Wir leben in einer Welt, deren Stabilität von einem Gleichgewicht der Mächte abhängt — von einem ausgewogenen Kräfteverhältnis, das verhindern soll, daß ein Land in Versuchung gerät, in ein anderes einzufallen oder es zu vernichten. Dieses Gleichgewicht, das oftmals gefährdet ist, wird hauptsächlich durch Bündnisse und Gegenbündnisse aufrechterhalten. In den letzten Jahrzehnten vollzogen sich dramatische Verlagerungen der wirtschaftlichen und politischen Macht, die manchmal überraschend kamen und das Zünglein an der Waage auf Stabilität, Labilität oder Ungewißheit schnellen ließen. Der neue Ölreichtum im Nahen Osten z. B. wirkt sich überall in der Welt auf Wirtschaft und Politik aus. Die Wiederaufnahme freundschaftlicher Beziehungen zwischen China und den Vereinigten Staaten hat großen Einfluß auf das Verhalten und die Handlungen dieser beiden Länder und der Sowjetunion — alle drei sind Schlüsselfiguren in der Weltpolitik.
Es ist ein grundsätzlicher Widerspruch, sich zur Erhaltung des Friedens auf bestimmte Feindseligkeiten oder Freundschaften zu verlassen. Warum sollte es in der Welt plötzlich gefährlicher werden, wenn zwei ehemals feindliche Länder miteinander Freundschaft schließen — oder zwei einander freundschaftlich gesinnte Nationen getrennte Wege gehen?
Eines Tages müssen die Völker über diese künstliche und gefährliche Stabilität, die auf dem Gleichgewicht sterblicher Macht beruht, hinauswachsen und sich mit einer völlig neuen Auffassung von Macht auseinandersetzen. Schon als Junge bewies David durch seinen Sieg über Goliath, woher wahre Macht kommt. Und später, als er König war, konnte er seinem Volk in einem Dankgebet erklären: „Dein, Herr, ist die Majestät und Gewalt, Herrlichkeit, Sieg und Hoheit. Denn alles, was im Himmel und auf Erden ist, das ist dein.“ 1. Chron. 29:11;
Früher oder später muß die ganze Welt einsehen, was David anerkannte. Sie muß zu der Erkenntnis kommen, daß wahre Stärke allein Gott gehört; daß diese eine Kraft unendlich, unteilbar, absolut ist. Dann werden politische Zusammenschlüsse und Atomwaffenarsenale unserem Verständnis des göttlichen Geistes völlig untergeordnet. Menschliche Eintracht und nukleare Vorratslager stellen keine Stärke dar. Macht, ebenso wie Eintracht, ist göttlich und führt uns zu den rechten menschlichen Schritten.
Bevor man aber das Wesen der Macht Gottes richtig erfassen kann, muß man verstehen, was Substanz ist — und was sie nicht ist. Vom christlichen, wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen, ist Substanz Gott selbst. Sie ist Geist — das Gemüt, das Liebe ist. Und der Geist ist unbegrenzt; er umfängt den Menschen als seine unendliche Widerspiegelung.
Das freie, uneingeschränkte Wesen der Substanz und des Seins schließt die Materie als Substanz und Leben aus und verbannt die Materie in den Bereich falscher, mentaler Erscheinungen. Wenn wir die materiellen Vorstellungen, die wir vom Menschen und von dem Universum hegen, zurückweisen und zugeben, daß die göttliche Liebe Alles ist, wird uns das Wesen der Macht klarer. Gottes Kräfte liegen in Seinen reichen Eigenschaften, wie Barmherzigkeit, Zärtlichkeit, Güte, Gerechtigkeit und Integrität. Diese göttlichen Energien, die Gesetze Gottes, bilden den Menschen und regieren ihn.
Wenn wir dies klar erkennen, stellen wir fest, daß wir uns immer mehr von den Gesetzen Gottes, den Kräften des Gemüts, leiten lassen und unsere wahre Individualität entdecken. Mrs. Eddy schreibt: „Der Mensch hat eine fortdauernde Individualität; und Gottes Gesetze und ihr intelligentes und harmonisches Wirken bilden seine Individualität in der Wissenschaft der Seele.“ Nein und Ja, S. 11; Fügen wir uns unablässig dem Gesetz Gottes, beginnen wir die göttliche Liebe als eine überwältigende Gegenwart und Macht zu fühlen. „Wie um Jerusalem Berge sind, so ist der Herr um sein Volk her“ Ps. 125:2;, sang der Psalmist.
Gottes Offenbarung, daß Er die einzige Macht und Substanz ist, mag allmählich und unbemerkt in das menschliche Bewußtsein eindringen. Doch sie wandelt den Charakter des einzelnen — ja den ganzer Völker. Sie läutert die Beweggründe, zerstört die Furcht. Sie beherrscht Regierungen. Sie setzt Gerechtigkeit durch — die Voraussetzung für dauerhafte Stabilität.
„Menschen wie Völker vereinen sich harmonisch auf der Grundlage der Gerechtigkeit, und dies wird vollbracht, wenn das Selbst in der Liebe — in Gottes eigenem Erlösungsplan — aufgeht“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 283., schreibt Mrs. Eddy. Dauernder Weltfrieden wird erzielt, wenn wir uns nicht länger ausschließlich auf ein Gleichgewicht der menschlichen Mächte verlassen, sondern beginnen, die Allmacht der Güte Gottes zu erkennen, und uns ihr fügen — unser sterbliches Selbst den gewaltigen Kräften der unendlichen, göttlichen Liebe unterstellen.
