Welche Bedeutung hat für uns heute das zweite Gebot des mosaischen Dekalogs? Wir werden wohl kaum vor einem Götzenbild niederknien und es anbeten, der Sonne oder dem Mond Opfer darbringen oder altertümliche Gottheiten zu besänftigen suchen, von denen man glaubte, daß sie die Meere bewohnten.
Dieses Gebot sagt ausdrücklich: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.“ 2. Mose 20:4–6;
Das zweite Gebot hat tatsächlich eine große und wichtige Bedeutung, denn wir machen uns ja wirklich Götzenbilder. Wenn sie auch weniger offensichtlich sind als die früherer Zeiten, so sind sie doch für die Intelligenz und den Fortschritt genauso schädlich. Sie sind mentale Bilder, die dem sterblichen Bewußtsein eingeprägt sind. Wenn wir an sie glauben, beten wir sie an und dienen ihnen. Wir benötigen das Gesetz des zweiten Gebots, um uns von dieser Abgötterei unserer Zeit zu befreien. Wir brauchen es, wenn wir nicht weiterhin künftigen Generationen die irrigen Gedanken und Handlungen des materiellen sogenannten Lebens überliefern wollen.
Zu dem umfassenden Traum, daß die Materie Wirklichkeit besitze und die Identität ausmache, gehören die Annahmen, daß wir in das Fleisch hineingeboren wurden, alle unsere Tage im Fleisch verbringen und unvermeidlich aus dem Fleisch heraussterben. Während dieser sterblichen Zeitspanne, die wir Leben nennen, werden alle Arten von Götzenbildern in das sterbliche Gemüt eingekerbt, und die Sterblichen glauben an sie. Diese Bilder erscheinen lebendig und überzeugend. Dem zweiten Gebot gehorchen heißt sie direkt angreifen und ihren Anspruch auf Macht null und nichtig machen.
Geistig verstanden, fordert das zweite Gebot, daß wir alle irrigen Dinge, Gedanken und Handlungen nicht als Tatsachen, sondern als Götzenbilder klassifizieren. Auf diese Weise wird der Irrtum gleich am Anfang eines großen Teils seiner scheinbaren Macht und seines scheinbaren Daseins beraubt. Dies ist keine mentale List oder Vorkehrung, die uns die Herrschaft über uns selbst und unsere Umwelt erleichtern soll. Es ist eine wissenschaftliche Wahrheit, die das Falsche auslöscht. Es kann und sollte von jedem einzelnen im täglichen Leben bewiesen werden, denn wir sollten das zweite Gebot wachsam und konsequent befolgen.
Mrs. Eddy schreibt: „Die Sterblichkeit des Menschen ist eine Mythe, denn der Mensch ist unsterblich.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 545; Das zweite Gebot verlangt von uns, daß wir die Mythen zerstören und nur eine Wirklichkeit, den allmächtigen Gott, anbeten und Ihm dienen. Das „Du sollst nicht“ des zweiten Gebots [n. der engl. Bibel] enthält keine Einschränkung. Es heißt nicht: „Du sollst fast nie“, sondern: „Du sollst nicht“ — niemals.
Die gesamte, alles umfassende Annahme, daß Leben in und von der Materie sei, verlangt von den Christlichen Wissenschaftern, daß sie sich ständig in der Anwendung des zweiten Gebots üben.
Wir brauchen uns z. B. nicht der Annahme zu beugen, daß Krieg notwendig sei. Wenn diejenigen, die die Macht vergeistigten Denkens verstehen, das zweite Gebot befolgen, wird schließlich das Götzenbild der Macht und Hartnäckigkeit des Krieges vertrieben und jener Zustand internationaler Harmonie und Ordnung ans Licht gebracht, der unvermeidlich folgt, da das göttliche Gesetz in den menschlichen Angelegenheiten am Wirken ist. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Gott schafft und regiert das Universum, einschließlich des Menschen. Das Universum ist von geistigen Ideen erfüllt, die Er entfaltet, und diese sind dem Gemüt gehorsam, das sie schafft.“ ebd., S. 295;
Ein besonders schädliches Bild, das sich dem Bewußtsein der Menschen eingeprägt hat, stellt einen Teil der Jugend als undiszipliniert dar, als zu Kriminalität veranlagt, gegen normale Einschränkungen rebellierend und zum Gebrauch von Rauschgift und Halluzinogenen neigend. Wollen wir darauf achten, daß wir in dieser Hinsicht das zweite Gebot befolgen. Wollen wir uns sofort und beständig vergegenwärtigen, daß es nur ein Bild in dem sterblichen Traum ist, nicht eine Tatsache des unsterblichen Seins des Menschen, und daß wir in der Lage sind, es wirksam zu widerlegen. Wir können unseren Gott, der den Menschen in vollkommener Harmonie regiert, anbeten und Ihm dienen.
