Das göttliche Prinzip und seine Idee, die Schöpfung, stellen eine Einheit dar. Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 465): „Prinzip und seine Idee ist eins, und dieses eine ist Gott, allmächtiges, allwissendes und allgegenwärtiges Wesen, und Seine Widerspiegelung ist der Mensch und das Universum.“ Die prinziplose, auf einer falschen Voraussetzung beruhende Lüge eines von Gott, dem Prinzip, getrennten Daseins möchte diese Einheit durch Teilung stören. Diese Lüge möchte erreichen, daß wir Gemüt in Gemüter aufteilen, Seele in Seelen, das Gute in verschiedene Arten des Guten und damit die Unendlichkeit des geistigen Weltalls begrenzen, das auf das göttliche Prinzip gegründet ist.
In dem Zerrbild dieser Lüge erscheint das Weltall als materiell, dreidimensional, mit materieller Anziehungskraft und physisch zu messenden Ausmaßen und Gewichten, den Möglichkeiten des Überflusses oder Mangels ausgesetzt.
Der persönliche Sinn, der diese vermeintliche Teilung vertritt, ist ebenso prinziplos und fürchtet daher den Zufall. Furcht vor Verlust oder Mangel machen ihn eifersüchtig und neidisch. Er ist eitel aus Selbstgefälligkeit und aus Furcht, nicht anerkannt zu werden. Er ist eigenwillig aus Furcht, daß andere seinem Willen entgegentreten könnten. Er ist selbstsüchtig, weil er bestrebt ist, sich gegenüber einer vermeintlich außerhalb seiner selbst liegenden, meist feindlichen Umwelt durchzusetzen und zu erhalten.
Der größte Sieg, der je in einem Kampf errungen werden kann, ist der Sieg über das Selbst, die Überwindung des persönlichen Sinnes. Die Christliche Wissenschaft [ Christian Science ] weist den Weg zu solcher Überwindung. Dieser Weg ist gerade und schmal. Seine Verwirklichung bedeutet Befreiung von Mangel und Begrenzung jeder Art; wir erreichen damit einen Zustand, in dem absolute Harmonie, das Himmelreich, herrscht.
Tadel mag ein Hinweis sein, wo im jeweiligen Fall Selbstüberwindung nötig ist. Völlig unberechtigter Tadel dagegen sollte uns nicht beleidigen, denn er richtet sich nicht gegen uns, sondern gegen eine falsche Vorstellung, die man von uns hat. Es mag zweckmäßig sein, diese falsche Vorstellung zu berichtigen, aber dies kann nur geschehen, wenn wir nicht mehr beleidigt sind und keinen Groll mehr hegen.
Lob, andererseits, sollte uns nicht dazu verführen zu glauben, daß wir aus eigener Macht etwas Lobenswertes vollbringen könnten. Alles, was wir tun, sollte zum Ruhm Gottes geschehen und nicht, damit wir als ein guter Mensch anerkannt würden. Als Christus Jesus mit „guter Meister“ angeredet wurde, sagte er (Mark. 10:18): „Was heißest du mich gut? Niemand ist gut als allein Gott.“
Der wirkliche Mensch ist das Bild und Gleichnis Gottes, und da dies das ureigene Wesen eines jeden von uns ist, haben wir die gottverliehene Vollmacht, jede Suggestion des sterblichen Gemüts, daß es ein unabhängiges, selbständiges, dem Zufall unterworfenes Ich gäbe, abzuweisen. Jede Suggestion, daß wir vom göttlichen Gemüt getrennt seien, kommt zu uns, weil sie unsere Zustimmung hat; sie ist nichts als das Ergebnis unserer eigenen falschen Vorstellung. Wenn wir sie auf dieser Ebene abweisen, nämlich in unserem innersten Denken, wird der Irrtum und sein Augenschein zerstört.
Der Mensch ist also nicht ein unabhängiges Einzelwesen, das in einem dreidimensionalen Körper wohnt und dessen Bedingungen unterworfen ist, sondern in seinem wahren Sein ist der Mensch die Widerspiegelung, der individuelle Ausdruck des Gemüts, des Geistes, der Seele.
In seinem Berufsleben befand sich der Verfasser einmal in einer schwierigen Situation, die damit zusammenhing, daß seine leitende Stellung in der Firma von einem Kollegen nicht anerkannt wurde. Trotz aller Bemühungen konnte er sich keine Autorität verschaffen. Schließlich wurde er von einem Christlichen Wissenschafter darauf hingewiesen, daß es gar nicht darauf ankäme, anerkannt zu werden. Wichtig sei vielmehr, daß er das eine göttliche Prinzip anerkenne, auf das sich das ewige, harmonische, geistige Sein gründet. Als der Verfasser seine Bemühungen darauf richtete, das Prinzip anzuerkennen, anstatt um seine eigene Anerkennung besorgt zu sein, war das Problem gelöst.
Es ist nicht entscheidend, was unsere Umgebung über unsere Haltung denkt: ob sie unsere Motive verkennt und uns verleumdet oder ob sie uns für einen guten Menschen hält. Wir sind auch nicht für die Gedanken verantwortlich, die zu uns kommen, sondern nur für das, was wir mit ihnen anfangen: ob wir der Befriedigung des Selbst Raum geben wollen und der Einflüsterung, daß es einen persönlichen Willen gäbe — unseren eigenen oder den eines anderen —, oder ob wir in unser Bewußtsein nur das einlassen, was der Anerkennung eines vollkommenen geistigen Seins entspricht.
Mrs. Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit“ auf Seite 392: „Steh Wache an der Tür des Gedankens.“ Und auf Seite 261 gibt sie den Rat: „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt.“
In unserer Kirchenarbeit, zum Beispiel, ist es doch töricht, darüber zu grollen, daß unser gut gemeinter Vorschlag von den Mitgliedern, dem Vorstand oder dem betreffenden Ausschuß nicht angenommen wurde. Sind nicht die meisten Fragen organisatorischer Art Ermessensfragen? Und arbeiten unsere Brüder in der Kirche nicht ebenso wie wir aus Interesse und Liebe an der Sache der Christlichen Wissenschaft [ Christian Science ], auch wenn die Meinungen in Ermessensfragen auseinandergehen?
Wenn es jedoch um Fragen geht, die unsere höchste Auffassung vom Guten berühren, dann sollten wir uns rückhaltslos an das göttliche Gemüt wenden, damit es uns den Weg zeige; wir sollten den Mehrheitsbeschluß anerkennen, ohne Gruppen zu bilden oder unsere Mitmenschen zu richten, und demütig, geduldig und liebevoll im Gebet verharren, bis sich entweder die Ansichten über den in Frage stehenden Punkt erweitert haben oder ein höherer Standpunkt eingenommen wird.
Wir müssen unter allen Umständen lernen, geduldig zu warten, bis sich ein höherer Begriff in der Mitgliedschaft gebildet hat, wodurch ein Beschluß herbeigeführt wird, der ein höheres geistiges Niveau zur Voraussetzung hat. Während wir warten, mag es notwendig sein, die menschlichen Schritte zu unterstützen, die zu einer höheren Stufe führen.
Das Überwinden des persönlichen Sinnes ist eine große Aufgabe, aber nur durch dieses Überwinden kann das Problem des Seins gelöst werden und das Himmelreich, die absolute Herrschaft der Harmonie, erreicht werden.