Unser Bewußtsein des Guten ist unsere Fähigkeit, die geistige Wirklichkeit wahrzunehmen und den inneren Frieden zu empfinden, der des Menschen Einigkeit mit Gott kennzeichnet. Die Christliche Wissenschaft definiert das Bewußtsein des Guten als eine unsterbliche Fähigkeit des Menschen, des geistigen Ebenbildes Gottes. Ein jeder, der versteht, daß sein Bewußtsein des Guten unsterblich und unantastbar ist, vermag daran festzuhalten, unbeirrt durch die menschlichen Probleme. Wer jedoch die Wahrheiten über des Menschen Bewußtsein des Guten noch nicht versteht, mag denken, er werde leicht aufgebracht und reagiere gefühlsmäßig auf menschliche Disharmonien.
Das Bewußtsein des Guten ist nicht etwas, das wir selbst geschaffen haben, etwas, dessen wir wieder beraubt werden können. Es gibt nur ein Gutes — nämlich Gott — und der Mensch bewahrt das Verständnis des Guten immerdar. In dem Maße, wie wir diese Tatsache begreifen lernen, bewahren wir nicht nur unser Bewußtsein der Harmonie, sondern wir vertiefen und erweitern es.
Als ich noch ein Neuling im Studium der Christlichen Wissenschaft war, sagte ein erfahrener Wissenschafter zu mir: „Ihr Bewußtsein des Guten wird wachsen.“ Das war eine einfache Erklärung, doch sie öffnete meine Augen für die weiten Möglichkeiten der Entfaltung in der Wissenschaft. Ich erkannte, daß man, wenn man sein Bewußtsein des Guten voll bewahrte auf der Basis, daß nur Harmonie gegenwärtig, wirklich und greifbar ist, auch imstande sein würde, alles Böse aus seiner Erfahrung auszuschalten. Mary Baker Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 311): „Das Böse wird durch den Sinn des Guten zerstört.“
Christus Jesus hatte wohl diese Entfaltung des Bewußtseins des Guten im Sinn, als er das Reich Gottes mit einem Senfkorn verglich. Er sagte, es sei das kleinste unter allen Samen, doch „wenn es gesät ist, so nimmt es zu und wird größer denn alle Kohlkräuter und gewinnt große Zweige“ (Mark 4:32).
Ein jeder spiegelt in gewissem Maße die Gott entstammenden Eigenschaften wider. Da die geistigen Eigenschaften jedoch göttliches Gemüt, göttliche Wahrheit und göttliche Liebe widerspiegeln, sind sie unendlich. Sie sind niemals abgeschwächt, veränderlich oder zerstörbar. Der Mensch verkörpert die Elemente Gottes in ihrer Vollkommenheit, und nichts Geringeres sollte uns jemals zufriedenstellen. Wir sollten Anspruch auf die Fähigkeit erheben, göttliche Weisheit und Intelligenz widerzuspiegeln. Unsere Liebe sollte selbstlos und allumfassend sein. Unsere Wahrhaftigkeit sollte nichts Geringeres als vollkommene Begriffe dulden. Unser Bewußtsein des Guten sollte sich immer mehr ausdehnen, unsere Senfpflanze größere Triebe aussenden. In der Tat kennt die Entfaltung der Freude, Harmonie und Liebe keine Grenzen; denn das wahre Sein ist unendlich.
