Die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mary Baker Eddy, sprach direkt und eindrucksvoll über die Naturwissenschaften. Die Bedeutung ihrer Entdeckung muß auf diesen Gebieten des menschlichen Studiums und Forschens erst noch erkannt werden, aber schon jetzt gibt es viele Anzeichen dafür, wie genau ihre Voraussagen über das Wachstum dieser Wissenschaften waren. Mit welcher Klarsicht sie deren Begrenzungen darlegte, ist gleichfalls in dem Maße augenscheinlicher geworden, wie deren Methodenlehre sich entwickelt hat und besser verstanden worden ist. Während einiges, was mit den Lehren der Christlichen Wissenschaft verknüpft ist, bereits seinen Weg in die Entwicklung der Naturwissenschaften gefunden hat, werden zukünftige Entwicklungen wahrscheinlich deren Einfluß noch mehr zu spüren bekommen.
Die Wahrheit, die die Christliche Wissenschaft der Welt dargeboten hat, steht im Begriff, das Denken der Sterblichen zu durchdringen. Die Naturwissenschaften gehören zu den einflußreichsten und erfolgreichsten Gedankenrichtungen, aber auch sie werden durch die Tatsachen beeinflußt, die durch Mrs. Eddy ans Licht gebracht worden sind. In den hundert Jahren seit der Entdeckung der Christlichen Wissenschaft sind in den Naturwissenschaften außerordentliche Veränderungen vor sich gegangen. Sie haben sich von geringer Aktivität, die sich nur auf wenige Menschen beschränkte und auf die menschliche Gesellschaft nur schwache Auswirkungen hatte, zu einer Stellung von größter Bedeutung im Leben der Menschen entwickelt.
Als Mrs. Eddy das Wort „Wissenschaft“ wählte, um ihre Entdeckung zu benennen, hob sie diese Bezeichnung eindeutig in eine neue Bedeutungssphäre. Sie machte eine scharfe Trennung zwischen der Wissenschaft des Christentums und dem, was sie „die herkömmlichen wissenschaftlichen Schulen“ nannte, als sie in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ schrieb: „Weil die Wissenschaft des Gemüts die herkömmlichen wissenschaftlichen Schulen, die sich nur mit materiellen Beobachtungen abmühen, in Unehre zu bringen scheint, ist sie auf Widerstand gestoßen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 483; Und doch stimmen einige Merkmale der Naturwissenschaften mit denen der Christlichen Wissenschaft überein, so zum Beispiel die Bedeutung, die angesammeltem Beweismaterial oder der Demonstration zukommt anstelle von bloßen Meinungen; die Anwendung logischen Folgerns und die Notwendigkeit, etwas zu verstehen, anstatt es nur anzunehmen. Die Verwendung des Wortes „Wissenschaft“ mag sehr wohl darauf hindeuten, daß die Naturwissenschaften als Zweig des menschlichen Wissens eine bedeutende Rolle bei der Hebung des menschlichen Daseins spielen.
Mrs. Eddy läßt keinen Zweifel darüber bestehen, daß die Naturwissenschaften nicht zum Verständnis der Tatsachen des Seins führen werden. Sie weist eindeutig darauf hin, daß sich diese Wissenschaften auf das Zeugnis der physischen Sinne gründen, das sich mit neuen experimentellen Beobachtungen wandelt. Jesus von Nazareth dagegen bediente sich nicht des Zeugnisses der physischen Sinne, um sich zur Wahrheit leiten zu lassen, sondern wandte sich vielmehr an seinen Vater, Gott. Als man ihn befragte, betonte er: „Ich. .. nehme nicht Zeugnis von einem Menschen.“ Joh. 5:34; In demselben Kapitel erklärt er auch: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun, sondern nur was er sieht den Vater tun.“ V. 19; Er gründete also sein Denken und Handeln auf Gott, den Mrs. Eddy als Prinzip definiert hat, eine Bezeichnung, die auf Sein feststehendes und ewig fortdauerndes Wesen hindeutet. Sie sagt jedoch auch: „Die menschlichen Gedanken haben ihre Steigerungsgrade. Manche Gedanken sind besser als andere.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 297; Viele der Gedanken, die die Entwicklungen der Naturwissenschaften charakterisieren, passen in die letztgenannte Gruppe — sind besser als ihre Vorgänger. In dem Verhältnis, wie diese Gedanken zu nützlichen Entwicklungen geführt haben, die dazu beitrugen, die Menschen von den Begrenzungen zu befreien, die ihnen das sterbliche Gemüt auferlegt, tun sie die Segnungen dar, die zunehmendes Wissen und die Beseitigung der Unwissenheit in das menschliche Leben bringen kann.
