbstbedauerns geäußert worden sind, können im 19. Kapitel des Ersten Buches der Könige gefunden werden, wo wir den Bericht von einem Erlebnis des Elias lesen, der nach der Vernichtung der Baalspropheten auf dem Berge Karmel eine böse Drohung von der Königin Isebel erhalten hatte, die ihm nach dem Leben trachtete.

Elias, ein inspirierter Prophet, der durch sein Verständnis von Gott einen weitverbreiteten Götzendienst in Israel ausgerottet und einer langen Dürre ein Ende gemacht hatte, brach zusammen und wurde fast überwältigt von der Rachsucht einer bösen Königin. Wie wir lesen, „machte er sich auf und ging hin um seines Lebens willen und ... ging hin in die Wüste eine Tagereise und setzte sich unter einen Wacholder und bat, daß seine Seele stürbe“, denn, fügte er hinzu, „ich bin nicht besser denn meine Väter“.

Diese Schilderung der äußersten Niedergeschlagenheit des Propheten beschreibt seinen Zustand in dramatischer Weise. Die Tagereise, die Wüste, der Wacholderbaum, sein Gebet zu Gott, daß er sterben möge, und seine Selbsterniedrigung — alles trägt gewisse Punkte zu dem Bilde dramatischer und ergreifender Melancholie bei.

Man vergleiche dieses Bild mit dem des Mannes Gottes, dem Propheten Israels, der auf dem Berge Karmel stand, als das Feuer Gottes vom Himmel herabfiel und das Brandopfer verzehrte. An dem Tage war er in der Tat der Mann Gottes, der Macht hatte und geistige Weisheit und Kraft zum Ausdruck brachte. Es war ihm gleich, ob die Anzahl der falschen Propheten ein einzige oder vierhundertfünfzig waren. Alle falschen Begriffe von Gott und dem Menschen versanken vor der offenbaren Majestät Gottes.

Doch warum, mag man fragen, wurde dann der Prophet veranlaßt, eine Tagereise in die Wüste zu unternehmen, und, als er unter dem Wacholder lag, von Selbstbedauern und Selbstverachtung fast überwältigt zu werden? Möglicherweise kann eine Erklärung Mrs. Eddys in „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften) eine Antwort auf diese Frage geben. Hier sagt sie (S. 280): „Die Türen des tierischen Magnetismus tun sich manchmal weit auf zum Einschleichen des Irrtums, gerade in dem Augenblick, wenn Du bereit bist, die Früchte deiner Arbeit zu sammeln und mit lobenswertem Ehrgeiz Siegesgesänge wegen errungener Triumphe anzustimmen.“

Gleicht die hier beschriebene Lage nicht derjenigen, in der sich Elias befand? Der tierische Magnetismus hatte sich in das Denken des Propheten eingeschlichen. Er mag gedacht haben: „Ich habe einen großen Sieg über den Götzendienst errungen — warum muß ich gleich darauf von einer bösartigen Königin angegriffen werden?“ Vielleicht betrachtete er die Vernichtung der falschen Propheten zu sehr als einen persönlichen Sieg und erkannte nicht, daß alle Macht in Gott, dem göttlichen Gesetzgeber, ruht. Oder er mag angenommen haben, er könne nach der Zerstörung des Götzendienstes auf Karmel in seinem Eifer nachlassen und ausruhen.

Was auch immer der Irrtum des Propheten gewesen sein mag, eins ist offenbar: er hatte nicht die unzerstörbare Beziehung des Menschen zu Gott erkannt, noch die ungestörte Ruhe, die immer die göttliche Gegenwart begleitet. Er wanderte eine Tagereise weit in die Wüste und saß unter einem Wacholder und bat Gott, der das Leben ist, ihn zu vernichten. Die Sinnlosigkeit seines Selbstbedauerns und seiner Selbstverachtung ist klar — aber sind wir nicht alle manchmal bei einer oder anderer Gelegenheit von Selbstbedauern und der Hypnose des persönlichen Sinnes, die durch die tückischen Suggestionen des tierischen Magnetismus wirken, betrogen worden? Wer hätte nicht schon einen Christlichen Wissenschafter beim Ausarbeiten eines Problems ausrufen hören: „Warum bin ich in diesem Zustand? Weshalb habe ich dieses Problem? Ich habe die Kraft Gottes durch augenblickliche Heilungen bewiesen; ich habe andern geholfen, den heilenden Christus in der Christlichen Wissenschaft zu finden. Ich bin der mir zugewiesenen Aufgabe treu gewesen. Warum muß ich ein Problem haben?“

