Zuweilen kann eine Diskussion über Fragen der Moral nützliche Hinweise, ja sogar notwendige Einsicht vermitteln.
Ein teilnahmsvolles und offenes Gespräch zwischen Eltern und Kindern über akzeptables sexuelles Verhalten kann, wenn es zur rechten Zeit kommt, wichtige Anleitung geben. Bei einer Verabredung mag der eine Partner es notwendig finden, dem anderen seinen aufrichtigen Wunsch zu erklären, die moralische Reinheit in der Beziehung zu erhalten. Wer in seinem Herzen weiß, was richtig ist, wem es aber schwerfällt, in seinem Leben dementsprechend zu handeln, möchte sich vielleicht mit einem anderen offen darüber unterhalten, der in seinem Leben große moralische und geistige Stärke gezeigt hat.
Sicher kann solch ein ehrlicher Meinungsaustausch zur rechten Zeit hilfreich sein. Aber wir müssen auch weise genug sein, um mehr Vertrauen auf den Christus und seine heilende Wirkung zu setzen und uns weniger auf unsere eigenen Worte und Bemühungen zu verlassen, um die Ansichten anderer zu beeinflussen.
Welche Beziehung besteht zwischen dem Christus und der Moral? Der Christus ist der innere Drang nach Reinheit; er offenbart dem Bewußtsein das Wesen und die Güte Gottes, sowie die Vollkommenheit des Menschen. Moral ist weit mehr als ein Satz von Verhaltensregeln, die aufgrund menschlicher Meinungen aufgestellt wurden. Moral ist die aktive Wirkung des Christus; sie ist die praktische Führung, die aus dem Impuls entsteht, den das Bewußtsein durch Gottes Wort erhält. Der Christus befähigt uns, zwischen dem, was falsch, und dem, was richtig ist, zu unterscheiden. Moral ist die Wirkung, die dieses Differenzieren auf unser tägliches Leben hat. Die Bergpredigt z. B. enthält viele Illustrationen für eine Verhaltensweise, die von der Christlichkeit bestimmt wird.
Im Laufe der letzten zwanzig Jahre wurden viele Fragen über das sexuelle Verhalten aufgeworfen — und sogar heftig diskutiert. Dabei entwickelten sich gelegentlich hitzige Argumente (weil die Standpunkte manchmal von Emotionen oder vom Intellektualismus beeinflußt waren), die einigen Befürwortern der konventionellen Moral das Gefühl gaben, in die Defensive getrieben worden zu sein.
Viele Menschen sind tief davon überzeugt, daß altbewährte, traditionelle Normen der Moral die Stabilität der menschlichen Gesellschaft auf lange Sicht am besten gewährleisten und daß diese Normen den einzelnen am wirksamsten beschützen und ihm Halt geben, während er die Einheit von Gott und dem Menschen besser zu verstehen sucht. Aber all die aufrichtigen Bemühungen, einen anderen davon zu überzeugen, daß es weise sei, die Moral aufrechtzuerhalten, und wie töricht es sei, sie neu zu definieren, um das Drängen des Körpers oder des menschlichen Gemüts mehr zu befriedigen, mögen fehlschlagen. Wir brauchen gewisse Verhaltensregeln; aber offensichtlich genügt es nicht, diese Regeln einfach aufzustellen. Viel notwendiger ist es, daß uns der Christus mit Wärme und Barmherzigkeit berührt und seine erleuchtende, heilende Botschaft mitteilt — eine Botschaft, die uns zu erkennen hilft, daß der Mensch als reine Idee des Geistes vollkommen ist.
Das menschliche Ich, das in seinen Ansichten vom Intellektualismus und von einem Körper bestärkt wird, der beansprucht, wirklich zu empfinden und zu stimulieren, hört nicht gern auf die Moralpredigten anderer. Aber wenn wir genügend Mitgefühl haben und die rechtmäßige Geistigkeit jener erkennen, deren moralische Charakterstärke vorübergehend geschwächt ist, wird diesen Menschen Hiobs Ausspruch: „Belehret mich, so will ich schweigen, und worin ich geirrt habe, darin unterweist mich!“ mehr bedeuten als die folgenden Worte: „Wie kräftig sind doch redliche Worte! Aber euer Tadeln, was beweist das?“ Hiob 6:24, 25.
Wenn moralische Verwirrung dem Leben eines Menschen in sexueller Hinsicht eine falsche Richtung gegeben hat, braucht er viel mehr als energische Worte über die Notwendigkeit, sich zu wandeln. Er braucht den läuternden Christus — seine klare, erhebende Botschaft, die zeigt, daß Gott, Seele, sündlos ist und der Mensch die Seele zum Ausdruck bringt. Diese zartfühlende Macht kann das Bewußtsein sanft aufrütteln, so daß es zur moralischen Einsicht erwacht.
Eine wesentliche Aufgabe des Christus ist es, uns die Allheit Gottes deutlicher vor Augen zu führen. Schließlich wird jeder einzelne von uns zu der vollen Erkenntnis erwachen, daß Gott unsterbliche Seele ist und der Mensch die Reinheit, Tugend und Rechtschaffenheit der Seele zum Ausdruck bringt. Der Mensch ist kein physiologisches oder psychologisches Wesen, das einer Vielfalt materieller Impulse ausgesetzt ist und von den Stürmen wechselhafter sterblicher Annahmen hinund hergeblasen wird. Er ist geistig und veranschaulicht beständig die Sündlosigkeit der Seele. Aber wir beweisen die Vollkommenheit des Menschen schrittweise. Und die moralischen Regeln, die von Gottes Christus aufgestellt werden, sind unerläßlich, um unseren Fortschritt zu beschützen und den Pfad zu bahnen, der zu größerer Geistigkeit führt. Würden die moralischen Eigenschaften uns keine Disziplin auferlegen, könnten der Körper und der menschliche Intellekt praktisch die Rechtfertigung einer jeden Verhaltensweise fordern. Aber Gottes erlösender Christus erweckt ein geistig moralisches Empfinden, das zügellose Handlungen bestimmt unter Kontrolle hält.
Während die Menschen sich in ihren Bemühungen, die Wahrheit zu erlangen, verirren können, berichtigt der Christus den Irrtum. Er führt uns auf geistigem Wege. Mrs. Eddy definiert „Christus“ folgendermaßen: „Die göttliche Offenbarwerdung Gottes, die zum Fleisch kommt, um den fleischgewordenen Irrtum zu zerstören.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583. Während die körperlichen Sinne behaupten, sagen zu können, wer wir sind, wie wir uns fühlen und welche besonderen sexuellen Impulse uns beherrschen sollten, kommt der Christus zu der fleischlichen oder weltlichen Mentalität und zerstört ihre Fehler. Durch den Christus lernen wir eine moralische Verhaltensweise zu würdigen und einzuhalten, die auf Gott zurückzuführen ist und daher die Fortschritte der Menschen festigt und unterstützt.
Unsere Liebe zum Christus und unsere Überzeugung, daß er das menschliche Bewußtsein von dem Drang zu falschen Handlungen befreien kann, wird weit mehr dazu beitragen, Unsittlichkeit zu heilen, als alles Diskutieren über metaphysische Punkte oder das willkürliche Zitieren von Bibelversen, um eine gewisse Ansicht zu bekräftigen oder zu widerlegen. Wenn wir alle dem erneuernden Wirken des Christus mehr Vertrauen schenken, werden wir weniger debattieren und mehr heilen.