Neunzehnmal ist ein Jahrhundert auf das andere gefolgt, seit der Mann von Nazareth heilige Worte äußerte, die — wie er prophezeite — nie vergehen würden. Sie haben die Gedanken der Menschen wie Sphärenmusik durchzogen. Sie sind mit Ehrfurcht und Hochachtung vernommen worden, doch die ihnen zugrunde liegende unermeßliche Wissenschaft sollte erst in diesem Zeitalter entdeckt werden.
Wahre Prophezeiung trägt den Samen der Erfüllung in sich, der zur festgesetzten Zeit heranreift. Jesaja sagte das Kommen Christi Jesu voraus, was sich ungefähr siebenhundert Jahre später erfüllte. Die Prophezeiung des Meisters dem Apostel Johannes gegenüber, wie sie im 12. Kapitel der Offenbarung aufgezeichnet ist, verhieß das weitere Kommen des unpersönlichen Christus, der Wahrheit, in seiner vollen Bedeutung. Die für diese heilige Begebenheit festgesetzte Zeit erfüllte sich im 19. Jahrhundert, als die Christus-Wissenschaft offenbart wurde.
Jemand mußte der Mittler für diese Erfüllung der Offenbarung sein; jemand, der unter all den Menschen auf der Erde auserwählt würde, und zwar zu einer Zeit, in der die kommenden Jahre die Menschen zwingen würden, die materielle Auffassung vom Universum gegen die geistige Idee von der Schöpfung auszutauschen. Solch ein Bewußtsein würde darauf vorbereitet sein müssen, auf Gott zu lauschen, die Weisheit des Ewigen zu hören und zu verstehen, um fähig zu sein, die Botschaft zu übertragen, so daß alle sie lesen könnten, und dann das Gehörte durch Beweise des christlichen Heilens zu untermauern. Vom Zeitpunkt der Ehrfurcht gebietenden Entdeckung an konnte es kein Zurückwenden, kein Schwanken, keine Entmutigung, kein Zweifeln, kein Umgehen der göttlichen Forderungen, kein Nachlassen in der erforderlichen Selbstdisziplin geben, um den harrenden Pflichten gerecht zu werden. Der Bote konnte nicht einhalten, bis das Ziel des Weges — die Auslieferung der Botschaft an die Menschheit — erreicht war, damit die stets unveränderte Wahrheit von allen Menschen erkannt und gelebt werden würde.
Im Jahre 1866 stand die Frau, die in der ganzen Welt als Mary Baker Eddy bekannt ist, an der Schwelle des Unendlichen und schaute auf das geistige Dasein. Dies wurde nicht als eine ferne Möglichkeit erkannt, sondern als die ewige und einzige Wirklichketi des Seins. Die schöpferische Grundursache wurde als Gemüt, Prinzip, Liebe, Geist erkannt, und alles, was von ihr ausging, hatte an dem göttlichen Wesen und der göttlichen Natur teil. Der Weg, die Weisheit des Lebens durch ein Erforschen der Materie zu finden, konnte nicht länger verfolgt werden. Der Pfad des Verständnisses lag einzig in dem Reich des Geistes. Ein Abschnitt im Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy beschreibt anschaulich ihren Gedanken (S. 209): „Die zusammengesetzten Mineralien oder die gesamten Substanzen, die die Erde bilden, die Beziehungen, in denen die Grundmassen zueinander stehen, die Größen, Entfernungen und Umdrehungen der Himmelskörper sind von keiner wirklichen Bedeutung, wenn wir daran denken, daß sie alle der geistigen Tatsache dadurch Raum geben müssen, daß der Mensch und das Universum in den Geist zurückübertragen werden. In dem Maße, wie dies geschieht, werden der Mensch und das Universum als harmonisch und ewig erfunden werden.“
Diese Worte zeigen, daß Mrs. Eddy geistige Stärke besaß, die ihr Denken über den Bereich der Materie hinaus erhob und es auf die Geistigkeit gerichtet hielt, bis die Aufgabe, die göttliche Wissenschaft zu empfangen, erfüllt worden war. Diese Stärke brachte auch den Körper in Unterwerfung unter das geistige Gesetz, so daß Jahre körperlicher Gebrechlichkeit unantastbarer Gesundheit Raum gaben; ein lebenslanges Vertrauen auf Gott entfaltete sich zu einem greifbaren Erleben heiliger Gegenwart und Macht.
