Wer ständig hohe Leistungen erbringen muß oder im Wettbewerb steht, kann in der Christlichen Wissenschaft eine unentbehrliche Hilfe finden, um seine mentalen Kräfte zu stärken. Geistig begründetes Denken führt immer zur Freiheit der Tätigkeit. Sei es nun auf dem Gebiet des Sports, der Musik, des Schauspiels, Tanzes oder in anderen Bereichen, der Sportler oder Künstler kann seine Leistung vom Selbst befreien und etwas von der Herrschaft gewinnen, die dem geistigen Menschen innewohnt.
Wenn sich jemand der konzentrierten Aufmerksamkeit einer Zuhörerschaft gegenübersieht, hat er oft Zweifel, ob seine Darbietung den Erwartungen entsprechen wird. Dieses Lampenfieber wird durch Gebet gemildert. Wir beginnen zu verstehen, daß Gott tatsächlich der Ursprung aller Talente und aller Leistung ist. Mary Baker Eddy schreibt: „Die Wissenschaft enthüllt die Möglichkeit, alles Gute zu vollbringen, und heißt die Sterblichen das entdecken, was Gott schon getan hat; aber Mißtrauen in die eigene Fähigkeit, das ersehnte Gute erringen und bessere und höhere Resultate erzielen zu können, hemmt oft den Versuch, unsere Schwingen zu entfalten, und macht das Mißlingen von vornherein zur Gewißheit.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 260.
Ich verdiene meinen Lebensunterhalt durch Golfspielen. Da die Christliche Wissenschaft in meinem Leben vor allen anderen Dingen den Vorrang hat, strebe ich danach, alle Konflikte durch Gebet zu lösen. Die Tendenz, Leistung ausschließlich auf das eigene Können zu beziehen, ist meiner Ansicht nach der aggressivste Anspruch des materiellen Denkens. Dieser Anspruch zeigt sich uns auf verschiedene Weise. Einmal sagen wir uns mit Stolz und Selbstvertrauen: „Das habe ich großartig gemacht! Heute habe ich wirklich geglänzt!“ Dann wieder ist die Suggestion negativ und äußert sich in niederschmetternder Selbstverdammung: „Ich habe es verpatzt! Ich habe versagt! Werde ich je Erfolg haben?“
Es ist von höchster Bedeutung, daß wir unsere Fähigkeiten richtig einschätzen lernen. Die wahre Individualität eines jeden von uns ist die Widerspiegelung des einen Ego. Bezeichnenderweise erklärt Mrs. Eddy das „Ich oder Ego“ folgendermaßen: „Das göttliche Prinzip; Geist; Seele; unkörperliches, unfehlbares, unsterbliches und ewiges Gemüt.“ Ebd., S. 588. Die Idee eines „unfehlbaren“ Gemüts beeindruckte mich besonders.
Ich denke oft über die Bedeutung der wissenschaftlichen Beziehung Gottes zum Menschen nach. Eines Tages kam mir eine hilfreiche Analogie in den Sinn, die sich auf eine musikalische Darbietung bezog: Gott ist der einzige Künstler, und der Mensch ist sozusagen die Musik. Ich erkannte ganz klar, daß die Harmonie, die der Mensch zum Ausdruck bringt, allein dem göttlichen Gemüt, Seele, entspringt. Alle Eigenschaften, die die Tätigkeit wahren Lebens bekunden, kommen von Gott. Das göttliche Leben, Gott, erhält diesen Ausdruck aufrecht. Auf gleiche Weise sorgt sich die Musik nicht darum, ob sie einen falschen Ton anschlägt; ebenso konnte auch ich, die ich in Wirklichkeit Gottes „Darbietung“ oder Kundwerdung war, keine unharmonischen Betrachtungen anstellen. Ein Zitat Mrs. Eddys fiel mir ein: „Alles, was Gottes gibt, bewegt sich in Übereinstimmung mit Ihm und spiegelt Güte und Kraft wider.“ Ebd., S. 515. So erkannte ich, daß alle Eigenschaften, die für einen guten Golfschlag nötig sind, wie Anmut, Schönheit, Rhythmus, Kraft, Intelligenz, ihren Ursprung in Gott und nicht in meinem fleischlichen Körper haben. Dieses Bemühen, meine Leistung vom Selbst zu befreien, gibt mir Ruhe und räumt die Barrieren der Begrenzung weg.
Für denjenigen, der sich an Wettkämpfen beteiligt, ist es von unschätzbarem Wert, wenn er sich klar wird, was ein Wettkampf eigentlich ist. Im Himmelreich gibt es keinen Wettstreit. Für die Sterblichen bedeutet ein Wettkampf das Streben, Begrenzungen zu überwinden. Der Mensch Gottes jedoch, der den Unendlichen widerspiegelt, ist keinen Begrenzungen unterworfen. Der Mensch besitzt uneingeschränkte Fähigkeiten, macht ungehindert Fortschritte und hat vollkommene Herrschaft über alle Tätigkeiten und jede Bewegung. Vollkommenheit ist nicht statisch, sondern auf wunderbare Weise unendlich dynamisch.
Der sterbliche Sinn, der nur Begrenzung kennt, kann sich nicht mehr als einen Sieger vorstellen. Diesem sterblichen Sinn zufolge sind dem Guten Grenzen gesetzt, und nur einigen wenigen kann die verdiente Ehrung zuteil werden. In Wirklichkeit aber können alle an dem unendlichen Guten teilhaben.
