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Herrschaft, nicht Raubbau

Aus der April 1974-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die jüdisch-christliche Lehre von der gottgegebenen Herrschaft des Menschen über die Natur wird zu einem großen Teil für den Mißbrauch der Natur verantwortlich gemacht, der die gegenwärtige Umweltkrise herbeigeführt hat.

Die Bibel sagt es deutlich: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.“

Und ferner: „Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ 1. Mose 1:26, 28;

„Herrschet“. „Machet untertan“. Das ist eine kühne Sprache. Als Folge davon, so lautet der Vorwurf, habe eine auf den Menschen ausgerichtete, vom Menschen beherrschte Philosophie zur Schändung der Natur und zu einem in der Tat unbeschränkten oder unkontrollierten Bevölkerungswachstum geführt. An diesem Vorwurf ist etwas Wahres. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, daß ein ähnlicher Mißbrauch der Natur ohne weiteres auch in den Gesellschaftsordnungen zu finden ist, wo die Anbetung der Natur in verschiedenen Formen des Pantheismus vorherrscht.

Was bedeutet überhaupt Herrschaft? Sie ist schrecklich mißverstanden worden. Zu oft haben die Menschen angenommen, sie gebe das Recht zum Raubbau. Sie haben sich eine arrogante, aggressive, gierige, selbstsüchtige, auf den Menschen ausgerichtete Rolle angemaßt.

Das ist nicht Herrschaft. Der Mensch ist nicht Gott. Herrschaft ist Gehorsam gegen Gottes Gesetz. Der Mensch ist nicht der Materie untertan; er untersteht ganz und gar der göttlichen Macht. Mary Baker Eddy drückt es in Wissenschaft und Gesundheit folgendermaßen aus: „Der Mensch ist nicht dazu geschaffen, den Acker zu bebauen. Herrschaft ist sein Geburtsrecht, nicht Unterwerfung. Er ist Herr über die Annahme von Erde und Himmel — allein seinem Schöpfer untertan.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 517;

Christus Jesus faßte die Pflicht des Menschen in den beiden großen Geboten zusammen, Gott zu lieben und seinen Nächsten zu lieben.

Gott zu lieben bedeutet, Gott zu gehorchen. Gott ist Gemüt. Und die in dem physischen Weltall erkennbare Ordnung symbolisiert und veranschaulicht die Eigenschaften des Gemüts. Es ist ein sehr sorgfältig ausgedachter Platz. Der Astronom, der die Gesetze des physischen Weltalls versteht, indem er sich der Intelligenz bedient, einer Eigenschaft des Gemüts, kann Ihnen sagen, wo ein Stern nach einer Million Jahren sein wird oder wo er vor einer Million Jahren war. Ebenso kann der Genetiker, der die Spiralstruktur des physischen Lebens erforscht, eine komplexe Ordnung nachweisen.

Dieses gewaltige und dynamische Urbild wird oft als das Gleichgewicht in der Natur bezeichnet. Mrs. Eddy stellt seine wahre Quelle mit folgenden Worten fest: „Adhäsion, Kohäsion und Anziehungskraft sind Eigenschaften des Gemüts. Sie gehören dem göttlichen Prinzip an und halten das Gleichgewicht jener Gedankenkraft aufrecht, die die Erde in ihre Bahn hinaussandte und zu der stolzen Woge sagte: ‚Bis hierher... und nicht weiter.‘ “ ebd., S. 124;

Der Gehorsam der Menschheit gegen die Ordnung des Gemüts bedeutet ebensowenig Abhängigkeit vom physischen Universum wie Unterwerfung desselben. Geistig verstanden, bringt Herrschaft die fortschreitende Entfaltung nützlicher Gedanken und Begriffe mit sich. Die Natur zu achten verlangt keine ängstliche Hände-weg-Haltung. Jahrtausendelang haben die Menschen auf zahllose Weise Herrschaft bekundet. Sie erfanden das Rad. Sie entdeckten das Feuer. Geistige Ideen — Intelligenz, Ordnung, geistige Macht —, die schon immer im göttlichen Gemüt existiert haben, dämmerten im menschlichen Gemüt auf und bekundeten sich in Form von zunehmender menschlicher Leistung.

Diese Zunahme hat in unserer Zeit und in den ein oder zwei Jahrhunderten vor uns einen gewaltigen Sprung gemacht. In vieler Hinsicht hat sich das Verhältnis der Menschen zur Natur vom, sagen wir, Beginn der christlichen Zeitrechnung bis zum 19. Jahrhundert sehr wenig geändert.

Dann begannen die Dinge sich schnell zu entwickeln, und die geistige Quelle des Fortschritts geriet zu oft in Vergessenheit. Dampf, Elektrizität, Verbrennungsmotoren, Kernenergie vervielfältigten auf phantastische Weise das Ausmaß und die Verfügbarkeit physischer Kraft. Die Bevölkerung nahm genauso schnell zu. Die Anforderungen der Sterblichen an ihre physische Umwelt stiegen in der industrialisierten Gesellschaft um das Fünfzigfache. Die Industrie brachte die Umweltverschmutzung mit sich. Versuche, die Geißeln der Menschheit zu überwinden oder die Produktivität zu erhöhen, führten zu Insektenvertilgungs-, Schädlingsbekämpfungsund Düngemitteln, deren Nebenwirkungen noch nicht völlig erkannt sind.

