In dem wahren Begriff von Kirche gibt es weder Alter noch Anerkennung von Alter. Kirche, als eine ewige und geistige Idee, ist fest im göttlichen Gemüt verankert. Ihre Struktur ist vollständig, ist die sich immerdar entfaltende Idee der Liebe und Wahrheit, in der es keinen Anfang und kein Ende, keine Geburt und keinen Tod gibt. Wie kann dies auf einige der Fragen angewandt werden, die heutzutage in Zusammenhang mit Alter in Der Kirche Christi, Wissenschafter, aufgeworfen werden — in der Institution, die in der menschlichen Erfahrung die ewige, geistige Kirche vertritt?
Mary Baker Eddy schreibt: „Das Samenkorn der Christlichen Wissenschaft, ‚das kleinste unter allem Samen‘, als es gesät wurde, ist aufgegangen, hat Frucht getragen, und die Vögel des Himmels, die erhobenen Wünsche des menschlichen Herzens, haben sich in seinen Zwiegen niedergelassen.“ Vermischte Schriften, S. 356;
Ich stelle mir Kirche, in ihrer Gestalt als menschliche Institution, gern als einen riesigen Baum mit vielen Zweigen vor. In den Zweigen können all die verschiedenen Vögel Wohnung und Unterschlupf finden.
Die eben erst flügge gewordenen Vögel, die jungen, die ausgewachsenen und die Vögel reiferer Jahre, alle finden sie ihren Platz, ihre Obhut und ihren Schutz in dem einen Baum. Es gibt nicht hier einen „Jungvogelbaum“, dort einen „Elternvogelbaum“ und dort drüben einen „Altvogelbaum“. Es existiert ein Familienbaum — Die Mutterkirche mit ihren Zweigkirchen.
Ich glaube, daß es sehr notwendig ist, die Einheit der Idee Kirche und die Einheit ihres menschlichen Ausdrucks im Bewußtsein zu behalten, damit wir nicht verschiedene Bäume für unterschiedliche Altersgruppen züchten. Das soll nun nicht bedeuten, daß die Jugend, die Erwachsenen oder die im fortgeschritteneren Alter keine individuellen Bedürfnisse hätten. So z.B. ist eine Sonntagsschule kein Klassenunterricht. Eine Kirche ist keine Hochschulvereinigung. Doch die Bedürfnisse jedes einzelnen können in reichlichem Maße in diesen beschirmenden und versorgenden Zweigen des Baumes gestillt werden. Die Hauptsache ist, nicht Jugend und Alter zu sehen, sondern die Christliche Wissenschaft und Christliche Wissenschafter.
Wie war Mrs. Eddys Auffassung hiervon? Sie begrenzte keinen Schüler aufgrund seines Alters. Auf ihren Rat hin wurde James Neal, als er in den Zwanzigern war, nach Boston gerufen, um die Arbeit dort zu unterstützen. Carol Norton begann mit der Ausübung der Christlichen Wissenschaft in seinen Zwanzigern, wurde Vortragender und hatte bald darauf Klassenunterricht bei Mrs. Eddy. Als Emma Easton 17 Jahre alt war, erhielt sie Klassenunterricht von Mrs. Eddy. Dies sind besondere Beispiele ihrer Bereitschaft, junge Pioniere zu rufen oder willkommen zu heißen, der Sache der Sache der Christlichen Wissenschaft Wissenschaft zu dienen. Natürlich berief sie viel mehr erfahrene, reife, ältere Mitarbeiter. Es war niemals das Alter, das sie interessierte, sondern die Geistigkeit und die Fähigkeit, ihre Arbeit zu stützen.
Was hat es mit dieser Frage um Jugend oder Alter eigentlich auf sich?
Was ist Jugend? Ist es Unreife? Ist es Mangel an Weisheit und Erfahrung? Ist es Auflehnung? Ist es Drogenkult?