Mit jedem Zeitabschnitt, in dem sich die Wahrheit Mrs. Eddy weiter entfaltete, wurde die scheinbare Welt des Materialismus schwächer und die geistige Schöpfung klarer, bis die absolute Erklärung von der Nichtsheit der Sterblichkeit und der Allheit des göttlichen Seins dargelegt werden konnte. Die Wirksamkeit des Lebens und seiner unendlichen Offenbarwerdung wurde als die göttliche Wissenschaft erkannt. War dies nicht die Erfüllung der Worte Jesu: „Wenn ... der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten“ (Joh. 16:13) ? Denn die Wissenschaft tut beides, sie erklärt und demonstriert die Allmacht des göttlichen Prinzips, Gottes.
Mrs. Eddy wurden die biblischen Prophezeiungen schon frühzeitig nahegebracht; sie wuchs mit ihnen auf. Die Heilige Schrift weckte in ihr die Überzeugung, daß die Zeit gekommen war, da die uralten Worte der ewigen Wahrheit als die gegenwärtigen Tatsachen des Seins besser verstanden werden würden. In ihrer Kindheit war sie durch Gebet von einem schweren Fieber geheilt worden. Auch hörte sie, wie schon Samuel, eine heilige Stimme, die sie rief, und sie antwortete wie er: „Rede, denn dein Knecht hört“ (1. Sam. 3:10). Die nachfolgenden Jahre brachten Schritt für Schritt unverkennbare Beweise für ihre Überzeugung, bis sie sich durch das Aufnehmen des Berichtes von Jesu Heilung des Gichtbrüchigen, wie er im neunten Kapitel des Matthäusevangeliums aufgezeichnet ist, vom Sterbebett erhob. Danach entfaltete sich ihr die endgültige Offenbarung der prophetischen Worte der biblischen Wahrheit als die Wissenschaft des ewigen Lebens.
Die Entfaltung der geistigen Schau demütigt das Menschliche. Die Größe und Herrlichkeit des göttlichen Seins bringt den persönlichen Sinn und den menschlichen Ehrgeiz zum Schweigen. Es läßt für nichts anderes Raum als für den Hunger, mehr von dem Menschen als dem Gleichnis Gottes zu erfahren. Das Menschliche kann das Erscheinen des Göttlichen nicht verhindern, aber es ist umfangen von der gebieterischen Zärtlichkeit des Göttlichen, bis es schließlich auf immer der Wahrheit weicht. Die menschliche Demut muß im Verhältnis zum göttlichen Verständnis stehen. Die Führerin der Christlichen WissenschaftChristian Science; sprich: kr’istjən s’aiəns. ist ein seltenes Beispiel für diese einleuchtende Wahrheit.
Mrs. Eddy erklärt: „In der göttlichen Offenbarung verschwindet die materielle und körperliche Selbstheit, und die geistige Idee wird verstanden.“ Sie fährt fort: „Das Weib in der Apokalypse versinnbildlicht die Gattung Mensch, die geistige Idee Gottes; sie veranschaulicht die Übereinstimmung von Gott und Mensch als dem göttlichen Prinzip und der göttlichen Idee“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 561). Diese Erklärung der figürlichen Redewendung des Apostels Johannes gibt derjenigen, die göttlich erleuchtet war, sie zu gewahren, einen Platz von eindrucksvoller Bedeutung in der prophetischen Geschichte. Sie hatte den Wesenskern dessen berührt, was die heiligen Aussprüche der Apostel, Propheten und des Meistermetaphysikers Christus Jesus geformt hatte. Sie erfaßte den Plan des Prinzips für seine immer fortdauernde Schöpfung. Sie frohlockte über die Schönheit des Menschen als des Gleichnisses Gottes.
