Als die junge Frau aus dem Bus stieg, holte sie tief Luft. Vor ihr lag ein Weg von mehreren Minuten in eine Gegend, die wegen der Zahl der Verbrechen auf der Straße berüchtigt war. Die Menschen dort waren schwarz und arm; sie war keines von beidem. Die Farbe blätterte von den Häusern ab; jugendliche Banden trieben sich herum; Gleichgültigkeit und Ressentiments schienen wie Nebel in der Luft zu hängen.
Sie hatte eine Lehrtätigkeit in einem Programm zur Bekämpfung der Armut angenommen und sollte Kinder auf die Grundschule vorbereiten. Dies war ihr erster Tag. Freunde hatten sie ungläubig gefragt: „Du willst wirklich da hingehen? Jeden Tag? Allein?“ Ihrem Mann war an jenem Morgen der Gedanke gekommen: „Ist es wohl richtig, was wir da tun?“
Viele Menschen in jener Stadt — wie in anderen Städten überall in den Vereinigten Staaten — hatten Angst, allein durch die Straßen zu gehen, besonders bei Nacht. In anderen Industrieländern stieg die Zahl der Verbrechen auch an; Regierungen und Polizei wurden ständig gedrängt, mehr Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Zeitungen, Fernsehen und Rundfunk legten Nachdruck auf menschliche Gegenmittel. Die Frauen wurden aufgefordert, Dosen mit chemischem Spray in ihren Handtaschen bei sich zu führen; Männer und Frauen meldeten sich zu Karatekursen an. Politiker auf nationaler Ebene drängten inmitten einer Wolke von Kontroversen auf eine Vielfalt von menschlichen Reformen.
Sowohl der Mann als auch die Frau wußten jedoch, daß mit den wahren Gegenmaßnahmen nicht außerhalb, sondern innerhalb ihres eigenen Denkens begonnen werden mußte. Sie suchten nach einem tieferen Gefühl der Sicherheit — und sie fanden es, freuten sich darüber, lernten daraus und wurden dadurch gesegnet. Sorgsam begannen sie ihre Anschauung über das ganze menschliche Bild zu ändern. Als Anhänger der Wissenschaft des Christentums akzeptierten sie einen unendlichen Gott, das Gute, als das höchste Gesetz des wirklichen Universums. Sie erkannten die Tatsache an, daß sie dieses von Gott regierte Universum durch den geistigen Sinn wahrzunehmen vermochten, durch die durch Inspiration und durch Studium und Hingabe gewonnene Fähigkeit, die Regierung des allumfassenden, allmächtigen, immergegenwärtigen Gottes, oder des Geistes, zu erkennen und widerzuspiegeln, und nicht durch etwas, was der Güte Gottes entgegengesetzt ist.
Sie hielten daran fest, daß Gott, da Er ja Alles-in-allem ist, den wahren Menschen geschaffen hat; und da Gott Geist ist, ist der Mensch geistig, er muß es sein. Folglich ist der wirkliche Mensch, der Mensch, den Gott (nicht der sterbliche Sinn) kennt, die Idee des Geistes und nur dem Geist untertan. Die sterblichen Sinne, die behaupten, daß der Mensch ein materielles Wesen ist, das der Furcht, einem Schlag auf den Kopf, einem Raub, dem Arger, Ressentiments, Drogen, der Armut ausgeliefert ist — diese Sinne sagen Unwahrheiten über den Menschen. Die Lügen nehmen ihren Ursprung nicht im göttlichen Gemüt, in Gott, sondern im sterblichen Gemüt, das Christus Jesus als den Teufel oder Satan bezeichnete und das er verurteilte und als Lügner entlarvte.
Dieses sind revolutionäre Ideen. In ihnen liegt wahre Sicherheit. Sowohl der Mann als auch die Frau stellten in den 18 Monaten des Lehrauftrags fest, daß sie sehr wirklich, sehr praktisch waren.
Jeden Morgen und besonders an jenem ersten Morgen, bevor sie sich auf den Weg machte, studierten sie die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy. Sie untersuchten eine Lüge über den Menschen nach der anderen, z. B., daß manche Menschen vor Gott schwarz und minderwertig, arm und benachteiligt sind. Sie verwarfen die Suggestion, daß die Frau zu einer Zielscheibe für die Furcht, die Armut oder den Ärger werden konnte. Genau dort, wo die menschlichen Sinne Unterschiede im Wohlstand und in der Intelligenz sehen, zeigt der geistige Sinn den wahren Status des Menschen: in gleichem Maße vom Geist oder Gemüt gesegnet und ausgestattet.
Als sie die Straßen des schwarzen Viertels entlangging, behauptete sie diese Wahrheiten. Sie lächelte Gruppen von gestrandeten Menschen auf dem Bürgersteig zu. Sie sprach sie an. Zuerst waren sie überrascht; dann antworteten sie. Sie stellte fest, daß sie durch die ganze Gegend — durch Seitenstraßen, in Mietshäuser und dergleichen — gehen, an die Türen klopfen und Mütter bitten mußte, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Sie war versucht, sich zu fürchten, sich sehr zu fürchten. Sie sang ein Lied aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft vor sich hin. Die erste Strophe davon lautet:
In Gottes Liebe leben wir
Und wachsen und gedeihn ;
Der Menschen Augen sehen nur
Den trügerischen Schein.Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 144;
Auch betete sie nicht einfach für sich selbst: sie bemühte sich, Gottes Segen auf jedem einzelnen Menschen, dem sie begegnete, zu sehen; es schien ihr und ihrem Mann, daß dies das größte Geschenk war, das sie dieser Gegend als Ganzem bringen konnte.