Webster gibt als Definition für „Jugend“ u. a.: „Der Lebensabschnitt, der durch Wachstum und Entwicklung gekennzeichnet ist“ und für „jugendlich“: „Frisch, kraftvoll, hat ... kaum Verfall zu verzeichnen.“
Sollen ältere Leute ihre eigene Jugend (ihr ewiges Wachstum und Entwicklungsvermögen, ihre Frische und Kraft) zugunsten der Klassifizierung aufgeben, die sterbliches, materielles Denken bereithält? Christus Jesus sagte: „Wenn ihr nicht umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Matth. 18:3; Und Mrs. Eddy schreibt: „Geliebte Kinder, die Welt braucht euch — und mehr als Kinder denn als Männer und Frauen: sie braucht eure Unschuld, Selbstlosigkeit, treue Liebe, eure unbefleckte Lebensführung. Ihr müßt auch wachen und beten, daß ihr diese Tugenden unbefleckt bewahrt und sie nicht durch die Berührung mit der Welt verliert.“ Verm., S. 110;
Welches sind andererseits einige der Eigenarten oder Ansprüche, die sterbliches Denken dem Alter anheftet? Starrheit, Mangel an Freiheit; in die Vergangenheit zurückzuschauen und sie sich zurückzuwünschen; Furcht vor der Zukunft; mangelnde Bereitschaft, sich veränderten Bedingungen anzupassen. Mrs. Eddy sagt uns: „Leben ist ewig. Wir sollten dies ausfindig machen und anfangen, es zu demonstrieren. Leben und Güte sind unsterblich. Daher laßt uns unsere Daseinsanschauungen zu Lieblichkeit, Frische und Fortdauer gestalten anstatt zu Alter und Verkümmerung.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 246.
Möglicherweise sind Sie einer der jüngeren Vögel und werden sagen: „Endlich einmal sagt jemand meinen Eltern die Meinung. Ich versuche andauernd, ihnen klarzumachen, daß sie sich eine Plastikwelt aufgebaut haben, voll von Heuchelei. Sie sind einfach nicht in der Lage, mit der Zeit Schritt zu halten.“ Nein, ich ergreife nicht für Sie Partei.
Vielleicht sind Sie einer der älteren Vögel und meinen: „Ich hab's ja immer gesagt, daß diese Kinder noch nicht soweit sind, eine Verantwortung zu übernehmen. Sie wollen zwar die Zügel in die Hand bekommen, aber keine Disziplin halten.“ Nein, auch für Sie ergreife ich nicht Partei.
Wir müssen damit aufhören, die Menschen nach der Art und Weise des sterblichen Gemüts einzuordnen. Die Christlichen Wissenschafter würden gewiß nicht die Einteilungen des sterblichen Gemüts in bezug auf Krankheiten akzeptieren. Das wäre unwissentliche Malpraxis. Genauso falsch ist es, die Menschen als jung oder alt zu bezeichnen, je nachdem, wie oft sie schon den Umlauf um die Sonne mitgemacht haben. Es ist auch falsch, gedankenlos zu sagen: „Er ist noch zu jung, um Verantwortungsbewußtsein zu haben“ oder: „Er ist nicht mehr sehr rege, seine Blütezeit liegt schon hinter ihm.“
Nicht die Anzahl der Jahre, die wir haben oder nicht haben, ist es, was unseren Kirchen und dem Gemeinwesen Stärke und Wert verleiht, sondern die Inspiration und die Geistigkeit, die wir ausdrücken.
Könnte man nicht sagen, daß man junge Leute des Guten beraubt, das sie beitragen können, und anderen Menschen die richtige Auffassung von ihrer eigenen Jugend, ihrer Frische, Kraft und Anpassungsfähigkeit nimmt, wenn man das Leben nach Kalenderjahren bemißt?
Die Kirche Christi, Wissenschafter, ist ein einheitliches Ganzes. So wie ihre Mitglieder die zeitlosen Eigenschaften wahrer Männlichkeit individuell ausdrücken, so wird dies auch die Kirche tun. Sie wird Stärke, Kraft, Beständigkeit, Weisheit und Entfaltung zum Ausdruck bringen. So wie ihre Mitglieder die zeitlosen Eigenschaften wahrer Weiblichkeit individuell ausdrücken, so wird dies auch die Kirche tun. Sie wird Wärme, Zartheit, Barmherzigkeit, Wahrnehmungsvermögen und Inspiration zum Ausdruck bringen.
In dem Maße, wie wir die zeitlosen Eigenschaften wahrer Kindlichkeit individuell zeigen, so wird es auch die Kirche tun. Sie wird Neuheit, Frische, Unschuld, Empfänglichkeit und Fortschritt ausdrücken. Unsere Männlichkeit, Weiblichkeit und Kindlichkeit sind voneinander untrennbare Seiten der wahren Identität eines jeden von uns. Und sie sind untrennbar in der wahren Idee Kirche.
