Der Druck menschlichen Ehrgeizes erregt in den Menschen manchmal ein übermäßig heftiges Verlangen, die Lebensleiter hinaufzusteigen, nicht nur, um die mannigfachen Vorteile zu erlangen, die die Anerkennung ihrer Arbeit begleiten, sondern auch um ihren Begriff vom Ich zu befriedigen. Wie bei allen Dingen liegt auch beim Streben nach Wachstum und Fortschritt der Unterschied im Beweggrund. Das grundlegende Motiv für jede richtige menschliche Bemühung ist das geistige Verlangen, von Nutzen zu sein, und dies allein kann die Inspiration zu allen Anstrengungen sein, wahren Fortschritt zu erlangen.
Wenn man nicht wachsam ist, kann der Ehrgeiz vorwärtszukommen, zu einem mesmerischen, selbstsüchtigen Drang werden, zu einer Sucht nach Beförderung um der Beförderung willen, nicht nur um die größeren finanziellen Vorteile eines höheren Postens zu genießen, sondern auch um das Gefühl erhöhter Autorität und Macht zu haben, sowie den dem eigenen Ich schmeichelnden, imponierenden weltlichen Stand zu erreichen, der damit verbunden ist.
Dieser Drang des fleischlichen Gemüts kann niemals völlig befriedigt werden; es nährt sich von seinen eigenen Erfolgen, seien sie auch noch so gering, und wird mit jedem Erfolg gieriger. Diejenigen, die seinem Drängen nachgeben, sollten sich Mrs. Eddys Warnung in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (S. 248) recht zu Herzen nehmen: „Ihr könnt Euch nur emporschwingen, wenn Ihr von Gottes Macht emporgehoben werdet, oder Ihr fallt, weil Euch der göttliche Auftrieb fehlt.“ Der Ehrgeiz, in den Augen der Welt als großer Mann zu gelten, ist ein sterblich mentales Suchen nach dem, was nur eine Fälschung von dem wahren Stand des Menschen ist, weil es der Substanz des Guten ermangelt.
Die Christliche Wissenschaft enthüllt, daß jeder Fortschritt in seinem eigentlichen Sinn geistig ist, daß seine Belohnungen die natürlichen Wiedereinkünfte der ausströmenden Tätigkeiten eines vergeistigten Lebens sind und daher allein von Gott verliehen werden. Diese Wahrheiten zeigen, daß das Streben nach rein materiellem Lohn ein sich selbst betrügendes und betrogenes Wesen hat und daß die Begierde nach menschlicher Anerkennung falsch ist. Sie zeigen auch, daß alle egoistischen, eigenwilligen Anstrengungen absolut unfähig sind, echten Fortschritt und bleibende Befriedigung zu erlangen oder die Achtung und Liebe unserer Mitmenschen zu erringen.
Eine weltliche Position mit all ihrer Macht und ihrem Einfluß ist allein noch keine Größe. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß wahre Größe nicht aus irgend etwas Materiellem besteht, aus etwas, was das sterbliche menschliche Gemüt als wichtig ansieht; sie ist ganz und gar geistig und wird nicht mit irgendwelchen materiellen Maßstäben gemessen, sondern durch das, was sie in praktischer Weise an Güte und Intelligenz der göttlichen Liebe zum Ausdruck bringt, durch das Maß an Erleuchtung, Heilung und Trost, die sie anderen bringt.
Geistiges Vorwärtsschreiten allein ruft wahre Größe hervor, denn sie ist nicht eine Sache weltlicher Stellung oder Macht, sondern des Charakters. Sie findet ihre Erfüllung in einem Leben von solch selbstlosem, intelligentem und hingebungsvollem Dienst an den Mitmenschen, wie dies nur durch eine geistige Gesinnung möglich ist. Sie wird nicht in einem Augenblick errungen, noch entwickelt sie sich ohne Hingabe an Wahrheit und Liebe über viele Jahre hinweg. Unsere Führerin sagte (Vermischte Schriften, S. 340): „Das Leben großer Männer und Frauen ist ein Wunder an Geduld und Ausdauer. Jede Leuchte im Sternenkranz menschlicher Größe kommt wie die Sterne aus der Dunkelheit hervor, um mit dem widergespiegelten Licht Gottes zu glänzen.“
Größe bekundet sich in der Liebe, der Ruhe und der geistigen Intelligenz, die das wissenschaftliche Verständnis von dem Christus, der Wahrheit, dem menschlichen Bewußtsein bringt, sowie in einem Leben ständiger menschlicher Hilfsbereitschaft, das vom Christus inspiriert ist. Wahre Größe verfehlt niemals, eine Gelegenheit zu erkennen, etwas für andere zu tun, und ihr mangelt es niemals an der rechten Art und Weise, es auszuführen. Und sie verfehlt selten, mit der ihr eigenen Schönheit und Würde zu inspirieren und das Beste in denen wachzurufen, die sich zu ihr hingezogen fühlen.
