Im zwölften Kapitel des Markusevangeliums wird ein Vorfall berichtet, der ein Licht wirft auf den Wertbegriff des Meisters. Er beobachtete, daß die Reichen, wenn es darum ging, Geld in den Gotteskasten einzulegen, viel einwarfen. Eine gewisse Witwe jedoch warf zwei Scherflein ein, die einem Heller entsprachen, etwa im Wert eines halben Pfennigs. Jesus benutzte diese Gelegenheit, um den Jüngern eine eindeutige Erkenntnis von dem Wert dieser Gabe nahezubringen, indem er erklärte, daß sie mehr eingeworfen hätte als alle anderen: „Denn sie haben alle von ihrem Überfluß eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut alles, was sie hatte, ihre ganze Nahrung, eingelegt.“
Wir machen oft Beobachtungen von Äußerlichkeiten ausgehend, indem wir Großes mit Kleinem oder viel mit wenig vergleichen, und diese Vergleiche haben einen entscheidenden Einfluß auf unsere Einstellung und unsere Interessen. Aber im geistigen Reich, in dem alles grenzenlos ist, spiegelt alles die Unendlichkeit wider.
In der Wüste schauten die Jünger auf das, was als kleiner Vorrat an Nahrungsmitteln erschien, um damit eine Menschenmenge von fünftausend Mann, außer Frauen und Kindern, zu speisen. Aber Jesus „sah auf gen Himmel und dankte und brach's und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk“ (Matth. 14:19). Sie wurden alle satt, und es blieben noch zwölf Körbe voll davon übrig.
Wir mögen niemals erfahren, wie viele, die unsere Mittwochzeugnisversammlungen besuchen, sich der Freude berauben, öffentlich ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen, weil sie das Empfinden haben, daß ihre Demonstrationen, obwohl sie ihnen selbst außerordentlich viel bedeuten, anderen geringfügig erscheinen und herabgesetzt werden könnten. Jesus unterschätzte nicht das Opfer der Witwe und ebensowenig die fünf Brote und die zwei Fische.
Ein jung verheiratetes Ehepaar nahm sich vor, jeden Monat von einem ziemlich kleinen Gehalt etwas zu sparen. Regelmäßig, Monat für Monat, legte die junge Frau beiseite, was erübrigt werden konnte, und wenn es nur zwei Mark waren. Das Sparkonto wuchs, langsam zuerst, dann aber schneller, bis es ihnen möglich war, etwas zu unternehmen, das sich als ein solides Investitionsprogramm erwies.
Es war in Wirklichkeit nicht die Höhe der Spareinlagen, die zählte; es war das konsequente Beharren bei der Ausführung eines rechten Planes, ein Beharren, das von den Eheleuten beträchtliche Disziplin in der Handhabung ihrer Angelegenheiten erforderte. Dies ist nur ein Beispiel für Tausende solcher Fälle, die sich täglich ereignen, wenn die Menschen den kleinen Dingen angemessene Aufmerksamkeit widmen.
Es war ein junges Mädchen, eine Gefangene aus dem Lande Israel, die Naeman, „einen gewaltigen Mann“ (2. Kön. 5:1), zu Elisa wies, damit er von seinem Aussatz geheilt würde. Anstatt ihn in einer seinem Stande entsprechenden Weise zu begrüßen, sandte Elisa einen Boten zu ihm, um Naeman sagen zu lassen, er solle sich siebenmal im Jordan waschen. Naeman fühlte sich abgewiesen und gedemütigt, er war zornig und ging wieder fort. Aber seine Diener sagten zu ihm: „Lieber Vater, wenn dich der Prophet etwas Großes hätte geheißen, solltest du es nicht tun?“ Naeman überwand seinen Stolz und tat, wie ihn Elisa geheißen hatte, „und sein Fleisch ward wieder erstattet wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er ward rein“. Wie oft sind es gerade die kleinen Dinge, die uns die größten Lektionen erteilen!
Auf Seite 4 ihres Buches „Pulpit and Press“ (Kanzel und Presse) sagt Mrs. Eddy, daß in bezug auf Rechtsein und Rechttun die Zahl Eins ein ebenso wichtiger Faktor ist wie Duodezillionen; sie erklärt: „Ein Tautropfen spiegelt die Sonne wider. Ein jeder der Geringsten Christi spiegelt den unendlichen Einen wider, und daher ist die Erklärung des Sehers wahr, daß ,einer mit Gott ... eine Mehrheit' ist.“ Es ist nicht die Größe, die zählt, sondern die innewohnende Lebenskraft, wie Jesus mit seinem Hinweis auf das Senfkorn zum Ausdruck brachte.
Eine Klasse junger Schüler in einer christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule zu unterrichten, ist auf seine Weise ebensowichtig, wie einer Gruppe von Erwachsenen Klassenunterricht zu erteilen. Wiederum ist es nicht die Größe der Klasse, die zählt, oder das Alter der Schüler. Was sie gelehrt werden, ist wichtig. Einige dieser Schüler werden eines Tages andere unterrichten. Der gute Same vervielfacht sich und trägt Frucht.
Zuweilen hört man, daß sich ein Christlicher Wissenschafter auf seine „kleine Kirche“ bezieht; damit meint er natürlich eine Kirche mit einer kleinen Mitgliedschaft. Gewöhnlich wird das Wort als Ausdruck der Zärtlichkeit gebraucht, doch in Wirklichkeit sollte eine christlich-wissenschaftliche Kirche niemals als unbedeutend angesehen werden, weil sie nur verhältnismäßig wenige Mitglieder hat. Das Wort „unbedeutend“ kann sich niemals auf irgend etwas beziehen, das seinen Ursprung und seine Grundlage im Geist hat.
Als Jesus zu seinen Jüngern sagte (Matth. 5:13, 14): „Ihr seid das Salz der Erde. ... Ihr seid das Licht der Welt“, bezog er sich auf die kleine, geistig disziplinierte Gruppe von Menschen, die selbstlos zusammenarbeiteten, ihre erhabene Schau in enge Berührung mit den Dingen des täglichen Lebens brachten und sich einen rechten Wertbegriff bewahrten — einen Begriff, den nur die haben können, die geistig gesinnt werden.
Ein herzliches Lächeln, ein Nicken mit dem Kopfe oder ein Winken mit der Hand mögen nur kleine Zeichen des Erkennens sein, aber sie sind auch ein Zeichen der Freundschaft, ohne das die tägliche Routine kalt und eintönig wäre. Aus einem Herzen, das voller Dankbarkeit für die einfachen Dinge schlägt, für die kleinen Dinge, die doch so sehr ins Gewicht fallen, wird eine immer umfassender werdende Liebe hervorströmen, die mühelos Nöte stillt und von Lasten befreit.