Indem das sterbliche Gemüt diese wertvolle, sichtbarer werdende geistige Wahrheit falsch darstellt, möchte es uns das Bild von einer Kluft zwischen den Generationen präsentieren — von einer vorwärtsstürmenden Jugend und sich Zeit lassenden Erwachsenen. Demonstrierte geistige Wahrheit wird jedoch unseren Kirchen Vollständigkeit und Harmonie bringen. Die Kraft und das Forschen, die meist der Jugend zugeschrieben werden, werden dem Motor eines Wagens vergleichbar sein — dem vorhandenen dynamischen Antrieb. Die Weisheit, Disziplin und Erfahrung, die man gewöhnlich mit älteren Leuten in Verbindung bringt, sind dann dem Steuerungsmechanismus und den Bremsen vergleichbar — den leitenden und beschützenden Faktoren. Dann wird die harmonisch funktionierende Einheit vorankommen und ihre Aufgabe erfüllen, nämlich die Menschheit zu heilen und zu erneuern.
In einem offenen Brief an die jüngeren Vögel würde unter anderem folgendes stehen:
Ihr werdet gebraucht! Ihr seid erwünscht! Ihr werdet geliebt! Ihr seid die Verheißung! Ihr seid die Hoffnung! Ihr seid die Zukunft! Ihr seid die Gegenwart!
Die Kirche Christi, Wissenschafter, braucht euern Enthusiasmus, eure Ideen und vor allem eure Geistigkeit! Sie braucht die Kraft und die Neuheit, die ihr vom göttlichen Leben her widerspiegelt. Sie benötigt die Intelligenz und die Beweggründe, die ihr vom Gemüt her widerspiegelt. Sie benötigt die Integrität, die ihr von der Wahrheit her widerspiegelt. Im selben Maße braucht sie auch die Disziplin, das logische Denken und die Beharrlichkeit in Motiv und Tat, die euch angeboren und vom Prinzip hergeleitet sind. Mit der Stärke, die vom Geist kommt, und der Geduld, die ihren Ursprung in der Liebe hat, werdet ihr nicht als junge Leute, sondern als Christliche Wissenschafter eurer Kirche einen großen Dienst erweisen.
Ein offener Brief an die älteren Vögel würde folgendes enthalten:
Ihr werdet von der Kirche geliebt. Ihr seid die Zeugen, daß die Kirche immerdar anwendbar und verfügbar ist. Was ihr bis jetzt beigesteuert habt, war sehr wertvoll. Und was ihr jetzt und in den kommenden Jahren durch die Erfahrungen und die erprobten Schritte, die hinter euch liegen, beitragen werdet, ist von höchster Bedeutung und unentbehrlich.
Die friedvolle Widerspiegelung der Seele ist gleichzeitig der dynamische Ausdruck des Geistes und die kraftvolle Darstellung des Prinzips. Die Kirche benötigt die Weisheit, die Beständigkeit und die Folgerichtigkeit, die ihr als Widerspiegelungen des Gemüts zum Ausdruck bringt. Sie braucht die Vitalität und die Kontinuität, die ihr als Widerspiegelungen des Lebens ausdrückt. Die Kirche braucht eure Gebete, eure Unterstützung, eure Inspiration und Aktivität, um alle Vögel im Baum nähren und pflegen zu können und um die Jungvögel zu ermutigen, ihre Flügel auszubreiten und zusammen mit der übrigen Schar zu fliegen.
Der mentale Druck, der heute auf unserer Jugend lastet, ist ungeheuer groß. Die organisierte Medizin ködert sie durch Werbung und Erziehung. Übertriebener Intellektualismus möchte sie in einer Flut von Zweifel und Verwirrung mitreißen. Mystik und orientalisches Gedankengut versuchen unbemerkt und beharrlich, in ihr Denken einzudringen.
Die Steinzeit, die Eisenzeit und die Bronzezeit liegen schon weit hinter uns. Jetzt befinden wir uns in der „Mentalzeit“. Das sterbliche Gemüt beansprucht, mit seinen Suggestionen unsere jungen Leute wie ein Scharfschütze abschießen zu können. Aber die Wissenschaft des Christentums ist die Erlösung für die Menschheit. Und wenn sie getreulich und beharrlich angewandt wird, ist sie in der Lage, die Suggestionen der Materialität null und nichtig zu machen.
Wir alle, gleich welchen Alters, müssen für unsere Kirche beten. Innerhalb des Verständnisses von der geistigen Idee Kirche gibt es für jeden absolute Sicherheit und unbegrenzten Fortschritt. Und dies wird durch konsequentes Gebet ans Licht gebracht. Nur inspiriertes, wissenschaftliches Gebet entfaltet die Weisheit, die notwendig ist, um die Bedürfnisse der Jüngeren wie der Älteren wirksam befriedigen zu können. Und Gebet beschützt und leitet sie, wo immer sie sich befinden mögen.