Die Untersuchung einiger spezieller Gebiete, auf denen die Naturwissenschaften im letzten Jahrhundert Fortschritte gemacht haben, mag diesen Punkt veranschaulichen. Es ist klar, daß diese Zeitspanne Großes hervorgebracht hat und daß die Naturwissenschaften die Menschen während dieser Zeit zunehmend von physischen Begrenzungen frei gemacht haben. Diese Fortschritte haben die physischen Fähigkeiten der Menschen auf verschiedene Weise erweitert: die Entwicklung des optischen Mikroskops sowie des Elektronenmikroskops hat die menschliche Fähigkeit erweitert, in den Mikrokosmos einzudringen; die Entwicklung des Spiegelteleskops sowie des Radioteleskops hat die Menschen befähigt, weiter als je zuvor in das physische All hineinzublicken; die Entwicklung neuer Antriebssysteme hat die Fähigkeit der Menschen erhöht, große Entfernungen mit hohen Geschwindigkeiten zurückzulegen; die erhöhte Fähigkeit, sich elektromagnetische Phänomene nutzbar zu machen, hat den Menschen in die Lage versetzt, mit allen Teilen der Erde in Verbindung zu treten; die Entwicklung von Rechenautomaten oder Computern hat die Menschen befähigt, zahlenmäßiges und nichtzahlenmäßiges Material mit außerordentlich erhöhter Geschwindigkeit zu verarbeiten. Dieser Fortschritt ist das Ergebnis der Fähigkeit, etwas von der Unwissenheit, die so lange die Möglichkeiten der Menschheit begrenzt hat, durch bessere Gedanken zu ersetzen.
Mrs. Eddy schildert diesen Vorgang wie folgt: „Wenn auch die Augen eine Woche lang die Sonne nicht sehen, so glauben wir dennoch, daß Sonnenlicht und Wärme vorhanden sind. Die Wissenschaft (in diesem Fall Naturwissenschaft genannt) erhebt den menschlichen Gedanken über die unreiferen Theorien des menschlichen Gemüts und treibt eine Furcht aus.“ S. 189; Der gegenwärtige Abschnitt der menschlichen Geschichte ist dadurch gekennzeichnet, daß viele der unreiferen Theorien der Naturwissenschaften verworfen werden, wie zum Beispiel die Auffassung, daß das Universum ein riesiger Mechanismus sei, der durch mechanische Kräfte gesteuert wird, und die Auffassung, daß die Materie aus harten Bestandteilen zusammengesetzt sei. In beiden Fällen bedurfte es immer abstrakterer Anschauungen, um physische Phänomene richtiger zu beschreiben und unkorrekte Schlußfolgerungen auszuschalten. Mit diesen klareren Anschauungen hat sich die Fähigkeit erhöht, diese Phänomene in den Dienst der Menschheit zu stellen. Der daraus folgende materielle Nutzen deutet auf die geistigen Segnungen hin, die ein erhöhtes geistiges Verständnis mit sich bringen wird, das nicht nur einige menschliche Bedürfnisse stillen, sondern den Nöten der ganzen Menschheit abhelfen wird.