Überall, wo sie ging, war sie sicher. Eines Tages sagte einer der Männer, mit denen sie sich auf der Straße unterhielt, zu ihr: „Das Wort hat die Runde gemacht.“ Die Mütter in dem Wohnviertel hatten den Teenagern (die nach den Statistiken des amerikanischen Bundeskriminalamtes etwa die Hälfte der schweren Verbrechen in den amerikanischen Städten begehen) und der übrigen Nachbarschaft gesagt, daß sie „die weiße Dame in Ruhe“ lassen sollten. „Sie ist hier, um unsere Kinder zu unterrichten. Sie ist in Ordnung.“ Spätere Erkundigungen bei anderen, die mit solchen Wohnvierteln vertraut waren, deuteten darauf hin, daß ein solches Wort tatsächlich ausgereicht hätte, um angemessenen Schutz zu gewährleisten. Die Frau schloß viele Freundschaften; sie wurde immer häufiger eingeladen, an den Veranstaltungen in der Gegend, wie z. B. Gottesdiensten und Familienereignissen, teilzunehmen. Sie freute sich, daß Liebe „der hehre Weg“ ebd., Nr. 179; ist, wie es in einem anderen Lied heißt. Darunter verstand sie, daß die Liebe erhaben ist über jede Suggestion, die versuchen möchte, die Menschen auf die Ebene der verwundbaren Körperlichkeit herabzuziehen.
Unsichere Straßen? Sie brauchen es nicht zu sein. Wir können sie und alle in ihnen lieben, wie die junge Frau es tat. Wir können die Richtigkeit von Mrs. Eddys Worten beweisen: „Gute Gedanken sind ein undurchdringlicher Panzer; damit angetan, seid ihr gegen die Angriffe des Irrtums jeder Art vollständig geschützt.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 210; Aber die Wahrheit dieses Begriffs von Sicherheit geht noch darüber hinaus; die Frau hatte bewiesen, was Mrs. Eddy anschließend sagt: „Und nicht nur ihr seid geborgen, sondern alle, auf denen eure Gedanken ruhen, werden dadurch gesegnet.“
Motive sind ein wichtiger Faktor. Wenn wir uns von geistigen Motiven leiten lassen, dann können wir überall hingehen, wo wir berechtigterweise sein möchten — zur Kirche, ins Büro, ins Kino —, zu Fuß, mit der Bahn, mit dem Bus oder mit dem Auto, bei Nacht oder bei Tage, ohne üble Folgen. Und wenn wir uns jede Minute, jede Stunde an Gott wenden, dann sehen wir uns als die Idee des Gemüts, die nicht imstande ist, irgend etwas anderes als die Intelligenz und den Segen des Gemüts zum Ausdruck zu bringen. So ist der wahre Mensch immer in dem, das seines Vaters ist. Und diese Wahrheit ist die Grundlage unseres Heils — unserer wahren Sicherheit.
Als eines Abends im Winter eine schwarze Frau in einer großen Stadt an der Ostküste der Vereinigten Staaten nach Hause kam, fand sie drei betrunkene Männer auf den Stufen zum Eingang vor. Zuerst war sie ärgerlich; dann begann sie sich klarzumachen, daß jeder dieser Männer in Wirklichkeit von Gottes unendlichem Gesetz des göttlichen Schutzes regiert wurde. Unter diesem Gesetz lassen sich die individuellen Ideen nichts zuschulden kommen; jede von ihnen wird geliebt, für jede ist gesorgt.
„Guten Abend“, hörte sie sich ruhig sagen. „Ich freue mich, Sie zu sehen.“
Die Männer waren überrascht: „Sie meinen uns?“ fragten sie.
„Ja“
„Haben Sie denn keine Angst vor uns?“ wollte einer wissen.
„Werden Sie denn nicht schreien?“ fragte ein anderer.
Die Frau, eine Christliche Wissenschafterin, überprüfte rasch ihre Motive. Versuchte sie bloß, sich durch ihr Reden den Weg ins Haus, wo sie „sicher“ sein würde, freizumachen? Oder gehorchte sie an Ort und Stelle dem Rat des Apostels Paulus: „Um deswillen ergreifet die Waffenrüstung Gottes, auf daß ihr an dem bösen Tage Widerstand tun und alles wohl ausrichten und das Feld behalten möget“ Eph. 6:13;?
Während sie noch dort stand, erhoben sich die drei Männer. „Laßt die Dame durch“, sagte einer. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ging sie an ihnen vorbei; als sie die Tür hinter sich schloß, wünschte sie allen „eine sehr gute Nacht“.
Christus Jesus ließ ein Gefühl absoluter Sicherheit erkennen, ob er im Boot in dem Sturm auf dem Galiläischen Meer war oder auf dem Wasser wandelte oder „alle Krankheit und alle Gebrechen im Volk“ Matth. 4:23. heilte. Und er zeigte denen, die bei ihm waren, daß sie — im Sturm oder angesichts von Krankheit, Sünde und Tod — auch völlig sicher sein konnten.
Wenn der Christus, die Wahrheit, in unserem Denken gegenwärtig ist, können wir beweisen, daß schon jetzt die Zeit gekommen ist, furchtlos in Liebe — und in vollkommener Sicherheit und vollkommenem Frieden — voranzuschreiten.
Der Herr behütet dich vor allem Übel,
er behütet deine Seele;
der Herr behütet deinen Ausgang und Eingang
von nun an bis in Ewigkeit.
Psalm 121:7, 8 (Mengebibel)