Die Legende erzählt, daß der Apostel Petrus einige Jahre nach der Kreuzigung Rom verlassen wollte, weil er durch die Schwierigkeiten entmutigt war, denen er dort beim Ausbreiten des Christentums begegnete. Als er die Via Appia hinunterging, erschien ihm plötzlich der Meister, Christus Jesus, in einer Vision. Petrus fragte ihn: „Quo vadis, Domine?“, „Wohin gehst du, Herr?“, und der Meister soll geantwortet haben, daß er nach Rom ginge, um sich noch einmal kreuzigen zu lassen. Petrus, durch diesen versteckten Tadel aufgerüttelt, kehrte wieder um und setzte sein apostolisches Werk in diesem Hauptzentrum des Heidentums fort.
Ob sich diese Legende auf eine historische Tatsache gründet oder nicht, sie legt jedem von uns die Frage nahe: Wäre ich sofort bereit, meinen mentalen Kurs zu ändern, sollte Wahrheit mich jemals zu der Tatsache erwecken, daß ich dem Christus gegenüber untreu bin? Es ist wichtig, nach innen zu schauen, um zu sehen, ob wir einem Gefühl von Vergeblichkeit, persönlicher Gegnerschaft, Gier oder materialistischem Ehrgeiz mit ihren Spannungen und Versuchungen erlauben, die warnende Stimme der göttlichen Liebe zu übertönen, daß wir uns auf dem falschen Wege befinden.
Wenn wir durch die Christliche Wissenschaft [Christian Science] dahin gekommen sind, die allerhabene Weisheit unseres Vater-Mutter Gottes zu verstehen, werden wir demütig genug sein, rechtzeitig zu erkennen, daß Impulse, die dem Gesetz der allintelligenten, allschöpferischen Liebe entgegengesetzt sind, uns auf krumme Nebenwege führen, wo der sogenannte Erfolg entweder durch das Ignorieren oder durch das vorsätzliche Zurückweisen der Forderungen des Geistes erkauft wird, wo das Glück sich in endlose Reibereien auflöst und wo der Friede und der Begriff strahlender Gesundheit in dem Gehetze des ungestümen sterblichen Willens verlorengehen.
Wenn wir aufrichtig und unverzüglich uns selbst gegenüber zugeben, daß wir in der falschen Richtung gehen, ist dies der erste Schritt zu einem Kurswechsel. Wir brauchen nicht aus unserem eigenen Bewußtsein herauszugehen, um ihn zu vollziehen; alles, was wir überwinden müssen, ist die Blindheit des sterblichen Gemüts gegenüber dem Bösen oder auch die Hartnäckigkeit, mit der es seinen eigenen Kurs verfolgt. Unter der Randüberschrift „Rechtes Bemühen möglich“ schreibt Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 253): „Wenn du an das Unrecht glaubst und es wissentlich tust, kannst du deinen Kurs sogleich ändern und recht handeln. Die Materie kann dem rechten Bemühen wider die Sünde oder die Krankheit keinen Widerstand leisten, denn die Materie ist träge, ist gemütlos.“ Der Wechsel unseres Kurses liegt demnach ganz in unseren eigenen Händen.
Unser Schutz gegen die Einflüsterungen eines selbst-bezogenen, mesmerischen Materialismus, der uns auf den Strudel des Irrtums zutreiben könnte, ist tägliche Wachsamkeit in bezug auf die mentale Richtung, in der wir gehen, die Ziele, die wir verfolgen, und die Mittel, die wir anwenden, um sie zu erreichen. Wir sollten besonders daran denken, daß es die scheinbar kleine Abweichung von den hohen geistigen Lehren der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] ist, die uns dazu führen könnte, immer mehr von ihrer göttlichen Norm abzufallen.
Die Christliche Wissenschaft [Christian Science] macht es genügend klar, daß in der heiligen Gegenwart des allwissenden Gemüts, Gottes, ein Nachgeben den irrigen Impulsen gegenüber weder vernunftgemäß erklärt, entschuldigt noch gerechtfertigt werden kann. Der Psalmist deutet dies an, wenn er sagt: „Der Herr weiß die Gedanken der Menschen, daß sie eitel sind“ (Ps. 94:11). Die folgenden Worte unserer Führerin bedeuten sowohl eine Zusicherung als auch eine Warnung: „An einem ehrlichen Herzen brauchen wir niemals zu verzweifeln; doch wenig Hoffnung ist für diejenigen vorhanden, die ihrer Schlechtigkeit nur dann und wann ins Angesicht sehen und sie dann zu verbergen suchen“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 8). Das klare Wissen um die absolute Tatsache, daß wir in der Gegenwart des allwissenden Gemüts selbst weilen, macht vollständige Aufrichtigkeit uns selbst gegenüber zur einzig wirklich intelligenten Haltung.
