Diese Mahnung eines griechischen Philosophen wird noch heute von nachdenklichen Menschen geschätzt — wenn auch unterschiedlich interpretiert. Die Christliche Wissenschaft schaltet sich mit einer grundsätzlich neuen Betrachtungsweise ein. Durch diese Wissenschaft entdecken wir das wahre geistige Selbst, das jeder bereits in sich trägt und das durch den geistigen Sinn wahrgenommen werden kann. Dann können wir uns mit den schlechten Eigenschaften, die wir als unsere eigenen akzeptiert haben, ohne Heuchelei auseinandersetzen und sie überwinden.
Beim Anwenden der Christlichen Wissenschaft gehen wir nicht von einem begrenzten Persönlichkeitsbegriff aus. Die materiell orientierte Vorstellung vom Selbst muß vor dem geistigen Verständnis des einen göttlichen Gemüts als Alles-in-allem und des wahren Selbst des wirklichen Menschen zurückweichen. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Der Mensch ist mehr als eine materielle Form mit einem Gemüt darin, das seiner Umgebung entrinnen muß, um unsterblich zu sein. Der Mensch spiegelt Unendlichkeit wider, und diese Widerspiegelung ist die wahre Idee Gottes.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 258;
Zögern wir, einer solchen Definition vom Selbst zuzustimmen? Was geschieht, wenn eine ehrliche Prüfung unseres Standpunkts zeigt, daß wir lieber am gewohnten, persönlichen Begriff vom Selbst festhalten, weil er uns vertraut ist und allgemein anerkannt wird? Solange wir davon ausgehen, daß wir im wesentlichen gut veranlagte menschliche Personen seien, die mehr oder weniger erfolgreich göttliche Eigenschaften zu verkörpern suchen, basieren unsere Argumente nicht auf dem göttlichen Prinzip, und wir bleiben daher in der Defensive. Wir müssen spüren, daß wir unserem wahren, geistigen Selbst gemäß leben — als das „ausdrückliche Bild“ der Wahrheit. Dann können wir uns selbst und anderen die Bürden von den Schultern nehmen. Der allumfassende Charakter göttlicher Ideen wird unser Denken inspirieren und dort Hilfe bringen, wo heute um Frieden gekämpft wird.
In jedem Bereich, einschließlich unserer Weltanschauung, haben wir es praktisch mit unseren eigenen Annahmen zu tun — mit dem Glauben an die Wirklichkeit sogenannter widerstreitender Mächte und an die Begrenzung des Guten. Diese Anschauungen können nur in unserem eigenen Bewußtsein erkannt und durch eine radikale Umstellung gemeistert werden, indem wir unser wahres Selbst, das sich nur der Vollkommenheit bewußt ist, akzeptieren. Und mit Hilfe der Christlichen Wissenschaft können wir dies tun.
Es ist bedeutsam, daß viele Menschen, die das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, lasen, um vor allem mehr über Gott zu lernen, augenblicklich geheilt wurden. Anzuerkennen, daß wir Gott brauchen, ist an sich schon eine Erweiterung des mentalen Ausblicks. Diese Erkenntnis bringt uns dem unendlichen Maßstab des einen göttlichen Gemüts näher und befreit uns zugleich von der begrenzten Vorstellung, die wir von uns selbst haben. Das Verlangen nach einem größeren Verständnis von Gott und Seinem Gesetz des Guten weist auf unsere Beziehung zum Göttlichen hin. Es ist ein Lichtblick, daß die geistige Wirklichkeit zutage tritt und gleichzeitig damit die materielle Begrenzung zurückweicht. Was vergeht, ist nicht das Menschsein, sondern eine materielle Vorstellung vom Menschsein.
Mrs. Eddy sah die Bibellektionen im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft vor, damit unser Denken auf unpersönliche Weise unterstützt und systematisch vertieft werde. Jede dieser Lektionspredigten enthält einige Gedanken über das Heilen. Wir lernen verstehen, daß unser wahres, geistiges Selbst in dem einen Gemüt alle vollkommenen Ideen in sich schließt.
Es ist unsere Pflicht, angesichts feindlicher Systeme oder Gewaltandrohungen, den zwiespältigen persönlichen Sinn als Lügner zu behandeln und das falsche Bild durch das auszulöschen, was das eine, alles in sich schließende Gemüt über sich selbst weiß. Allgemeine Verhältnisse lediglich zur Kenntnis zu nehmen oder als Probleme anderer Leute — vielleicht anderer Länder — „dahingestellt sein zu lassen“ genügt also nicht. Die persönliche Anschauung eines sterblichen Betrachters, der materielle Personen und Dinge sieht anstatt Gottes Schöpfung, muß überwunden werden, und für Selbstgerechtigkeit, Selbstbedauern, Herrschsucht oder Starrheit darf kein Spalt offengelassen werden.
Unsere Führerin, Mrs. Eddy, sagt, auf die christlich-wissenschaftliche Lebensanschauung Bezug nehmend: „Erkenne dich selbst, und Gott wird dir Weisheit und Gelegenheit zu einem Sieg über das Böse geben. Und im gleichen Absatz fährt sie fort: „Der Zement einer höheren Menschlichkeit wird alle Interessen in der einen Göttlichkeit vereinen.“ ebd., S. 571. In der Christlichen Wissenschaft kann es keine eigensüchtige, begrenzte Anschauung vom Menschen geben. Wenn wir wissen, wer wir wirklich sind, schließen wir ganz selbstverständlich unseren Nächsten und alle Menschen in dieses Verständnis ein — als unbegrenzte, vollkommene, geistige Ideen des einen Gemüts, das nur seine eigene Vollkommenheit kennt und sieht.