Das zweite Gebot stellt in erster Linie Anforderungen an das Denken. Im Denken befolgen oder verletzen wir es. Dem Denken prägt das sterbliche Gemüt seine Bilder ein. Durch vergeistigtes Denken werden sie zerstört.
Wie verhält es sich mit den Gedanken, die wir über uns selbst hegen? Hat das zweite Gebot auf sie Bezug? Ganz gewiß, und vielleicht sogar noch viel mehr als auf das, was wir über andere denken. Denn was wir über uns selbst denken, bestimmt großenteils unsere Gedanken über unsere Mitmenschen.
Jeder Mensch hat in seinem Denken ein „Bild“ von sich selbst, das in hohem Maße für seine menschliche Erfahrung bestimmend ist. Daher sollte es vor allen Dingen vergeistigt werden. Wir sollten es oft auf seine Geistigkeit hin prüfen. Es sollte evangelisiert werden. Christus Jesus lehrte: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Matth. 5:48; Und Mrs. Eddy sah, wie wichtig dies ist, denn sie schrieb an einen Fragesteller: „Ehe Sie nicht völlig erfassen, daß Sie Gottes Kind, also vollkommen sind, haben Sie kein beweisbares Prinzip und keine Regel für dessen Demonstration.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 242.
Wir müssen uns prüfen, um festzustellen, ob wir ebenso bereitwillig in uns selbst das vollkommene Ebenbild Gottes sehen, wie wir diese Wahrheit für andere erklären und beweisen. Oft verdammen wir uns selbst auf eine Weise, die uns schockieren würde, wenn wir in derselben schroffen, unversöhnlichen Art über unsere Mitmenschen dächten. Wir müssen dem ein Ende machen. Wenn wir nicht erkennen, daß Gottes Ebenbild unsere wahre Identität ist, besitzen wir keine geistige Substanz und haben denen, die zu uns um Heilung und Rat kommen, nichts zu geben.
Das sterbliche, begrenzte, teils physische und teils mentale Bild, das wir im stillen von uns selbst haben, sollte täglich ausgelöscht werden, damit jeden Tag das geistige Bild und Gleichnis Gottes, das wir sind, durchscheinen möge.
Grundlegend hierfür ist, daß wir uns entschieden weigern, die Suggestionen zu akzeptieren (die als unsere eigenen Gedanken zu uns kommen), daß wir vom Guten und von der Vollkommenheit weit entfernt seien und daß eine Selbstprüfung von Selbstverdammung begleitet sein sollte. Rechte Selbstprüfung ist von Demut begleitet, die den Glauben an ein fehlbares Selbst aufgibt, da sie alle Ursache und Wirkung Gott, dem vollkommenen Einen, zuschreibt. Diese Demut ist das gerade Gegenteil von Selbsterniedrigung.
Heutzutage steht das Image sehr im Vordergrund, und wenn wir das zweite Gebot befolgen, werden wir in dieser Hinsicht weise geleitet. In der absoluten göttlichen Wissenschaft sind wir geistig, das Ebenbild Gottes. Es ist das einzige Image, nach dem es sich zu streben lohnt. Wir werden auf andere einen völlig zufriedenstellenden und bewundernswerten Eindruck machen, wenn wir aufhören, den Bildern, die in das sterbliche Denken eingekerbt sind, Glauben zu schenken, wenn wir aufhören, andere als Sterbliche zu betrachten, die uns als Sterbliche sehen, und nicht mehr glauben, wir alle drückten uns durch die sterblichen Sinne aus und nähmen einander nur durch die sterblichen Sinne wahr.
Wenn wir uns klarmachen und beharrlich behaupten, daß wir nur als das Ebenbild Gottes gesehen werden können, nur als der Ausdruck der Liebe, der Wahrheit, des göttlichen Prinzips, wird unsere materielle Gestalt und Person bis zu einem gewissen Grade überwunden. Diejenigen, die mit uns in Berührung kommen und mit denen wir zu tun haben, werden weniger einen Sterblichen mit einer guten oder schlechten Persönlichkeit, weniger ein menschliches Wesen mit Idiosynkrasien, sondern einen lebendigen, liebevollen Ausdruck jener Eigenschaften, die ihren Ursprung in Gott und ihre vollkommene Kundwerdung in dem Menschen Gottes haben, sehen.
Dieses Ebenbild stammt nicht „von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist“. Es ist das Ebenbild des göttlichen Prinzips, das auf die Gesetze der Liebe reagiert, von allen verstanden und geliebt wird und alle versteht und liebt.