Wenn wir konsequent von einer geistigen Grundlage aus denken, bleibt es nicht aus, daß sich unser Denken vergeistigt. Ein erster Schritt zu dieser Vergeistigung ist das Verlangen danach — ein starkes, beständiges Verlangen, zu erkennen, was geistig wahr ist, die Tatsachen über Gott, den Menschen und das Universum zu verstehen, sich des geistigen Reiches des göttlichen Gemüts und seiner Ideen bewußt zu sein. Dieser Wandel im innersten Wesen unseres Denkens vollzieht sich, wenn wir über geistige Ideen nachdenken und uns gedanklich mit den Dingen des Geistes, Gottes, befassen. Wir lassen uns dann von geistigen Wahrheiten beherrschen.
Das Verlangen nach Geistigkeit führt den Christlichen Wissenschafter dazu, sich gewohnheitsmäßig dem Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy zuzuwenden. Wie oft und wie gründlich wir auch aus seinem Reichtum schöpfen, jederzeit ist ein weiterer unerschöpflicher Vorrat an frischer Inspiration, an neuen mentalen Ausblicken und ungenützten geistigen Reichtümern für uns da. Dieses Buch ist ein unversiegbarer Quell geistiger Ideen.
Mrs. Eddy wurde ihr Leben lang von einem tiefen Verlangen getrieben, Gott zu erkennen und Ihm zu gehorchen, und aus diesem Verlangen entstand Wissenschaft und Gesundheit. Es wurde durch göttlich gelenkte Inspiration geschrieben, es stimmt mit den Lehren Christi Jesu überein und legt die Heilige Schrift in ihrer geistigen Bedeutung aus. Das Buch erklärt die göttliche Wissenschaft des Seins; es stellt die Tiefen der Gottheit in verständlicher Sprache dar; es vergeistigt das Denken eines jeden ehrlichen Suchers nach der Wahrheit.
Die Vergeistigung, die erfolgt, wenn wir dieses Lehrbuch benutzen, tritt je nach unserer gedanklichen Aktivität in unterschiedlichem Maße ein. Wer Wissenschaft und Gesundheit liest, kann durch dieses Lesen geistig sehr erleuchtet werden — obgleich es möglich ist, daß man nur liest, anstatt zu denken. Wer sich eingehend mit dem Lehrbuch befaßt, kann ein allgemeines Verständnis von den darin dargelegten Wahrheiten erlangen — obgleich es möglich ist, daß dieses Verständnis nur akademisch ist. Aber der Christliche Wissenschafter, der fortwährend und mit Freude tief über die im Lehrbuch enthaltenen geistigen Ideen nachdenkt, erfährt eine geistige Erweiterung seines Denkens, die auf keine andere Weise gewonnen werden kann. Warum? Weil diese Art des Studiums zur Folge hat, daß der Betreffende von einer geistigen Grundlage aus denkt, und das zieht zwangsläufig die Vergeistigung des Denkens nach sich. Mrs. Eddy sagt uns: „Nehmt die göttliche Wissenschaft. Lest dieses Buch von Anfang bis zu Ende. Studiert es, sinnt darüber nach.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 559;
Wir können uns in Gedanken mit einer geistigen Tatsache beschäftigen, können sie drehen und wenden und sie unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Wir stellen Fragen über die geistige Tatsache, finden geistige und praktische Antworten darauf und lassen sie unser Denken immer mehr durchdringen, bis ihre Wahrheit zur Denkweise für uns wird. Eine einzige Erklärung aus Wissenschaft und Gesundheit — und ihre endlosen Bedeutungen — beschäftigt unser Denken manchmal tage-, ja sogar wochenlang, bis wir feststellen, daß wir sie tatsächlich verstehen, anstatt nur oberflächlich an sie zu denken. Dann wird sie Teil der geistigen Struktur unseres Seins.
Jemand sagte einmal zu mir: „Ich lese das Lehrbuch nicht mehr so gern wie früher; es sind ja immer die gleichen Worte, und ich weiß einige davon sogar auswendig.“ Eines Tages wird der Betreffende die Begeisterung verspüren, die man erlebt, wenn man über das bloße Lesen vertrauter Worte hinausgeht und die unendliche Freude findet, die das Nachsinnen über Ideen mit sich bringt. Obwohl die Worte die gleichen bleiben, entfaltet sich die Botschaft fortwährend. Sie ist immer wieder neu, anregend und unendlich bereichernd. Wenn wir Wissenschaft und Gesundheit schon so lange lesen, daß wir viele Stellen daraus auswendig wissen, dann ist es eine ständige Quelle des Wunders und der Freude, einen Satz oder selbst einen Ausdruck in neuem Licht zu erkennen und in unserem Denken wirken zu lassen — es zu erweitern und höher zu heben, indem wir die Worte im Herzen bewegen und über sie nachsinnen.
