Die Christen haben jahrhundertelang an das Bild des in einer Krippe liegenden Christuskindes festgehalten. Aber die ChristusIdee, die heilende und erlösende Wahrheit, die Jesus in vollendeter Weise veranschaulichte, nahm ihren Anfang nicht mit der Geburt Jesu in Bethlehem. Sie ist in jedem Zeitalter von geistig gesinnten Männern und Frauen erschaut worden.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjen s'aiens., schreibt: „Die göttliche Idee nimmt in verschiedenen Zeitaltern verschiedene Formen an, je nach den Bedürfnissen der Menschheit. In diesem Zeitalter nimmt sie, wieser denn je, die Form des christlichen Heilens an. Das ist das Kindlein, das wir liebhaben sollen. Das ist das Kindlein, das seine Arme liebend um den Hals der Allmacht Gottes schlingt und Seinem liebenden Herzen unendliche Fürsorge entströmen läßt.“ Vermischte Schriften, S. 370; Wie können wir die Idee des christlichen Heilens lieben? Wir lieben sie, indem wir in unserem Herzen das Verlangen zu heilen nähren, indem wir die Fähigkeit zu heilen entwickeln und indem wir unsere Heilarbeit vor gegenläufigen Einflüssen schützen.
Der Wunsch, andere zu heilen, entspringt der Dankbarkeit Gott gegenüber und der Liebe zur Menschheit. Er wird in Augenblicken selbstloser Liebe geboren, wenn das Herz von dem Verlangen überfließt, dazu beizutragen, daß andere die Berührung der heilenden Wahrheit spüren. Er entspringt dem tiefen Verlangen, dem folgenden zeitlosen Befehl Christi Jesu zu gehorchen: „Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, reinigt Aussätzige, treibt böse Geister aus. Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch.“ Matth. 10:8;
Wenn der Wunsch zu heilen erst einmal im Denken erwacht ist, muß er durch ernsthaftes Gebet genährt werden. Wie ein Same in sich die Möglichkeit birgt, sich zu einer ausgewachsenen Pflanze zu entwickeln, so schließt das gottgegebene Verlangen zu heilen alles ein, was zu seiner fortschreitenden Entfaltung und endgültigen Erfüllung in unserem Leben nötig ist. Diese Entfaltung findet statt, wenn wir im Gebet auf göttliche Führung lauschen. Wenn wir in tiefer Demut darum beten, Gott durch die Heilarbeit zu dienen, wird jeder unserer Schritte auf dem Weg, den Christus, die Wahrheit, zu finden und zu leben, göttlich gelenkt und geschützt werden.
Es könnte sein, daß wir zunächst einmal dazu geführt werden, uns täglich eine gewisse Zeit freizuhalten, um Stellen aus der Bibel und den Schriften Mrs. Eddys, die sich auf das Heilen beziehen, zu studieren. Aber zur Ausübung der Christlichen Wissenschaft ist mehr erforderlich als ein Verständnis ihres Buchstabens. Der Heiler muß den Geist des Christus in sich aufnehmen. Barmherzigkeit, Einsicht, Weisheit, Zuneigung, Güte, Reinheit und Sanftmut müssen von denen, die sich dem christlichen Heilen widmen möchten, gepflegt werden.
Geistige Zuneigung oder Liebe ist das wesentlichste Element der Heilarbeit. Und diese Liebe muß eine selbstlose, zärtliche, reine Widerspiegelung der göttlichen Liebe sein. Wir eignen uns die christliche Liebe, die die Kranken heilt und die Sünder erweckt, nicht nur durch das Studium an; sie erwächst vor allem aus wissenschaftlichem Gebet, das auf unser Leben und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen angewandt wird.
Mrs. Eddy schreibt: „Wahrhaft beten heißt nicht Gott um Liebe bitten, es heißt lieben lernen und die ganze Menschheit in eine Liebe einschließen.“ Nein und Ja, S. 39; Wenn unser Gebet in dem aufrichtigen Verlangen besteht, Gottes Wesen zu verstehen und widerzuspiegeln, lernen wir, zu lieben und christusähnlicher zu werden. Das Verlangen nach Wachstum in der heilenden Gnade ist eigentlich ein Gebet, daß wir „gesinnt“ sein mögen, „wie Jesus Christus auch war“ Phil. 2:5;.
Wenn wir in unserem Heim, in unseren Kirchen und bei all unseren täglichen Angelegenheiten dem wesentlichen Inhalt dieses Gebets entsprechend leben, erheben wir den Christus, die Wahrheit, im Bewußtsein. Dadurch, daß wir beständig in christlicher Weise leben und lieben, werden wir jene zu uns ziehen, die nach dem christlichen Heilen suchen.
Manchmal läßt sich jemand, der sich mit dem Wunsch getragen hat, andere zu heilen, und der treu auf dieses Ziel hingearbeitet hat, entmutigen, wenn seine Tätigkeit in diesem Bereich nicht schnelle Fortschritte zeigt. Vielleicht wird er sogar dazu verleitet, die Idee des christlichen Heilens zu vernachlässigen, weil er zu dem Schluß kommt, daß er wohl nicht dazu ausersehen sei, diese Arbeit zu tun.
