Menschlich gesehen, haben wir ein gemischtes geistiges und materielles Bewußtsein, in dem sich die göttlichen Ideen, der Ausdruck der einen Grundursache allen Seins, mit unvollkommenen sterblichen Vorstellungen zu verbinden scheinen. In diesem Bereich treten Krankheit, Mangel, Verlust und andere Probleme auf.
Die Christliche Wissenschaft erklärt, daß sterbliche Daseinsbegriff nicht wirklich ist. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Als ich dem Anschein nach der Grenze des sterblichen Daseins nahe war und schon im Schatten des Todestales stand, erkannte ich folgende Wahrheiten in der göttlichen Wissenschaft: daß alles wirkliche Sein in Gott ist, dem göttlichen Gemüt, und daß Leben, Wahrheit und Liebe allmächtig und immergegenwärtig sind; daß das Gegenteil von Wahrheit — Irrtum, Sünde, Krankheit, Siechtum und Tod genannt — das falsche Zeugnis des falschen materiellen Sinnes, des Gemüts in der Materie, ist; daß dieser falsche Sinn der Annahme nach einen subjektiven Zustand des sterblichen Gemüts entwickelt, den ebendieses sogenannte Gemüt Materie nennt, wodurch es den wahren Begriff von Geist ausschließt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 108;
Die Christliche Wissenschaft zeigt, wie dieser falsche, materielle Begriff von der Wirklichkeit berichtigt werden kann. Sie erleuchtet das Denken so, daß der „subjektive Zustand des sterblichen Gemüts“ als Irrtum erkannt wird. Geradeso wie eine am Horizont auftauchende Stadt ihre Anziehung verliert, wenn man bemerkt, daß sie nichts als eine Fata Morgana ist, verlieren die in der sterblichen Vorstellung erscheinenden Bilder von Sünde und Krankheit in dem Augenblick ihre vermeintliche Wirklichkeit, wo sie als falsche Annahmen erkannt und durch ein sich vertiefendes Verständnis von Gott aus dem Bewußtsein entfernt werden.
Gott ist nicht ein überdimensionales menschliches Wesen, das irgendwo im physischen Weltall zu finden ist. Er ist als immer gegenwärtiger Geist mitten unter uns. Geist ist die Substanz allen Seins; er ist Leben, Wahrheit und Liebe. Gott verstehen und lieben zu lernen bringt die Bereitwilligkeit mit sich, die Eigenschaften des sogenannten sterblichen Gemüts wie Eigenwillen, Stolz, Neid, Haß aufzugeben und unser Denken dem geistig Guten zu öffnen.
Christus Jesus sagte: „Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“ Matth. 5:8; Reines Herzens zu sein bedeutet, die materielle Anschauung von der Wirklichkeit für die wahre geistige Anschauung vom Sein aufzugeben. Diese Läuterung des Denkens befähigt uns, das Leben in seiner geistigen Bedeutung zu erkennen. In dem Maße, wie sich unser Denken dem Christus, der wahren Idee Gottes, öffnet, werden die bedrückenden Zustände des menschlichen Daseins mehr und mehr an Bedeutung verlieren, bis sie ganz verschwinden und die Wahrheit über das unsterbliche Sein des Menschen in zunehmendem Maße in unserem Leben sichtbar wird.
Nach dieser Erleuchtung zu streben — diesem Erfassen der Gegenwart Gottes, diesem Verständnis, daß der Mensch Gottes Ausdruck ist — kann mit dem Besteigen eines Berges erhobenen Denkens verglichen werden. So ließ Mose, als er auf den Berg Horeb stieg, wo er von Gott die Zehn Gebote empfing, die suggestiven menschlichen Denkschemen hinter sich und war für die geistige Wahrnehmung empfänglich. Sein Denken wurde für das Reich Gottes empfänglich (von dem Jesus später sagte, daß es inwendig in uns sei), für das Universum des Geistes, das weder Grenzen noch menschliche Vorstellungen kennt.