Ein Satz aus Wissenschaft und Gesundheit, den wir gestern zu verstehen meinten, mag sich heute, wenn wir über ihn nachdenken, in einer völlig neuen gedanklichen Richtung entfalten, die unseren geistigen Hunger stillt und unser Denken ins Reich der Schönheit und des Guten emporhebt, wo Harmonie und Freude allerhaben herrschen. Nicht selten erleben wir eine körperliche Heilung als Folge unseres beharrlichen Nachsinnens über geistige Wahrheiten.
Als junges Mädchen hatte ich ernste Beschwerden, die mir sehr zusetzten und immer schlimmer zu werden schienen. Nach einer besonders qualvollen Nacht griff ich zu Wissenschaft und Gesundheit und sagte mir: „Durch das Lesen dieses Buches sind Menschen geheilt worden. Ich werde es lesen, bis ich geheilt bin.“
Ich las, bis ein bestimmter Satz meine Aufmerksamkeit fesselte. Ich begann über ihn nachzudenken. Ich erinnere mich jetzt nicht mehr, welcher Satz es war, aber ich weiß, daß er solches Interesse in mir wachrief, daß ich den ganzen Nachmittag über ihn nachdachte — und dabei mich selbst und die Beschwerden über der Freude der geistigen Entdeckung und der darauf folgenden geistigen Erweiterung des Denkens ganz vergaß. Als ich zum Abendessen gerufen wurde, stellte ich fest, daß ich vollständig geheilt war. Natürlich war ich sehr dankbar für diese Heilung. Die geistige Erweiterung meines Denkens jedoch, die ihr vorausging, gab mir Anlaß zu noch tieferer Dankbarkeit. Eine Erweiterung des Denkens in Bereiche der geistigen Harmonie, die vorher unbekannt waren, erfolgt durch tiefes Nachsinnen über die in Wissenschaft und Gesundheit offenbarten geistigen Tatsachen des Seins.
Ist dies nicht im wesentlichen das, was der Meister der Christen, Christus Jesus, mit folgenden Worten zum Ausdruck brachte: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen“ Matth. 6:33. ? Seine Regel des Suchens und Empfangens ist ein geistiges Gesetz. Wir müssen natürlich das Gesetz befolgen, um die Segnungen zu empfangen, die es verheißt.
Gehorsam zuerst nach dem Reich Gottes zu trachten, mit anderen Worten, über die von Jesus dargebotene und in Wissenschaft und Gesundheit dargelegte göttliche Wissenschaft des Seins nachzusinnen, ist eine der lohnendsten und befriedigendsten Beschäftigungen. Und doch lassen wir uns manchmal von jenem Dieb, der sterblichen Geschäftigkeit, dieses Schatzes berauben. Und vielleicht nehmen wir gedankenlos das hektische materielle Leben als billigen Ersatz für die harmonische Tätigkeit hin, für den Frieden und die Kraft eines auf einer geistigen Grundlage beruhenden Lebens.
Aber wir können diesem Dieb das Handwerk legen. Wenn wir getreulich jede Gelegenheit ergreifen und unser Denken freudig an Disziplin gewöhnen, so daß es uns leichtfällt, uns geistigen Dingen zuzuwenden, dann können wir immer Zeit finden, von einer geistigen Grundlage aus zu denken. Unser geistiges Nachsinnen kann nicht nur zu einem Segen für uns selbst werden, sondern kann auch aktiv zur Lösung der Probleme beitragen, denen die Welt gegenübersteht.
Wenn wir Wissenschaft und Gesundheit zur Hand nehmen und es in dem Bestreben, mehr über das Wesen und die Gegenwart des Reiches Gottes zu erfahren, von Anfang bis zu Ende lesen, beginnen sich die Fesseln des begrenzten materiellen Denkens zu lösen. Und wenn wir still über die erhabene Botschaft des kostbaren Buches nachsinnen und der Entfaltung der Ideen gedanklich folgen, erweitert sich unser Denken in Bereiche geistigen Lichts. Die Herrlichkeit des wahren Seins dämmert in uns auf, und unser Leben spiegelt jeden Tag in größerem Maße geistige Harmonie und geistigen Frieden wider.