Als Christus Jesus vor zweitausend Jahren öffentlich zu wirken begann, wurde das menschliche Bewußtsein bis ins Innerste aufgewühlt. Einige Menschen waren von den unvergleichlichen Heilungen, die er vollbrachte, zutiefst bewegt. Andere wiederum wurden durch seine Lehren und Handlungen zum Widerspruch gereizt, ja sogar in Rage gebracht. Ob Jünger, Verleumder oder gleichgültiger Beobachter, niemand konnte sich dem Einfluß der Handlungen Jesu vollständig entziehen, weil der Heiland geistige Begriffe einführte, die die Grundlagen des Denkens in der Welt änderten.
Anhand von Beispielen zeigte er, was es bedeutet, Gott uneingeschränkt als die einzige Macht, als das unendliche Gute, zu akzeptieren. Sein Leben und schließlich seine Himmelfahrt veranschaulichten klar und deutlich, wozu das Verständnis führt, daß der Mensch kein Sterblicher ist, sondern die geistige Idee Gottes. Die Wirkung der Wahrheiten, die er lehrte, und der Geistigkeit, die er demonstrierte, spürte man damals — und man spürt sie heute. Der Tröster, von dem Jesus uns verhieß, er werde uns alles lehren, ist unserem Zeitalter durch die Christliche Wissenschaft erschienen und hat in wenig mehr als einem Jahrhundert eine unwiderrufliche geistige Revolution eingeleitet. Die Wahrheit, daß Gott Alles ist, daß Er vollkommen ist und daß das Universum, einschließlich des Menschen, Seine Vollkommenheit widerspiegelt, schlägt im Leben der einzelnen Wurzeln, verändert es und löst somit in der Welt eine mächtige Chemikalisation aus.
Wenn Wahrheit in das menschliche Bewußtsein eindringt, bewirkt dies unausweichlichen Aufruhr. Konventionelles sterbliches Denken, das Jahrhunderte alt ist, wird ausgelöscht. Sollten wir so überrascht sein, die Umwälzungen, ja die Unruhen in der Welt zu sehen? Wenn Wahrheit das Böse berührt und auflöst, führt das zweifellos zu einer Chemikalisation. „Das, was ich Chemikalisation nenne“, erklärt Mrs. Eddy, „ist die Umwälzung, die entsteht, wenn die unsterbliche Wahrheit die irrige sterbliche Annahme zerstört. Die mentale Chemikalisation bringt Sünde und Krankheit an die Oberfläche und zwingt die Unreinheiten zu vergehen, geradeso wie es bei einer gärenden Flüssigkeit der Fall ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 401;
Diejenigen, die sich daran beteiligen, der Welt die exakte Wissenschaft des Christentums zu bringen, sollten nicht über den Sturm erschrecken, den diese Wissenschaft hervorrufen mag. Noch sollten sie überrascht sein, wenn aggressives Weltdenken sich gegen sie richtet, ihre Mitgliederzahl verringert und ihre Botschaft verspottet. Wollen wir ein schönes, ruhiges behagliches (wenn auch kurzes) sterbliches Leben führen, müssen wir woanders als in der Christlichen Wissenschaft danach Ausschau halten.
Wenn wir aber den Mut haben, sterbliche Vorstellungen abzuschütteln, und dazu beitragen, die Welt aus ihrer hypnotischen Trance zu erwecken, dann halten wir an jenen Wahrheiten fest, die das Denken vom Irrtum befreien — wenn auch der Reinigungsprozeß bisweilen hart erscheinen mag. Was bedeutet das für den einzelnen, der für seine Welt betet und sie dann in Aufruhr sieht, weil die geistigen Wahrheiten das menschliche Bewußtsein aufwühlen? Manchmal erkennen wir vielleicht keine klaren Anzeichen einer Chemikalisation. Wir mögen in Gedanken zu den Unruheherden der Welt eilen und feststellen, daß wir unsichere und besorgte Beobachter eines Aufruhrs sind, der sich aufgrund der Anwendung geistiger Wahrheiten entwickelt hat.