Diese große Christin gewahrte die göttliche Ursache nicht so sehr durch die Wirkung; vielmehr gewahrte sie die Ursache, aus der deren Selbstausdruck hervorgeht. Ihre Erkenntnis begann mit dem Primären und schloß so das Sekundäre ganz natürlich ein. Der geistige Faden, aus dem in biblischen Zeiten das unzerstörbare Gewebe prophetischer Weisheit gewoben worden war, wurde in ihre Hände gelegt, damit sie das endgültige Muster der Offenbarung hineinweben konnte.
Der heranreifende Begriff wahrer Weiblichkeit erscheint im letzten Kapitel der Sprüche. Jesaja gewahrte, daß die göttlich vorgesehene Bestimmung der Weiblichkeit erlangt werden würde, und er zeichnet dies im 54. Kapitel seines biblischen Berichtes auf. Später gewahrte der Apostel Johannes die geistige Idee der Weiblichkeit, die das Verständnis von Gott hervorbringt, das alle Menschen mit der Allmacht regieren sollte. Diese Reihenfolge hat sich weiter entfaltet bis zum Erscheinen der Christlichen Wissenschaft durch Mrs. Eddys Widerspiegelung der Wahrheit. Heutzutage loben sie ihre Werke der Offenbarung und der Begründung des christlichen Heilens durch eine weltweite religiöse Bewegung in den Toren vieler Nationen.
Damit die Menschen ihre Botschaft nicht lediglich auf persönlichen, religiösen Eifer zurückführten, ließ Mrs. Eddy die Welt wissen, daß sie unter einem höheren Befehl schrieb, und sie fügte hinzu: „Und wer kann sich zurückhalten, das wiederzugeben, was Gott eingibt? Und muß er nicht den Kelch nehmen, ihn zur Neige leeren und danksagen?“ (Vermischte Schriften, S. 311.) Was Gott eingab, konnte nur die weitere Erfüllung Seines Wortes an die biblischen Seher sein, denn Gott ist unwandelbare Wahrheit.
Es hat Propheten gegeben, die Hirten, und solche, die Könige waren: solche, die Führer von Nationen, und solche, die Wanderer in der Wüste waren: inspirierte Männer und Frauen. Ein solch einzigartiges Vorrecht hat mit den Menschen des Altertums nicht sein Ende genommen. Es besteht noch heute und wurde von Mrs. Eddy unter göttlicher Leitung ausgeübt, damit die Menschheit den endgültigen Fortschritt vom Sinn zur Seele machen könne. Durch ihre heilige Aufgabe rückt die Herrlichkeit Gottes näher, und ihre Erlösung der Menschen von jeder scheinbaren Form des Bösen geht weiter durch wissenschaftliches geistiges Heilen auf die Weise, die der Meister lehrte. Die anerzogenen Annahmen von Sünde und Krankheit verlieren ihren Halt, und die Pforten des Todes, auf Angeln der Unwissenheit und Furcht schwingend, können nicht immerdar zuschlagen, sondern sie brechen unter dem Druck der Erkenntnis von der Macht der Auferstehung zusammen.
Der Pfad, der zur Erfüllung der Prophezeiungen führt, ist rauh, denn er windet sich durch die ererbten und eingewurzelten menschlichen Annahmen, berührt dabei die Bereiche des Aberglaubens und Erziehung und führt immer über diese hinaus in den Bereich der Offenbarung. Das Erscheinen der Botschaft der Christlichen Wissenschaft, der Gesetze der allumfassenden Liebe, in der Welt brachte Widerstand von seiten der Religion, Medizin und Philosophie mit sich. Falsche Darstellungen, Kritik und Spott machten den Weg noch beschwerlicher für diese einsame Frau. Doch das Wunder ihrer irdischen Pilgerfahrt gab ihren Füßen Kraft und erfüllte ihr Denken mit strahlendem Licht. Jedes Hindernis wurde überwunden. Sie ließ sich nicht aufhalten durch Leiden, Armut oder die Versuche, ihr und ihrer Arbeit Schaden zuzufügen, sondern sie fuhr beharrlich fort unter dem Schutz der göttlichen Fürsorge, bis ihre Mission vollendet war und die Welt den Einfluß ihrer Lebensaufgabe spürte.
