Einer der wesentlichsten Punkte beim Heilen ist der, in unserem Denken beweglich zu sein, das heißt, bereit zu sein, auf die Wahrheit zu reagieren. Eine Änderung des Denkens ist notwendig, damit sich die Erfahrung ändert, und die Bereitschaft des einzelnen, auf den heilenden Christus zu reagieren, bestimmt oft, wie schnell oder langsam die Heilung vor sich geht. Manche Menschen ergeben sich der umwandelnden Wahrheit langsam, andere wiederum, die einen kindlichen Eifer besitzen, reagieren augenblicklich.
Wie können wir unser Denken dazu bringen, sich bereitwilliger zu ergeben? Wir können genau untersuchen, worin der Widerstand besteht, und dann die geeigneten Gegenmittel anwenden.
Eine allgemeine irrige Annahme ist die, daß die Materie Intelligenz besitze, daß sie der Wahrheit widerstehen oder bei der Heilung von Krankheit ein hartnäckiger Faktor sein könne. Unsere Führerin hat jedoch die Tatsache offenbart, daß die Materie nichts weiter als eine materielle Mentalität ist. Sie setzt sich aus falschen gedanklichen Elementen oder Eigenschaften zusammen. Die Auflösung dieser falschen mentalen Elemente bringt die Veränderung mit sich, die für die Heilung erforderlich ist.
Auf Seite 242 von „Wissenschaft und Gesundheit“ gibt Mrs. Eddy zum Beispiel folgende kurze Erklärung: „Eigenliebe ist undurchsichtiger als ein fester Körper.“ Und dann fährt sie fort: „Laßt uns in geduldigem Gehorsam gegen einen geduldigen Gott daran arbeiten, daß wir mit dem universalen Lösungsmittel der Liebe das harte Gestein des Irrtums — Eigenwillen, Selbstgerechtigkeit und Eigenliebe — auflösen, das gegen die Geistigkeit ankämpft und das Gesetz der Sünde und des Todes ist.“ Auch in ihrem Gedicht „Weide meine Schafe!“ (Vermischte Schriften, S. 397) deutet sie auf diesen Widerstand hin:
Starren Willen beuge Du,
Hartes Herz erneu,
Weck die Welt aus dumpfer Ruh,
Dünkels Wahn zerstreu!
Wenn wir den Widerstand erst einmal klar analysiert haben, können wir in kluger Weise daran gehen, uns mit dem Irrtum auseinanderzusetzen. In dem erstgenannten Zitat empfiehlt unsere Führerin das Lösungsmittel der Liebe. Dieses handhabt das grundlegende Übel, die Furcht. Der Apostel Johannes versichert uns: „Die völlige Liebe treibt die Furcht aus“ (1. Joh. 4:18). Wenn die Gegenwart und Macht der göttlichen Liebe bejaht und klar erkannt werden, entspannt sich das Denken desjenigen, der in Not ist, und das mag oft gerade das sein, was erforderlich ist, um seinem Körper Befreiung zu bringen.
Ein weiteres Lösungsmittel ist Demut. Dieses löst das falsche Ego auf, das sterbliche Selbst in seinen verschiedenen Formen. Es erkennt nur einen Gott, nur ein Gemüt an und beseitigt den Glauben an irgendein anderes Gemüt, an irgendeine andere Macht außer Gott, dem Guten. Der Egotismus der Annahme von Gemüt in der Materie ist oft der Wesenskern des Irrtums. Dies mag sich in medizinischen Theorien, erblichen Krankheiten und den verschiedenen Formen der Sünde kundtun. Demut löst Irrtümer auf und erkennt die Allheit des göttlichen Gemüts des einen Ego an.
Reue ist das Lösungsmittel für Sünde. Ein reumütiges Herz ist bereit und willig, auf den umwandelnden Christus zu reagieren. Jesus zeigte dies in seinem Beispiel von den beiden Menschen, die „hinauf in den Tempel [gingen], zu beten“ (Luk. 18:10). Einer war selbstgerecht und der andere reuevoll. Jesus sagte von dem letzteren: „Dieser ging hinab gerechtfertigt [geheilt] in sein Haus, nicht jener.“
Der Glaube an Gott wirkt dem Glauben an das Böse entgegen. Wir können nicht beide Arten des Glaubens hegen, weil sie einander entgegengesetzt sind. In dem Maße, wie unser Verständnis von Gott zunimmt, nimmt unser Glaube an das Böse ab, bis er aus unserer Erfahrung verschwindet.
Wenn wir vorgefaßte Gedanken darüber, wie unser Gebet erhört werden sollte, aufgeben, wird unser Denken beweglicher und ist daher empfänglich für die göttliche Führung und Heilung. Jesus empfahl das kindliche Denken, das keine starren Vorbilder und vorgefaßten Meinungen kennt.
Jesus verwies niemals auf die Materie als auf einen Faktor des Widerstandes gegen die heilende Wahrheit. Er sagte jedoch, daß falsche gedankliche Zustände oder Eigenschaften einen Menschen unrein machen. Er stellte Scheinheiligkeit und Heuchelei, Stolz und Selbstgerechtigkeit bloß. Er tadelte seine Jünger wegen ihres Unglaubens und „ihres Herzens Härtigkeit“ (Mark. 16:14).
Mrs. Eddy sagt von Jesus (Vermischte Schriften, S. 199): „Durch den menschlichen Jesus erkennen wir etwas von den Wesenseigentümlichkeiten des göttlichen Gemüts. Die Macht seiner überirdischen Güte wird offenbar in der Herrschaft, die sie ihm über die Erscheinungen gab, die Geist entgegengesetzt sind und die die Sterblichen Materie nennen.“ Es war seine Liebe, die die Furcht auflöste, sein Erbarmen, das die Bedrückten aufrichtete. Es war seine Geistigkeit, die ihn befähigte, das mentale Element aufzudecken und zu zerstören, das einen gekrümmten Körper oder eine verdorrte Hand hervorgerufen hatte.
Wenn wir die Wissenschaft der mentalen Ursächlichkeit verstehen und erkennen, daß wir es mit falschen gedanklichen Zuständen und nicht mit physischen Zuständen zu tun haben, wird es klar, warum Gebet das Heilverfahren in der Christlichen Wissenschaft ist. Eine Änderung des gedanklichen Zustandes ist notwendig. Diese Änderung kommt zustande, wenn sich das Denken der Wahrheit ergibt und sich den Gesetzen Gottes unterwirft. Die Macht Gottes wird zuerst in der Umwandlung des Denkens und dann in der des Köpers offenbar, der der Ausdruck des Denkens ist. „Das harte Gestein des Irrtums ... auflösen“ macht das Denken beweglich und empfänglich, und die natürliche Harmonie des Seins macht sich geltend.
