Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

„Laß die Toten ihre Toten begraben!“

[Urtext in deutscher Sprache]

Aus der September 1964-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn man die Schriftstelle über Jesus liest: „Es trat zu ihm ein Schriftgelehrter, der sprach zu ihm: Meister, ich will dir folgen, wo du hingehst.. . Und ein anderer unter den Jüngern sprach zu ihm: Herr, erlaube mir, daß ich hingehe und zuvor meinen Vater begrabe. Aber Jesus spricht zu ihm: Folge du mir und laß die Toten ihre Toten begraben!“ (Matth. 8:19–22), mögen die Fragen aufgeworfen werden: Klingt diese Forderung nicht sehr lieblos? Steht es nicht im Widerspruch zu dem Gebot: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ (2. Mose 20:12), wenn ein Sohn sich weigert, seinem Vater den letzten Dienst zu erweisen?

Die Christliche Wissenschaft [Christian Science] hilft uns zu erkennen, daß die Bibel eine geistige wie auch eine buchstäbliche Bedeutung hat, und wenn wir dem geistigen Sinn der Worte Jesu nachgehen, erscheint uns ihre Bedeutung in einem neuen und ganz anderen Licht. Wie liebevoll ist doch eigentlich dieser überaus wichtige Befehl: „Laß die Toten ihre Toten begraben“!

Wahrscheinlich sprach Jesus nicht von einem Sterblichen, der einen leblosen Körper beerdigt. Die Toten, von denen er sprach, sind sterbende und nutzlose Gedanken. Tätige und aufbauende Gedanken, die von Leben und Liebe durchdrungen sind, sind unerläßlich, wenn wir ihm folgen wollen.

Jesu Bewußtsein war zu jeder Zeit von Leben und Liebe erfüllt, und seine Worte und Werke waren das Ergebnis seiner reinen Gedanken. Zu dieser Denkweise und deren Anwendung wollte er seine Nachfolger führen. Er wußte, daß alles, was den Gedanken von der Betrachtung des Wirklichen und Ewigen ablenkt, totes Denken ist. Sein vergeistigtes Denken schloß jegliche unwirklichen Annahmen aus, die ihren Weg in das menschliche Bewußtsein erzwingen und dort Anspruch auf Wirklichkeit und Dasein erheben wollen.

Wenn man Kummer und Leid eines anderen Menschen vor sich sieht und falsches Mitleid und Bedauern einer dritten Person den Zustand noch verschlimmern, wird ein Christlicher Wissenschafter in Übereinstimmung mit Jesu Gebot den Bekümmerten mit echtem Mitgefühl unterstützen. Durch sein Verständnis von der unauflöslichen Einheit des Menschen mit Gott wird der Christliche Wissenschafter die Aufmerksamkeit seines Freundes auf sein wahres Sein als die Widerspiegelung Gottes richten und ihn ermutigen und ihm helfen, sich von dem selbstauferlegten Kummer und Schmerz zu befreien.

Die Verfasserin hat es selbst erlebt, wie tröstend und ermutigend solche wissenschaftlichen Gedanken sind, denn sie haben ihr geholfen, ein Gefühl der Trennung zu überwinden. Sie hat aber auch erkannt, wie nutzlos, ja sogar quälend Mitleid und Bedauern sein können. Das falsche Mitleid, das Mit-Leiden, wie teilnehmend und besänftigend es auch scheinen mag, macht eine Wirklichkeit aus dem Irrtum, anstatt ihn zu verneinen. Es ist daher dringend notwendig, daß wir den Irrtum als Irrtum erkennen, ob er nun als Kummer, Mangel oder körperliches Leiden in Erscheinung treten mag, und daß wir uns nicht von ihm überwältigen lassen.

Unsere Führerin Mrs. Eddy hat uns gezeigt, wie die Umkehrung einer Annahme von Kummer die Last der Traurigkeit von uns nimmt. Auf Seite 386 des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft, „Wissenschaft und Gesundheit“, schreibt sie: „Eine versehentliche Depesche, die fälschlicherweise den Tod eines Freundes anzeigt, verursacht denselben Kummer, den der wirkliche Tod des Freundes veranlassen würde. Du meinst, dein Schmerz sei durch deinen Verlust veranlaßt worden. Eine zweite Nachricht, die das Versehen berichtigt, heilt deinen Kummer, und du siehst ein, daß dein Leiden lediglich das Ergebnis deiner Annahme war. Ebenso verhält es sich mit allem Leid, mit Krankheit und Tod. Du wirst schließlich einsehen, daß es keine Ursache zum Kummer gibt, und die göttliche Weisheit wird dann verstanden werden.“

Ein paar Zeilen weiter schreibt sie: „Wenn unsere Freunde unserem Gesichtskreis entschwinden und wir klagen, so ist diese Klage unnötig und grundlos. Wir werden dies als wahr erkennen, wenn wir in das Verständnis des Lebens hineinwachsen und wissen, daß es keinen Tod gibt.“ Wie sehr liebevoll und wie ermutigend sind daher die wahrlich wissenschaftlichen Worte: „Laß die Toten ihre Toten begraben.“

Im 19. Kapitel des Matthäusevangeliums lesen wir von einem jungen Mann, zu dem Jesus sagte: „Gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!“ Der Bericht fährt fort: „Da der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt von ihm; denn er hatte viele Güter.“

Wenn wir, wie der junge Mann, noch nicht bereit sind, dieser Aufforderung nachzukommen, so ist dies ein Beweis dafür, daß wir uns noch an irdische Güter und an einen Sinn persönlicher Freuden klammern. Früher oder später werden wir erkennen müssen, daß dieser persönliche Sinn unserem geistigen Wachstum hinderlich ist, und mit zunehmendem Verständnis der göttlichen Liebe werden wir dankbar sein, wenn wir ihm entwachsen sind. Wenn wir diesen Punkt erreicht haben, werden wir selbstlos unsere Lieben, seien es unsere Eltern, Kinder oder Freunde, aus der Umklammerung einer menschlichen Auffassung von Liebe, die sich auf ein falsches Verantwortungsgefühl gründet, freilassen. Wir werden übermäßig starke Familien- oder Freundschaftsbindungen lockern und werden feststellen, daß unsere Beziehungen aufrichtiger werden. Treue und Beständigkeit werden daraus hervorgehen und gedeihen, ohne von Besitzgier und Furcht erstickt zu werden.

„Laß die Toten ihre Toten begraben“, und „die herrliche Freiheit der Kinder Gottes“ (Röm. 8:21), nach der wir uns alle sehnen, wird sich entfalten. Wir werden freudig dem Ruf unseres Meisters gehorchen: „Folge mir nach!“ Unser geläuterter Begriff von Verwandtschaft, Freundschaft, Treue und den wirklichen Gütern wird sich ständig vergeistigen und uns zu himmlischen Höhen führen.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / September 1964

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.