Hundert Jahre sind seit dem verheißenen Kommen „des Geistes der Wahrheit“ vergangen. Während dieses Zeitabschnittes sind die Menschen zu der Erkenntnis erweckt worden, daß das Wort Gottes keine Anhängsel von Talar, Zeremonie oder Ritual benötigt, um der Menschheit anempfohlen zu werden. Es trägt in sich selbst die zwingende Lebenskraft der ehrfurchtgebietenden Wahrheit, durch die es segnet und heilt. Die Christliche Wissenschaft befreit den Begriff der Religion von unwesentlichen menschlichen Dingen und beseelt ihn mit dem ureigentlichen Wesen der Gottheit. Sie hat den, der den Kosmos studiert, veranlaßt, sich von der Physik der Metaphysik zuzuwenden, den Leidenden, sich von Arzneimitteln dem Gebet zuzuwenden, und den Übeltäter, sich vom Verbrechen ab-und der Liebe, die göttliches Prinzip ist, zuzuwenden. Wer vermag die künftige Herrlichkeit dieser unaufhaltsamen Flut zu ermessen!
Während Gottes Wort den Menschen die Unsterblichkeit weiter entfaltet, wird es ihnen das Ausmaß dessen zeigen, was Mrs. Eddy vollbracht hat. Es wird die ganze Herrlichkeit des Lebens des Meisters enthüllen und die Wolken des materiellen Sinnes für immer vertreiben. Die geistige Übertragung der Heiligen Schrift, wie sie in der Christlichen Wissenschaft gegeben ist, wird den erdgebundenen Daseinsbegriff in die Erfahrung umwandeln, daß der Mensch der Sohn Gottes ist.
Durch ihre inspirierte Erleuchtung warf Mrs. Eddy neues Licht auf das Zeugnis Christi Jesu und der Propheten, und sie nimmt so ihren geachteten Platz in der vordersten Reihe der Seher aller Zeiten ein. Ihr Werk hat eine neue Epoche im Verständnis und in der Ausübung des Wortes Gottes geformt. Die Enthüllung des Apostels Johannes über die heiligen Ereignisse, die alle Nationen in der göttlichen Ordnung umfangen würden, erfüllt sich jetzt durch die Christliche Wissenschaft. Neunzehn Jahrhunderte brechen auf. Die Menschheit erwacht.
Als sich Mrs. Eddy das „War und Ist und Sein-Wird“ der Prophezeiung und Erfüllung offenbarten, veranschaulichten sie nicht so sehr einen Zeitablauf als vielmehr das Panorama der Ewigkeit. Über dieses allumfassende Licht sagt sie (Vermischte Schriften, S. 373): „Die Christliche Wissenschaft ist mehr als ein Prophet oder eine Prophezeiung; sie lebt nicht nur durch Worte allein, sondern durch Taten — durch täglich erbrachte Beweise von Wahrheit und Liebe.“ Hier sehen wir einen Teil der Herrlichkeit ihres Beitrags zum Christentum, ihrer Darstellung der Übereinstimmung der göttlichen Verheißung und Erfüllung. Wenn die Offenbarwerdung nicht ewiglich bestünde, wäre die Botschaft nicht wahr. Während die Menschheit die unendliche Wirklichkeit schrittweise akzeptiert, verschmelzen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in das ewige Jetzt, das Predigen wird durch die Praxis bestätigt, die Hoffnung erreicht ihr Ziel, und der Glaube entfaltet sich zu wissenschaftlichem, geistigem Verständnis. Prophezeiung und Erfüllung scheinen nicht länger durch die Zeit voneinander getrennt zu sein, sondern sie sind durch die göttliche Wissenschaft vereinigt. „Denn so er spricht, so geschieht's; so er gebeut, so stehet's da“ (Ps. 33:9).
