Die Christliche Wissenschaft hat ihre eigene Methode, eine Diagnose hinsichtlich des Zustands der Patienten zu stellen, aber diese Methode gründet sich nicht auf die Materie. Ein grundlegender Lehrsatz dieser Wissenschaft ist der, daß Krankheit mental ist, die äußere Kundwerdung eines beunruhigten Bewußtseinszustandes, und daß das Gemüt allein der Heilung bedarf. Sind wir erst einmal fest davon überzeugt, daß ein sogenannter körperlicher Zustand in Wirklichkeit einen mentalen Zustand darstellt, dann haben wir nicht mehr den Wunsch, uns einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen oder zu erfahren, wie ein Arzt unsere Beschwerde bezeichnen würde. Der Wissenschafter weiß, was ihm wirklich nottut: nämlich christusähnlicher zu werden, die göttliche Natur zu bekunden, und so seine wahre, zum Ebenbild Gottes erschaffene Selbstheit ans Licht zu bringen.
Die Anatomie spielt eine große Rolle in der ärztlichen Diagnose. Und Mary Baker Eddy beschreibt die Art der Anatomie, die unerläßlich ist, um sich mit Hilfe der Christlichen Wissenschaft vom Irrtum frei zu machen. Sie sagt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 462): „Die Anatomie der Christlichen Wissenschaft lehrt, wann und wie die selbstbeigebrachten Wunden der Selbstsucht, der Bosheit, des Neides und des Hasses sondiert werden müssen. Sie lehrt die Beherrschung wahnwitzigen Ehrgeizes, sie offenbart die geheiligten Einflüsse der Selbstlosigkeit, der Menschenliebe und der geistigen Liebe.“ Und weiter unten sagt sie: „Durch sein Verständnis der mentalen Anatomie erkennt und bekämpft der Christliche Wissenschafter die wirkliche Ursache der Krankheit. Der materielle Arzt tappt unter Phänomenen umher, welche jeden Augenblick unter Einflüssen schwanken, die seine Diagnose nicht umfaßt, und so kann er stolpern und in der Dunkelheit zu Fall kommen.“
Wenn jemand unüberlegt zu den Methoden des sterblichen Gemüts zurückgeht und eine ärztliche Diagnose stellen läßt, so mag sich das für ihn sehr wohl als ungünstiger herausstellen, als wenn er es unterlassen hätte, da er die rein mentale Methode der wissenschaftlichen Diagnose mißachtet hat, und sich der Behauptung anschließt, daß die Materie materielle Zustände herbeiführen könne.
Unsere Führerin sagt (ebd., S. 370): „Eine physische Diagnose von Krankheit dient dazu, die Krankheit herbeizuführen, denn das sterbliche Gemüt muß die Ursache der Krankheit sein.“ Sicherlich hat kein vernünftiger Mensch das Verlangen, ein Risiko einzugehen, das eine Krankheit herbeiführen würde. Der bessere Weg für uns ist der, alle physischen Zustände als in Wirklichkeit mental anzusehen und darauf zu bestehen, unsere Schwierigkeiten von einer wissenschaftlich mentalen Basis aus zu handhaben.
Dies bedeutet, daß wir Gott als das einzige Gemüt erkennen müssen, als die einzige Gegenwart und die einzige Macht, und das sterbliche Gemüt und seine Erscheinungsformen als Illusionen. Da Krankheit eine Illusion ist, muß sie als Illusion behandelt werden, niemals aber als ein Zustand, der Ursache und Gesetz hat, die ihn hervorbringen könnten. Wenn die Krankheit nicht als Illusion von uns abfällt, dann haben wir sie nicht wirklich überwunden. Krankheit als eine falsche Annahme anzusehen, ohne Substanz, ohne Gesetz, ohne Wirklichkeit und ohne Ursache, heißt ihren Anspruch auf Dasein zu untergraben. Wohingegen eine Einstellung, die wissen möchte, welches wohl der Name der Krankheit sei, und dabei die sterblichen Gedanken außer acht läßt, die sie herbeigeführt haben, dazu angetan ist, der Krankheit Macht zu geben, sich dem Bewußtsein einzuprägen.
Wenn auch die Christliche Wissenschaft vor den zerstörerischen Folgen der Sünde warnt, so schreibt sie doch nicht alle Krankheiten persönlichen Irrtümern zu. Sie macht klar, daß viele Leiden lediglich die Auswirkung der sterblichen Annahme darstellen, die in das individuelle Denken Einlaß gefunden hat, weil der Patient versäumt hat, sich gegen vorherrschende Krankheitsannahmen zu schützen. In solchen Fällen wäre es verkehrt, irgendeine verborgene Sünde ausfindig zu machen, die der Patient vermeintlich begangen hat, wenn doch solch eine Ursache gar nicht gegeben ist. Der Patient wird wahrscheinlich eher auf eine Behandlung reagieren, die die Furcht und die allgemeine Annahme handhabt, daß es Leben und Empfindung in der Materie gibt. Die wissenschaftliche Behandlung bringt unter allen Umständen das ans Licht, was aus dem Denken ausgemerzt werden muß.
Die Christlichen Wissenschafter werden zuweilen kritisiert, weil sie keine vorbeugende Diagnose haben stellen lassen und so der Entwicklung unharmonischer Zustände tatenlos zugesehen haben. Doch Mrs. Eddy sagte diesbezüglich in ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1901 (S. 33): „Die Christlichen Wissenschafter sind besonnene Staatsbürger, die keinen Menschen töten, weder durch ihre Praxis noch dadurch, daß sie es unterlassen, rechtzeitig einen Arzt zu Rate zu ziehen.“ Sie erklärte ferner: „Die Zeitspanne, während welcher der Patient davon abgehalten wird, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, eine Zeitspanne, die im Gebet und in geistigem Gehorsam gegen Christi Heilmethode und Heilmittel verbracht wird, kann sich für den Patienten nicht als schädlich herausstellen und erweist sich als der Heilbehandlung dienlicher als die vom Arzt verschriebene materielle Medizin.“
Das Wichtigste hierbei ist, daß wirklich vom Gebet Gebrauch gemacht wird, daß die wissenschaftlichen Wahrheitserklärungen von der Vollkommenheit des Menschen im Gemüt als der Idee des Gemüts, tatsächlich angewandt werden, um allen Glauben an die Existenz der Materie und ihrer Disharmonien zu überwinden.
Wir sollten nie aufhören, die wissenschaftliche Diagnose zu stellen, bis wir in unserem eigenen Bewußtsein die unerschütterliche Überzeugung gewonnen haben, daß Gott die einzige Ursache ist, daß Er allein dem Menschen Gesundheit und Leben verleiht und daß nichts den Menschen dieses göttlichen Erbes berauben kann. Christus Jesus lehrte (Luk. 17:21): „Das Reich Gottes ist inwendig in euch.“ Und es ist die Demonstration von diesem Reich, diesem göttlichen Zustand des Gemüts, wodurch dauernde Gesundheit bestimmt wird. Nur im Himmel können wahre Ursache und Regierung, wahres Gesetz und wahre Gesundheit gefunden werden. Weil der Himmel sich niemals ändert, haben wir beständigen Zugang zu allem, was dauernde und wissenschaftliche Gesundheit ausmacht.