Mrs. Eddys Untersuchung der Methodenlehre der Naturwissenschaften hat deren Grenzen aufgedeckt. Da die Naturwissenschaften von dem Zeugnis der physischen Sinne abhängig sind, können sie selbstverständlich nicht zu einem Verständnis von dem geistigen Universum oder geistigen Menschen führen. Die Naturwissenschaftler vertiefen sich so in den Aufbau, die Merkmale und das Verhalten der Materie, daß sie nicht zu jener Vergeistigung des Denkens gelangen, die sie zu den geistigen Tatsachen oder auch nur zu der Erkenntnis des wahren Wesens der Materie und des physischen Universums führt. Mrs. Eddy schreibt warnend: „Die Materie kann die Sterblichen mit dem wahren Ursprung und den wahren Tatsachen des Seins, in denen alles enden muß, nicht in Verbindung bringen.“ S. 491; Hiermit hat sie die äußerste Grenze dessen beschrieben, was die Naturwissenschaften erreichen können, das heißt, sie können nützliche Erfindungen machen, werden aber nicht zu den endgültigen Tatsachen führen, die dem wahren Sein zugrunde liegen.
Obwohl nichts darauf hinweist, daß viele Naturwissenschaftler die Grenzen ihrer Wissenschaften mit solcher Klarheit erkannt haben, so ist es doch zweifellos wahr, daß immer weniger von ihnen heute das Gefühl haben, daß ihre Methoden auf alle Gebiete der menschlichen Gelehrsamkeit anwendbar sind. Es ist klar geworden, daß ein wesentliches Merkmal der Naturwissenschaften in ihrer Nutzbarmachung quantitativer Messung und mathematischer Schlußfolgerung liegt. Ethische und ästhetische Werte lassen sich zum Beispiel nicht durch solch eine eingehende quantitative Messung erfassen und liegen daher außerhalb des Bereichs der Naturwissenschaften.
In ihrer Analyse der endgültigen Natur der Materie und des physischen Universums geht Mrs. Eddy weit über das gegenwärtige Verständnis des Naturwissenschaftlers hinaus. Ihre Erklärung: „Das physische Weltall bringt die bewußten und unbewußten Gedanken der Sterblichen zum Ausdruck“ S. 484 ; wird von den gegenwärtigen Theorien der Physik oder Astronomie nicht erreicht. Aber diese Erklärung wirft Licht auf einige der Mutmaßungen hervorragender Naturwissenschaftler. Albert Einstein schreibt in seiner Abhandlung „Physik und Wirklichkeit“: „Das ewige Geheimnis der Welt ist ihre Begreifbarkeit.“ Für den Naturwissenschaftler ist es nicht klar, daß es irgendeine Beziehung zwischen dem menschlichen Gemüt und dem physischen Universum gibt. Wenn man sie nicht voraussetzt, gibt es a priori keinen Grund zu der Annahme, daß das physische Universum für das menschliche Gemüt begreifbar ist. Aber Mrs. Eddys Darlegung, daß dieses Universum das sterbliche Denken ausdrückt, führt direkt zu dem Grund, warum es für das menschliche Denken begreifbar ist, und zu einer Erklärung von Einsteins „ewigen Geheimnis“.
In einer anderen Erklärung, die zu denken gibt, schreibt Mrs. Eddy in bezug auf die physische Wissenschaft: „Wenn die Organisationen fehlen, auf die sich diese menschliche Annahme stützt, dann sind ihre Grundlagen dahin.“ S. 124. Für die meisten Naturwissenschaftler ist die Naturwissenschaft eine Beschreibung externer Dinge, die unabhängig von menschlichen Beobachtern oder irgendeiner anderen Form subjektiven Augenscheins einen objektiven Status haben. Daher ist es interessant festzustellen, daß der hochgeachtete Physiker und naturwissenschaftliche Philosoph Henry Margenau von der Yale-Universität Mrs. Eddys Erklärung nahekommt. Er schreibt in bezug auf physische Tatsachen: „Tatsächlich finden sie eine Stütze in einem veränderlichen Medium, Theorie oder theoretische Interpretation genannt, einem Medium, das sie davor bewahrt, in Bedeutungslosigkeit zu versinken.“
Solche Erklärungen weisen auf fortschrittliches Denken in den Naturwissenschaften hin, aber sie zeigen zugleich, daß die führenden Denker noch viel zu lernen haben, ehe sie zu den Schlußfolgerungen über die Naturwissenschaften gelangen werden, zu denen Mrs. Eddy durch ihr Verständnis der Wissenschaft des Seins gekommen war. Es sollte jedoch nicht die Tatsache übersehen werden, daß die Erklärungen Mrs. Eddys, die das Wesen des physischen Universums und der physischen Wissenschaft definieren, in das menschliche Denken Einlaß gefunden haben und es zu durchdringen beginnen. Daß sie jetzt noch nicht voll angenommen werden, nimmt ihnen in keiner Weise etwas von ihrer Bedutung und Wichtigkeit. Ihr voller Einfluß auf das sterbliche Denken muß jedoch noch fühlbar werden.