Es ist ein Irrtum anzunehmen, daß Zunahme des Guten in unserem Leben von materiellen Umständen abhängig sei, daß man in der Welt umhertreiben und den materiellen Maßstäben des menschlichen Lebens entsprechen müsse, um einen Zustand des Wohlergehens zu erreichen. Statt dieser Reihenfolge werden, gerade umgekehrt, höhere Maßstäbe und ausgedehntere Wirkungskreise die Folge eines ruhigen und freudigen Gemütszustandes sein. Schritt für Schritt muß jeder kleinliche, niedrige, selbstsüchtige Impuls ersetzt werden durch gottähnliche Gedanken der Hingabe an das Geistige, Gedanken des Edelmuts und der selbstlosen Fürsorge für das Beste aller. Falsche Begriffe müssen gegen geistige Ideen ausgetauscht werden. Das Denken muß das unendliche Bereich der Weisheit und Kraft, der Liebe und Unschuld, erforschen, damit sich unser Bewußtsein des Guten in natürlicher Freiheit entwickeln kann. Wenn wir diesen Kurs einschlagen, so werden wir uns bald im Reich Gottes befinden.
Wenn Krankheit sich in unser Bewußtsein einzuschleichen droht, und Furcht und böse Vorahnungen und Besorgnis mit sich bringt, so besteht die wissenschaftliche Methode, diese Übel zu verscheuchen, darin, beharrlich an unserem gottgegebenen Bewußtsein des Guten festzuhalten. Wohl wissend, daß dieses wahre Bewußtsein seinen Ursprung in Gott hat, können wir seine Kraft und Gegenwart beweisen. Ein furchtloser und ruhiger Gemütszustand, die Wirkung eines bewußten Verbundenseins mit dem Geist, beherbergt niemals menschliche Beschwerden. Gott wirkt durch das Bewußtsein der Harmonie, nicht durch die verwirrte Mentalität. Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 270): „Wenn eine Empfindung von Nichtwohlsein Leiden erzeugt, und ein Bewußtsein von Wohlsein Leiden aufhebt, dann ist Krankheit mental und nicht materiell. Daher die Tatsache, daß allein das menschliche Gemüt leidet und krank ist, und daß allein das göttliche Gemüt heilt.“ Daraus ersehen wir, daß der Vernichter der Krankheit das Bewußtsein des Guten ist, welches dem unendlichen Gemüt entstammt.
Wenn die Handlungen der Menschen unserer Umgebung uns bekümmern, so sollten wir uns vor allem bestreben, an unserem Bewußtsein der Harmonie festzuhalten, und der Suggestion zu widerstehen, daß wir durch Gemütserregung von Gott getrennt werden können. Eine solche Einstellung bedeutet jedoch nicht, daß wir andern gegenüber kalt sein sollten, oder daß das Benehmen anderer uns gleichgültig ist. Es handelt sich vielmehr darum, mit mehr wissenschaftlicher Reinheit lieben zu lernen, des Menschen natürliche Gottverbundenheit zu demonstrieren und zu Ihm aufzuschauen, um ein wahres Verständnis des Seins zu erlangen. Ruhig und unberührt zu bleiben, inmitten persönlicher Anfeindung, bedeutet, unser Bewußtsein des Guten zu betätigen, und bewirkt, daß unsere Senfpflanze größere Zweige treibt.
Selbst am Kreuz wuchs unseres Meisters Bewußtsein des Guten immer mehr. Er war viel zu klug und weise, um sich durch den Haß der Volksmenge, die ihn kreuzigte, seines inneren geistigen, gottgegebenen Friedens berauben zu lassen. Erbarmungsvoll betete er (Lukas 23:34): „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Dadurch, daß der große Lehrer dem Guten treu blieb — das er als das Wahre erkannt hatte — und seine Freiheit im Guten durch Befolgung des ewigen Gesetzes Gottes sich entfalten ließ, brach er die Bande des Todes und bewies die Übermacht des Bewußtseins des Guten über das Böse für alle Zeiten.
Schritt für Schritt müssen wir dem Meister in das Innerste des Himmelreichs folgen, wo die Treue immer den Lohn des Guten empfängt. Bedenkt die Worte unserer Führerin (Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1900, S. 11): „Bewahrt in euch das wahre Bewußtsein der Harmonie, und dieses Bewußtsein wird euch harmonisch stimmen, einigen und selbstlos machen.“