Die geeignete Zeit zur ernsthaften Selbstprüfung ist morgens, wenn der Christliche Wissenschafter sein Heim verläßt, um seinen täglichen Geschäften nachzugehen. Er tut gut daran, sich als direkte Antwort auf den unaufhörlichen Anruf des Christus zu fragen: „Wohin heute? Gehe ich ins Büro, um mein Gehalt zu verdienen, oder nur, um für mein Geschäft einen finanziellen Gewinn zu erzielen? Was ist es, das meine Schritte beschleunigt? Ist es ein starker Drang, einen Konkurrenten auszustechen, meinen Plan auszuführen, ungeachtet der Folgen, ungeachtet dessen, was er anderen antun könnte? Ist es der Drang, meiner Verstimmung freien Lauf zu lassen oder einen Mitarbeiter mit meiner eigenen Unzufriedenheit anzustecken?“
Wenn der Christliche Wissenschafter sich darüber Gedanken macht, wird er sich klarwerden, daß solche anstachelnden Regungen seinen Tag nur der Wärme und Inspiration der Liebe berauben würden, daß sie nur Unglück verbreiten würden, daß sie ihn von seiner bewußten Einheit mit Gott trennen und seinen eigenen wahren Fortschritt wie den seines Geschäfts aufhalten würden.
Wir sollten uns stets daran erinnern, daß, was auch immer unsere menschliche Tätigkeit sein mag, im wissenschaftlichen Tatbestand unser wahrer Zweck jeden Tag der ist, Gott und unseren Mitmenschen zu dienen. Wir sind völlig gerüstet, dies durch die bewußte praktische Anwendung der göttlichen Eigenschaften zu vollbringen, die tatsächlich unser sind als individuelle Widerspiegelungen der allintelligenten, alles bestimmenden Liebe. Brüderliche Liebe, geistige Intelligenz, unparteiisches Urteil und eine sorgfältige Berücksichtigung der Rechte und der wahren Interessen aller Beteiligten sind Teil unserer Widerspiegelung der Liebe Gottes für alle Seine Kinder. Wenn wir diese Wahrheiten in unserem Denken festhalten, werden wir das fehlerlose Vorherwissen des göttlichen Gemüts in geistigem Wahrnehmungsvermögen und in der Kraft der richtigen Entscheidung bekunden.
Wenn wir wirklich den göttlichen Charakter in unserem täglichen Leben zum Ausdruck bringen, werden wir nicht nur zur Entfaltung des wahren Geschäftserfolges beitragen, sondern wir werden auch die tiefe Befriedigung haben zu wissen, daß wir jedem in unserer Umgebung geholfen haben. Und diese Hilfsbereitschaft wird nicht auf Kosten von irgend jemandem gehen, denn unsere Widerspiegelung der unendlichen Güte und Substanz Gottes schließt ganz bestimmt nicht in sich, daß das Gute dem einen weggenommen wird, damit es einem anderen gegeben werde. Wir haben diese Zusicherung unserer Führerin (ebd., S. 451): „Der Mensch geht in der Richtung, nach der er blickt, und wo sein Schatz ist, da wird auch sein Herz sein. Wenn unsere Hoffnungen und Neigungen geistig sind, kommen sie von oben und nicht von unten und tragen, wie vor alters, die Früchte des Geistes.“
Die treibende Kraft, die hinter dem gebeterfüllten Verlangen steht, sich nicht durch die Einflüsterungen der sogenannten fleischlichen Natur von der geraden Line geistiger Motivierung abbringen zu lassen, ist nicht Furcht vor dem Bösen, sondern Liebe zu Gott. Diese Liebe ist das natürliche Ergebnis des Verständnisses von Gottes reiner Güte, das uns der Christus mitteilt. Es ist dieses Verständnis, das uns dazu inspiriert, den Irrtum aufzugeben. Wir entfalten eine völlige Bereitwilligkeit, dorthin zu folgen, wohin Gottes Gesetz der endgültigen Weisheit uns führt, und dies wiederum bringt die christlich-wissenschaftliche Überzeugung hervor, daß nur in dieser und in keiner anderen Richtung die fortdauernde, ungehinderte Entfaltung von Leben und Liebe mit ihrem reichlichen Lohn in Form von wahrem Erfolg, echter Nützlichkeit und Lebensfreude zu finden ist.
Der Christus, die Wahrheit, ruft uns alle auf zu täglicher Selbsterforschung, zu ehrlichen Antworten und zum freudigen Annehmen der Führung durch das göttliche Gemüt. Dieser zeitlose Ruf und der Lohn für unsere aufrichtigen Antworten darauf sind in dem alten hebräischen Spruch in herrlicher Weise dargelegt: „Behüte dein Herz mit allem Fleiß; denn daraus geht das Leben ... Laß deinen Fuß gleich vor sich gehen, so gehst du gewiß“ (Spr. 4:23, 26).