Ein höchst bedeutsamer Beitrag zur künftigen Entwicklung der Naturwissenschaften wurde von Mrs. Eddy geleistet, indem sie dazu beitrug, die Menschheit von der selbstauferlegten Begrenzung zu befreien, die sich daraus ergibt, daß das menschliche Gemüt als die Quelle der Intelligenz und als das Mittel angesehen wird, von dem der künftige Fortschritt abhängt. Die Christliche Wissenschaft befreit uns von solchen falschen Vorstellungen, und das sollte diejenigen, die das geistige Verständnis haben, in die Lage versetzen, ihre Fähigkeiten über das hinaus zu erweitern, was gegenwärtig demonstriert wird. Wenn das Verständnis von der Christlichen Wissenschaft im menschlichen Denken zunimmt, kann sein Einfluß nur der Förderung der Fähigkeit aller Menschen dienen, in wachsendem Maße ihre Möglichkeiten in bezug auf Klarheit des Denkens und erhöhte Lernfähigkeit zu demonstrieren. Die Naturwissenschaften haben sich in der Geschichte durch die Beiträge einer verhältnismäßig geringen Zahl großer Männer entwickelt. Die Christliche Wissenschaft sollte bewirken, daß sich die Zahl und die Fähigkeiten solcher Menschen erhöht.
In dem Verhältnis, wie das Denken der Menschheit mehr und mehr vom geistigen Sinn durchdrungen wird, der die Fähigkeit des Menschen ist, bleibende Wirklichkeiten zu erkennen, werden die Tatsachen über das geistige Universum besser verstanden werden. Die Ordnung, die es kennzeichnet, wird für das menschliche Denken immer offensichtlicher werden, und die Disharmonien des menschlichen Denkes werden verringert oder beseitigt werden. Während sich das menschliche Denken in dieser Weise zu einem geordneteren Zustand entwickelt, sollte auch das physische Universum, das es ausdrückt, zunehmend Ordnung zeigen und somit für den Naturwissenschaftler, der es studiert, leichter begreifbar werden.
In „Wissenschaft und Gesundheit“ untersucht Mrs. Eddy in dem Kapitel betitelt „Genesis“ vom metaphysischen Standpunkt aus einige der Theorien der Naturwissenschaften, die zu jener Zeit vorherrschten. Sie veranschaulicht, wie es mit Hilfe der Christlichen Wissenschaft möglich ist, zwischen den verschiedenen Theorien zu unterscheiden, die die Naturwissenschaftler in ihrem Bemühen, physische Phänomene zu verstehen, aufgestellt haben, und die am wenigsten irrigen auszuwählen. Tatsächlich benutzt sie die geistigen Tatsachen des Seins, um die anfechtbareren Theorien auszuschalten und jene Theorien herauszufinden, die mehr mit der Wissenschaft des Seins übereinstimmen.
In ähnlicher Weise sollte der Metaphysiker von heute die Fähigkeit entwickeln, die gegenwärtigen Theorien der Naturwissenschaften mit dem Scharfblick zu prüfen, der für den geistigen Sinn charakteristisch ist. Mit diesem Scharfblick sollte er dazu beitragen, jene Theorien in die Richtung wachsender Gültigkeit und Nützlichkeit im menschlichen Bereich zu lenken. In dem Maße, wie die Nachfolger unserer Führerin die nötige geistige Größe entwickeln, werden sie Mrs. Eddys Einfluß auf die Naturwissenschaften zum Segen der ganzen Menschheit stärken.