Ein Gärtner ist jedoch gewöhnlich geduldig und zuversichtlich, wenn er seinen Samen aussät. Er weiß, daß es seine Zeit dauert, bis Wurzeln in die Erde reichen und der zarte Schößling hervorbricht. Er hat den Wachstumsvorgang, der den Naturgesetzen entsprechend vor sich geht, verstehen gelernt.
Wenn wir uns entmutigen lassen und das, was unsere Fähigkeit zu heilen entwickelt — nämlich zu studieren, zu beten und die Wahrheit täglich zu leben —, vernachlässigen, so offenbart dies einen Mangel an Vertrauen zu Gott, der uns dieses heilige Verlangen schenkte. Würde unser himmlischer Vater dieses Verlangen in unserem Herzen wecken und es dann nicht zur Erfüllung bringen? Nein, natürlich nicht. Daher sollten wir lernen, den göttlichen Gesetzen, die das geistige Wachstum regieren, zu vertrauen, und daran festhalten, daß unsere Treue gegen den göttlichen Vorsatz Erfüllung mit sich bringen wird.
Nach der Geburt des Jesuskindes wurde Joseph von Gott durch einen Traum darauf hingewiesen, daß es notwendig war, das Kind vor dem Haß des Königs Herodes zu schützen. Wir lesen im Matthäusevangelium: „Siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Joseph im Traum und sprach: Stehe auf und nimm das Kindlein und seine Mutter zu dir und flieh nach Ägyptenland ... denn Herodes geht damit um, daß er das Kindlein suche, es umzubringen.“ Matth. 2:13;
Heutzutage ist es notwendig, das christliche Heilen vor gegenläufigen Einflüssen zu schützen, die seine Entwicklung zu hemmen suchen. Die Welt scheint nur nach und nach zu erkennen, daß geistige Mittel wirksam sind und daß man sich auf sie verlassen kann. Der Materialismus unserer Zeit und die Vorherrschaft materieller Heilmethoden sind eine Herausforderung für diejenigen, die das christliche Heilen ausüben.
Wir spüren diese Herausforderung jedesmal, wenn sich Zweifel in bezug auf die Wirksamkeit der Christlichen Wissenschaft an der Tür unseres Bewußtseins melden. Manchmal treten die Zweifel in unserem eigenen Denken auf; zuweilen im Denken eines anderen, dem wir mit der Christlichen Wissenschaft helfen. Die aggressive mentale Suggestion flüstert uns vielleicht ein, daß unser Verständnis von der Christlichen Wissenschaft nicht ausreiche, um ein bestimmtes Problem zu bewältigen, oder daß es gewisse Krankheiten gebe, die die Christliche Wissenschaft nicht heilen könne. Solange wir nicht erkennen, daß solche Suggestionene nicht unsere eigenen Gedanken sind, sondern lediglich unpersönlicher Widerstand gegen das Christus-Heilen — und solange wir sie nicht entschieden als machtlose Lügen widerlegen —, können sie unsere Arbeit untergraben und behindern.
Die Christliche Wissenschaft ist das Gesetz Gottes, und sie ist ein Gesetz, das dem Irrtum jeder Art entgegensteht. Es gibt keine Macht, die es umstürzen könnte, weil es sich auf ein allmächtiges göttliches Prinzip gründet. Nicht persönliche Willenskraft, sondern das Prinzip, der göttliche Geist, tut die Heilarbeit. Dieses unendliche Prinzip versagt niemals, wenn es verstanden und richtig angewandt wird. Wenn sich unsere Arbeit auf das göttliche Prinzip der Christlichen Wissenschaft stützt und wir ihren Regeln gehorsam sind, werden wir erfolgreiche Heiler sein.
Wir brauchen um das christliche Heilen nicht zu fürchten. Aber wir müssen es vor der uralten Feindschaft des sterblichen Gemüts gegen die geistige Idee schützen. Wie zu Jesu Zeiten kann der vermeintliche Widerstand des Irrtums gegen die Demonstration der Wahrheit unschädlich gemacht werden.
Auf die Geburt eines Kindes oder einer geistigen Idee Bezug nehmend, schreibt Mrs. Eddy: „Ihr Anfang wird sanftmütig, ihr Wachstum kraftvoll, ihre Reife ohne Verfall sein.“ Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 463. Läßt sich nicht mit diesen Wahrheiten auch das christliche Heilen beschreiben? Wenn wir den Wunsch zu heilen demütig im Herzen bewegen und im Gebet nähren, wird sein „Anfang ... sanftmütig“ sein. Wenn wir unsere Fähigkeit zu heilen entwickeln, indem wir den Christus im Bewußtsein erheben, wird sein Wachstum kraftvoll sein. Und wenn wir unsere Heilarbeit vor gegenläufigen Einflüssen schützen, wird seine Reife ohne Verfall sein.