Verstehen wir mentale Chemikalisation, werden wir solche Umwälzungen genauso behandeln wie einen Kranken, der zu uns kommt, um geheilt zu werden. Ein Patient muß nicht unbedingt leiden, wenn sich die Grundlage seines Denkens wandelt. Scheint der Übergang von einer materiellen auf eine geistige Einstellung aber Leiden zu verursachen, müssen wir der Annahme entgegentreten, daß eine Umwandlung schmerzhaft sei. Mrs. Eddy beschreibt eine solche Situation: „Wenn während deiner Behandlung eine Krisis eintritt, mußt du den Patienten weniger gegen die Krankheit behandeln und mehr gegen die mentale Störung oder Gärung und mußt die Symptome überwinden, indem du die Annahme beseitigst, daß diese Chemikalisation Schmerz oder Krankheit erzeugt.“ ebd., S. 421;
Wird eine Gärung durch metaphysische Behandlung hervorgerufen — durch den Einfluß geistiger Ideen auf spezifische menschliche Nöte —, ist das nicht schlimm. Schlimm ist es aber, wenn wir auf halbem Weg aufgeben — uns vor dem Aufruhr fürchten und uns von der Arbeit abwenden, bevor sie zu Ende geführt ist. Haben wir Gottes Allerhabenheit in tiefer Überzeugung bekräftigt — wird unser Gebet von der göttlichen Kraft getragen —, können wir erwarten, daß sich Anzeichen einer Heilung zeigen. Und wenn das Böse durch diesen heilenden Einfluß in Aufruhr gerät, wird uns das nicht einschüchtern.
Das Böse ist machtlos, ja im Grunde unwirklich. Gott ist wirklich, und Er ist immer gegenwärtig. Das beharrliche Bestehen auf der Tatsache, daß das Böse nichts ist, mag eine sterbliche Mentalität durchaus in Rage bringen, aber gleichzeitig führt es das sterbliche Gemüt seiner Auflösung näher.
Gott ist niemals die Ursache des Bösen. Verstehen wir aber Seine Allheit, und nehmen wir sie für uns in Anspruch, wird das Böse an die Oberfläche gebracht und schließlich als nichts erkannt. In der Bibel lesen wir: „Ich bin der Herr, und sonst keiner mehr, der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis, der ich Frieden gebe und schaffe Unheil. Ich bin der Herr, der dies alles tut.“ Jes. 45:6, 7; Mrs. Eddy sagt über diese Bibelstelle folgendes: „... doch der Prophet bezog sich auf das göttliche Gesetz, das die Annahme vom Bösen bis zum Äußersten aufrührt, wenn es dasselbe an die Oberfläche bringt und auf den gemeinschaftlichen Nenner Nichts zurückführt. Das schlammige Flußbett muß aufgerührt werden, damit der Strom gereinigt wird.“ Und sie fährt fort: „Wenn die Symptome des Bösen, der Illusion, sich in der moralischen Chemikalisation verschlimmern, mögen wir in unserer Unwissenheit denken, der Herr habe ein Übel gewirkt, aber wir sollten wissen, daß das Gesetz Gottes die sogenannte Sünde und ihre Wirkungen nur zu dem Zweck aufdeckt, damit Wahrheit jeden Begriff vom Bösen und jedes Vermögen zu sündigen vernichten möge.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 540.
Während der letzten hundert Jahre hat für unsere Welt eine Epoche beispielloser Veränderungen begonnen. Und das Tempo dieser Veränderungen nimmt zu. Oberflächlich betrachtet, mag es so aussehen, als seien die Veränderungen auf den Aufruhr der Materialität zurückzuführen. Doch das bedeutsamere Phänomen ist ein fundamentaler Wandel — ein Abwenden von dem Denken, das sich auf Materie gründet, und ein Akzeptieren des Denkens, das den göttlichen Geist zum Ausgangspunkt hat. Wenn sich die Symptome einer solchen Änderung zu verschlimmern scheinen — vielleicht sogar Schmerzen eintreten —, können wir im Gebet daran festhalten, daß die Geburt einer geistig aufgeklärten Weltanschauung die Menschen segnen muß, anstatt sie in Schrecken zu versetzen oder ihnen zu schaden.
Geist ist der uneingeschränkte Herrscher seiner Schöpfung. Die Welt kann diese Tatsache nicht umstoßen. Doch unser Verständnis dieser Tatsache kann eine Chemikalisation auslösen, die die Welt so aufrüttelt, daß sie die Allerhabenheit der Güte Gottes anerkennt.