Die Annahme, das Gute sei begrenzt, beschwört oft die verderbtesten Reaktionen herauf. Menschen, die ansonsten zufrieden sind, werden neidisch, und statt aufrichtiges Interesse am Erfolg ihrer Konkurrenten zu zeigen, ziehen sie sich in ihr Schneckenhaus zurück. Wenn es ihnen schon nicht gelingt, ihre Konkurrenten zu übertreffen, hoffen sie, daß ihre Rivalen vielleicht versagen und sie selbst dann doch noch den Sieg erringen. Wenn ich still die Unendlichkeit des Guten anerkannte und anderen mit Selbstlosigkeit und gutem Willen begegnete, habe ich eine Heilung solcher Umstände erlebt.
Obgleich man sorgfältig arbeitet und betet, scheint sich der Fortschritt manchmal nur langsam zu zeigen. Es ist wichtig, sich über die kleinen Triumphe zu freuen und vor allem geduldig zu sein. Wir können von den frühen Christen, die oft gegen Widerstände anzukämpfen hatten, viel lernen. Im Brief des Jakobus lesen wir: „Meine lieben Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallet, und wisset, daß euer Glaube, wenn er bewährt ist, Geduld [„Standhaftigkeit“ nach der New English Bible] wirkt. Die Geduld aber soll ihr Werk tun bis ans Ende, auf daß ihr seid vollkommen und ohne Tadel und kein Mangel an euch sei.“ Jak. 1:2–4.
Die scheinbare Mischung von Gut und Böse, Erfolg und Mißerfolg, Freude und Leid, hat mich schon oft dazu veranlaßt, über Christi Jesu Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen nachzudenken. Es gab Tage auf dem Golfplatz, an denen meine Leistung aus einer seltsamen Mischung von Stümperhaftigkeit und Brillanz bestand, was am Ende ein mittelmäßiges Resultat ergab. Die Brillanz aber deutet an, daß sich die Göttlichkeit der Menschheit offenbart; und dieses hehre Ideal sollte man immer vor Augen haben, wenn die Göttlichkeit schließlich in all ihrer Herrlichkeit offenbart werden soll.
Am zweiten Abend eines dreitägigen Golfturniers war ich sehr entmutigt. Tagelang hatte ich die Feinheiten des Golfspielens geübt, doch scheinbar waren alle Anstrengungen umsonst. Nun war ich müde, vom Wetter mitgenommen und wollte am Ende eines schlechten Tags einfach schlafen gehen; der Mißerfolg machte mir zu schaffen.
Ich entschloß mich, die Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft zu lesen. Gleich das erste Zitat in Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy ließ mich aufmerken: „Es gibt nur einen Weg zum Himmel, zur Harmonie, und Christus zeigt uns diesen Weg in der göttlichen Wissenschaft. Das heißt keine andere Wirklichkeit kennen — kein anderes Lebensbewußtsein haben — als das Gute, als Gott und Seine Widerspiegelung, und sich über die sogenannten Schmerzen und Freuden der Sinne erheben.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 242.
Die Schmerzen des Verlierens und die Freuden des Gewinnens hatten mich beherrscht. „Der Himmel, die Harmonie“ schien eine entfernte Wirklichkeit zu sein. Doch ich wollte wissen, wie ich sie finden konnte. Die Antwort lag natürlich vor meinen Augen: „... Christus zeigt uns diesen Weg in der göttlichen Wissenschaft.“ Der Weg war klar vorgezeichnet — was ich wissen mußte und worüber ich mich „erheben“ mußte, war deutlich.
Ich begann die Wirklichkeit von allem, was nicht gut war, zu leugnen. Bewußt verneinte ich die Annahme, daß der Mensch versagen und sich mit Gedanken der Entmutigung, des Zweifels oder der Niederlage tragen könne. Ich lehnte es ab, meine Zufriedenheit von äußeren, materiellen Umständen abhängig zu machen. Beharrlich erklärte ich meine Einheit mit Gott; ich dachte an die Analogie von dem Musiker und der Musik und wußte, daß die Bürde, hohe Leistungen erbringen zu müssen, von Gottes Allmacht getragen wurde. Licht begann meine düstere Stimmung zu vertreiben. Plötzlich schien der Sieg nicht mehr so wichtig. Ich erkannte, daß ich in Wahrheit Gottes Idee und daher als Seine Widerspiegelung ein Erfolg war.
Am nächsten Tag spielte ich die beste Runde Golf, die ich je in einem Turnier erzielt hatte. Das Turnier gewann ich nicht, wohl aber den Kampf gegen den Mißerfolg. Die Ketten, die das Denken gefangenhalten, fallen ab, wenn man die moralische Stärke besitzt, sich der Selbstaufopferung und Selbtverleugnung des wahren Christentums zu beugen. Wer demütig Gottes Willen tut, überwindet das Vertrauen auf das sterbliche Selbst mit der Zuversicht auf Gott; anstatt um dieses Selbst besorgt zu sein, liebt er Gott, und anstelle von Mißerfolg erlebt er Gottes Herrlichkeit. Das Verneinen des falschen Selbst sperrt Begrenzung, Endlichkeit und Sterblichkeit aus und öffnet den Gedanken weit für das grenzenlose, befreite, unsterbliche Sein. Dies segnet alle.
In welchen Bereichen Sie auch hohe Leistungen erbringen müssen, Sie können es als eine willkommene Gelegenheit betrachten, die Begrenzungen eines falschen Sinnes vom Selbst zu überwinden. Verzagen Sie nicht, wenn das Streben nach Herrschaft einem Kampf zwischen hohen Erwartungen und mageren Resultaten gleichen mag. Tatsächlich muß nichts außer Ihrem eigenen falschen Begriff vom Sein überwunden werden. Der Lohn ist unermeßlich und von weit größerer Bedeutung als das Ereignis eines bestimmten Tages. Sie gewinnen ein wahres Verständnis vom Leben, das Sie niemals verlieren werden.
[Siehe Zeugnis von einem Schwimmer auf Seite 487]