Wie stark der Druck ist, den die Menschen auf die physische Umwelt ausüben, ist erst etwa in den letzten zehn Jahren voll in Erscheinung getreten. Jetzt aber wird die Frage laut, ob nicht sogar der Fortbestand des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesellschaft, wie wir sie kennen, auf dem Spiele stehe. Wir müssen uns daher in stärkerem Maße bewußt werden, daß Gott Leben ist, unberührt und ungetrübt von dem unwissenden und gierigen Mißbrauch der Materie. Mit Mrs. Eddys Worten: „Die verwelkende Blume, die verkümmerte Knospe, die knorrige Eiche, das reißende Tier — ebenso wie die Disharmonien von Krankheit, Sünde und Tod — sind unnatürlich. Sie sind die Unwahrheiten des Sinnes, die wechselnden Abweichungen des sterblichen Gemüts; sie sind nicht die ewigen Wirklichkeiten des Gemüts.“ ebd., S. 78.

Wie dringend notwendig es ist, die Gesetze des Gemüts zu befolgen — das Gleichgewicht in der Natur zu achten und die Tatsache geistig zu verstehen, daß Leben Gott ist und daß es die Phänomene der Natur zum Guten lenkt —, wird klar ersichtlich. Ein solcher Gehorsam beruht im wesentlichen auf der Liebe zu jedem Mitmenschen.

Der Mißbrauch der Umwelt entspringt den verunreinigenden Elementen im menschlichen Gemüt. Unwissenheit ist eins der übelsten. Gier und Selbstsucht haben schädliche Verschmutzung zur Folge. Selbstgerechtigkeit, die uns blind macht gegen das, was wir unseren Mitmenschen antun, ist weit verbreitet. Materialismus, Sinnlichkeit, Zügellosigkeit, falscher Luxus und falsche Götter sind alle Teil einer die Umwelt verschmutzenden Gesellschaft. Sie sind Elemente dieser Welt, zu deren Überwindung wir ermächtigt sind.

In dem Kampf gegen den Mißbrauch der Umwelt müssen wir daher mit Gemüt beginnen. Durch Intelligenz können wir herausfinden, welche menschlichen Handlungen und Verfahren das ökologische Gleichgewicht am meisten schädigen. Wir können ermitteln, was physisch und materiell getan werden muß, um der Umweltverschmutzung ein Ende zu machen und ein harmonisches Gleichgewicht herzustellen.

Aber damit dieses Wissen angewandt werden kann, wird das menschliche Gemüt sich der wahren Quelle der Umweltverschmutzung bewußt werden müssen: Ungehorsam gegen die beiden großen Gesetze Gottes, auf die Jesus solchen Nachdruck legte und die die Christliche Wissenschaft aufs neue hervorhebt, nämlich, Liebe zu dem einen Gott, dem göttlichen Gemüt, der Quelle und dem Beherrscher aller seiner Ideensysteme, und Liebe zum Mitmenschen.

So bietet die sogenannte ökologische Krise der Menschheit eine große Gelegenheit. Wir sind aufgerufen, zu einem größeren Verständnis geistiger Werte zu erwachen. Es ist jetzt möglich, dem menschlichen Denken klarzumachen, daß ein neues Verständnis von Herrschaft die Voraussetzung für ein Überleben ist.

Nie zuvor in der ganzen Geschichte der Menschheit war die Dringlichkeit so groß. Jeder von uns muß in allen Entscheidungen in bezug auf das menschliche Verhalten den Gehorsam gegen die Gesetze des Gemüts an erste Stelle setzen. Dazu gehört auch die Achtung vor den Rechten unserer Mitmenschen.

Die beiden großen Gebote werden somit zu unumgänglichen Regeln für die Erfüllung der menschlichen wie auch der geistigen Bürgerpflichten. Diese allgemeine Notwendigkeit kann im täglichen Verhalten ihren Niederschlag finden. Jeder von uns kann sich fragen: „Nimmt diese meine Handlung Rücksicht auf das geordnete Gleichgewicht, das vom Gemüt ausgeht? Drückt sie Liebe zu meinem Bruder aus, indem sie seine Rechte nicht gefährdet?“ Solche Fragen werden sehr aktuell, wenn man sie auf tägliche Entscheidungen anwendet, wie z. B. die übermäßige oder unnötige Benutzung eines die Luft verschmutzenden Autos oder die Wahl eines Behälters, der zurückgegeben und wiederverwendet werden kann, anstatt ihn wegzuwerfen und dadurch die Last der Abfallbeseitigung zu vergrößern.

Darüber hinaus werden die beiden großen Gesetze dazu beitragen, menschliche Institutionen, wie z. B. die Regierung, so umzugestalten, daß sie die tieferen Elemente des Gehorsams gegen das göttliche Gesetz, auf dem wahre Regierung basieren muß, widerspiegeln.

Inmitten eines selbstzerstörerischen Materialismus, der durch einen falschen Begriff von Herrschaft erzeugt worden ist, muß sich die Menschheit aus der Knechtschaft unter die Materie durch das Verständnis von deren Unwirklichkeit und Machtlosigkeit erheben. Der Egoismus der Sinnesbefriedigung hat nicht zu Herrschaft geführt, nicht zur Unterwerfung der Erde, sondern zur Unterwerfung des Menschen — durch eine falsche Vorstellung von Herrschaft. Die menschliche Gesellschaft kann in dem Maße befreit werden, wie sie ihre Achtung vor Gottes Gesetz und ihre Liebe zu den Mitmenschen in Wort und Tat zum Ausdruck bringt.

Wenn ich weissagen könnte
und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis
und hätte allen Glauben, so daß ich Berge versetzte,
und hätte der Liebe nicht,
so wäre ich nichts.

1. Korinther 13:2

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