Es liegt nicht innerhalb der Fähigkeit der Menschen, Größe zu verleihen; sie kommt von Gott zu denen, die selbst darauf vorbereitet sind, sie anzuerkennen. Als die Mutter der Kinder des Zebedäus Christus Jesus bat, ihre Söhne dadurch auszuzeichnen, daß er sie zu seinen beiden Seiten niedersitzen ließe, wandte sich der Meister nach ihnen um und fragte sie, ob sie glaubten, die Mühsal und die Verfolgungen ertragen zu können, die, wie er wußte, jedem seiner Nachfolger zuteil werden würden. Nachdem sie die Frage bejaht hatten, sagte er zu ihnen (Matth. 20:23): „Meinen Kelch sollt ihr zwar trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben, steht mir nicht zu, sondern denen es bereitet ist von meinem Vater.“
Menschliche Autorität, wie weitgehend oder scheinbar endgültig sie auch sein mag, ist für sich allein weit davon entfernt, ein Zeichen von Größe zu sein. Wenn Macht fälschlicherweise für Größe gehalten wird, wird sie gedankenlos angewandt werden. Diese falsche Auffassung von Größe führt dann leicht dazu, die geistige Entwicklung des einzelnen zu hemmen, da sie seinen Egoismus nährt, den fleischlichen Instinkt zur Selbstverherrlichung ermutigt und seine Willigkeit, auf die Führung des göttlichen Gemüts zu lauschen, verkümmern läßt. Solche eingebildete Größe mag dem menschlichen Sinn als Großsein erscheinen, aber in Wahrheit ist sie Kleinheit.
Nur geistige Motive tragen dazu bei, die kostbare Eigenschaft wahrer Größe zu entfalten, und sie tun das nicht durch materielle, sondern allein durch geistige Verfahren, die dazu führen, daß wir die christusgleiche Natur in fortschreitendem Maße als unsere eigene demonstrieren.
Für diese Tatsache gibt es kein geeigneteres Beispiel als den Charakter der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mrs. Eddy. Ihr Lebenswerk veranschaulicht, wie ihr reiner, geistiger Beweggrund dazu beitrug, die geistigen Mittel und Methoden zu entfalten, die ihrem hohen Vorhaben gedient und es in den vergangenen hundert Jahren so erfolgreich geschützt haben. Ihre völlige Hingabe an die große Sache, für die sie sich einsetzte und die der Menschheit die Möglichkeit für die Erlösung von dem ganzen Alpdruck des Bösen eröffnet hat, trieb sie dazu an, Höhen geistiger Größe zu erreichen, die seit den Tagen Christi Jesu ohne Parallele geblieben sind.
Der Meister-Christ war das Vorbild für unsere große Führerin; seine Gesetze waren die Regeln ihres Lebens; diesen Christus-Standard zu lieben und anzunehmen ist ihr ständiger Rat an ihre Nachfolger. Ihre Lehren führen uns die Wahrheit vor Augen, die in dem Beispiel ihres eigenen Lebens so reichlich bewiesen wurde, daß es weder Gesundheit, Fortschritt noch wahre Größe gibt ohne die freudige Unterwerfung des Denkens, des Charakters und des Vorhabens unter die göttlichen Weisungen des Wegweisers Christus Jesus. Mit vollem Recht konnte Mrs. Eddy feststellen (Vermischte Schriften, S. 270): „Treue gegen seine Lehren und sein Heilverfahren erwirkt allein den Zugang zu seiner Macht; der Pfad der Güte und Größe wird auf die Art und Weise beschritten, die Gott bestimmt.“