Sollte jemand, der diese Zeilen liest, in solch einer Lage sein, so nehme er die Bibel zur Hand, schlage das 19. Kapitel des Ersten Buches der Könige auf und gehe daran, die Weisungen zu studieren, die Gott dem Elias gab, als er unter dem Wacholder schlief. Wir lesen: „Ein Engel rührte ihn an.“ Eine geistige Eingebung kam zu seinem Bewußtsein und erweckte ihn aus seiner Apathie und seinem Selbstbedauern. Diese Engelsbotschaft hieß ihn, aufzustehen und zu essen. Elias öffnete die Augen und sah ein geröstetes Brot und eine Kanne mit Wasser; also aß und trank er und „legte sich wieder schlafen“.

Von neuem gebot ihm der Engelbotschafter, sich zu erheben und zu essen. Er mußte seine geistige Speise zu sich nehmen — er mußte das „Brot des Lebens“ essen und „lebendiges Wasser“ trinken, und so das geistige Verständnis wiedererlangen, das er verloren hatte, als er in der Wüste unter dem Wacholder schlief. Durch Gehorsam siegte er. Als sein geistiges Verständnis wieder gestärkt war, nahm er seine Wanderung von neuem auf und „ging durch Kraft derselben Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes Horeb“.

Sollten wir nicht dem Beispiel des Elias folgen, wenn wir je, von dem persönlichen Sinn bedrückt, scheinbar die Harmonien des Himmels vergessen haben? Es ist immer ein Engel zur Hand, um uns aus dem „tiefen Schlaf“ zu erwecken, dem Adamtraum des persönlichen Sinnes, der stets bereit ist, uns in die Wildnis der beleidigten Unschuld zu führen.

Wir sollten uns an jenes Engelsgebot erinnern: „Stehe auf und iß!“ Wir haben unsere Lehrbücher, die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy. Diese enthalten das Brot der Wahrheit und das Wasser des Lebens. Sie offenbaren den Christus als die erhaltende und erleuchtende Wahrheit, die unser Verständnis neubeleben und unsere Furchtgefühle verscheuchen wird. Schritt für Schritt werden wir von den Sinnen zur Seele, von Furcht zu Vertrauen, von Krankheit zu Gesundheit geführt. Selbst wenn wir in der Höhle der Körperlichkeit weilen, werden wir auf Gottes Geheiß hin dazu geführt werden, auf dem Berge zu stehen und in der Gewißheit zu ruhen, daß der große starke Wind, das Erdbeben und das Feuer, die alle über den Berg dahinbrausten, nicht vom Herrn waren, sondern daß Er sich nur in dem „stillen sanften Sausen“ offenbarte. Diese Stimme ist zu hören, wenn der persönliche Sinn zum Schweigen gebracht wird. Der tierische Magnetismus muß als das erkannt werden, was er ist, nämlich, eine Illusion, die Anspruch darauf erhebt, Macht auszuüben, wo in Wirklichkeit keine Macht ist.

Wenn wir den tierischen Magnetismus, den persönlichen Sinn und das Selbstbedauern überwinden und auf die Stimme Gottes lauschen, so werden wir bald aus der Wüste herausgeführt werden, ebenso wie Elias, um die Früchte unseres treuen, Gott und dem Menschen geweihten Dienens zu ernten. Gott zeigte Elias, daß Siebentausend sich „nicht gebeugt hatten vor Baal“; und weiter sandte Er ihm Elisa, auf den später der Mantel des Prophetentums fallen sollte. Dies geschah, nachdem Elias zu Höhen größerer geistiger Erleuchtung erhoben worden war — von einem „feurigen Wagen mit feurigen Rossen“ (2. Kön. 2:11), Symbolen geistiger Eingebungen, die das erleuchtete Bewußtsein hier und jetzt in das Himmelreich erheben.

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