Auch wir können unser Denken über den Augenschein der materiellen Sinne erheben und uns auf dem Berg geistiger Wahrnehmung der Führung Gottes bewußt werden. Hier verliert die Welt der körperlichen Sinne ihre vermeintliche Wirklichkeit — sie sinkt zurück in die Nichtsheit, aus der sie kam. Durch die Erleuchtung des geistigen Verständnisses nehmen wir den Menschen als Ausdruck Gottes wahr, des göttlichen Lebens, des ewigen Ich bin. Wir werden uns der unverletzlichen, auf Liebe gegründeten Einheit von Gott und dem Menschen, vollkommener Ursache und vollkommener Wirkung, bewußt. Wir erleben dann etwas von der göttlichen und immer gegenwärtigen Vollkommenheit im geistigen Bewußtsein — wir „erkennen die Liebe Christi, die doch alle Erkenntnis übertrifft“ Eph. 3:19;, wie Paulus schreibt.
Im Licht geläuterter Selbsterkenntnis verlieren sich die kurzsichtigen Vorstellungen von einem materiellen Universum. Das erleuchtete Bewußtsein schaut über die Begrenzungen einer vermeintlichen materiellen Welt hinaus und akzeptiert die göttliche Schöpfung, wie sie wirklich ist: geistig, vollkommen und ewig.
Inspiriert und erleuchtet durch ihr Studium der Heiligen Schrift und durch ihren Beweis von der darin enthaltenen heilenden Macht, unternahm Mrs. Eddy den gewaltigen Schritt, Wissenschaft und Gesundheit zu schreiben und zu veröffentlichen, um dem unerleuchteten menschlichen Denken verständlich zu machen, was sie als den Ich bin, das göttliche Prinzip des Seins, erschaut hatte. Sie erklärt mit einfachen, aber inhaltsschweren Worten: „Gott ist unkörperliches, göttliches, allerhabenes, unendliches Gemüt, Geist, Seele, Prinzip, Leben, Wahrheit, Liebe.“ Auf die Frage, ob diese Ausdrücke sinnverwandt seien, antwortet sie auf derselben Seite: „Sie sind es. Sie beziehen sich auf einen absoluten Gott. Sie sollen zugleich die Natur, das Wesen und das Ganze der Gottheit ausdrücken.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 465;
So wird es klar, wo wir Gott finden können. Inwendig in uns vernehemen wir Leben, Wahrheit und Liebe als den Ich bin. Das menschliche Denken, das sich dieser Erkenntnis öffnet, gibt menschliche Erfahrungswerte auf, blickt selbstlos über den menschlichen Begriff vom Ego hinaus und versteht in zunehmendem Maße, daß das göttliche Ego Alles und vollkommen ist — die allgegenwärtige Wahrheit, das göttliche Prinzip allen Seins.
„Gott ist Liebe“ 1. Joh. 4:8;, erklärte Johannes von dem hohen Standpunkt geistiger Wahrnehmung aus, denn hier erfüllt Liebe das Bewußtsein — die Liebe, die menschliche Weisheit allein nicht erklären kann und die alles ausschließt, was nicht in Gott, dem Guten, seinen Ursprung hat. Ihre Strahlen unendlichen Lichts ergießen sich über alles. Diese Liebe schließt alles ein — jede Idee, die geistig wahrgenommen wird. Diese Liebe ist Leben, unser Leben, das so grenzenlos ist wie Gott, Geist, selbst. Ist es nicht klar, daß wahres Leben das Erkennen der Liebe ist? Jesus sagte: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ Joh. 17:3.
Es ist unsere Aufgabe, anzuerkennen, daß das wirkliche Ego Liebe ist, und Liebe ist die alles bewirkende Ursache; daß der Mensch das bewußte Ebenbild dieses Ego ist und daß er sich immer auf dem Gipfel geistiger Wahrnehmung befindet.
