Als ich neulich eine Rechnung für meine Kundenkreditkarte öffnete, bemerkte ich auf der Rückseite des Umschlags die Reklame für ein Blutdruckmeßgerät. Seitdem ist mir aufgefallen, daß Verbraucherverbände auch andere medizinisch-technische Apparate für den täglichen Gebrauch empfehlen, wie z. B. ein Gerät samt Tabelle, mit deren Hilfe man den Körperrhythmus aufzeichnen und verfolgen kann. Selbst die Gesundheitsbehörden fordern jetzt den einzelnen Bürger auf, größere Verantwortung für seine Gesundheit zu übernehmen und selbst Diagnosen zu stellen, anstatt gedankenlos zu einem Arzt zu gehen, um seinen Körper in Ordnung bringen zu lassen.
Dieser Trend wird eigene Gesundheitsvorsorge genannt. Er ist vielleicht ein ermutigendes Zeichen, wenn man bedenkt, wie sehr man sich heutzutage auf staatliche Einrichtungen des Gesundheitswesens verläßt. Zweifellos respektieren die Christlichen Wissenschafter jedes ernsthafte Bemühen, größere individuelle Verantwortung beim Heilen zu fördern. Sie wissen dieses humane Ziel besonders deshalb zu schätzen, weil sie es selbst verfolgen und anstreben — jedoch auf ganz andere Weise.
Ja, Mrs. Eddy, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, sagt voraus, daß geistiges Verständnis jedem die eigene Gesundheitsvorsorge ermöglichen kann. Sie schreibt: „Wenn die Wissenschaft des Seins allgemein verstanden wird, dann wird jeder Mensch sein eigener Arzt und Wahrheit das allgemeine Heilmittel der Welt sein.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 144. Anstatt sich mit der Körperlichkeit zu befassen, macht uns die auf das christlich-wissenschaftliche Verständnis gegründete Behandlung immer mehr von ihr frei und weist auf die wahre Vorsorge hin.
Die Christliche Wissenschaft und die Medizin verfolgen grundverschiedene Ziele. Die Medizin richtet ihr Augenmerk auf den Zustand des Körpers. Die Christliche Wissenschaft befaßt sich speziell mit dem Gedankenzustand, der der menschlichen Erfahrung und den körperlichen Problemen zugrunde liegt.
Die Christliche Wissenschaft weist z. B. die Annahme zurück, der menschliche Körper mache das Sein des Menschen aus. In Wahrheit ist unser Sein eine unendliche talentierte Identität, die Gott, Geist, zum Ausdruck bringt. Die Christliche Wissenschaft ignoriert den Körper nicht, noch löscht sie ihn aus, sondern sie erlöst ihn von der Materialität durch das Verständnis vom geistigen Selbst. Sie ermöglicht es dem einzelnen, sein geistiges Selbst, das in Christus geborgen ist, Schritt für Schritt zu demonstrieren, wie Jesus es tat. Er bewies, daß Gott für alle sorgt. Er veranschaulichte, daß Krankheit ein Gedankenzustand ist, von dem sich der einzelne frei machen kann, indem er seine eigene, gottgegebene Wirklichkeit entdeckt. Die körperlichen Heilungen sind ein wichtiger Bestandteil der Erlösung von der Materialität — sie sind gewissermaßen Erscheinungen auf dem Weg des einzelnen zu seiner völligen Selbsterkenntnis in Christus.
Gott sorgt für den Menschen, und Er allein gibt ihm alles, was er braucht. Der Mensch ist aber kein passiver Empfänger der göttlichen Fürsorge; er ist ihr aktiver Zeuge.
Zuweilen weist jemand auf die folgende Aussage Jesu hin, um ein Drohnendasein zu rechtfertigen: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun ...“ Aber der Rest des Satzes enthüllt die ganze Dynamik der Situation: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun, sondern nur was er sieht den Vater tun; und was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.“ Joh. 5:19. Jesus bewegte sich nicht am Rande des Geschehens. Er sah sich als Widerspiegelung Gottes und wußte, daß er das tat, was Gott tut. Und das war viel! Ebenso wie Jesus steht auch der Heiler, der geistige Vorsorge betreibt, nicht am Rande des Geschehens, sondern tut die Werke Gottes.
Wahre Vorsorge ist nicht selbstisch. Jesus bewies die zärtliche, wachsame Fürsorge, mit der Gott ihn und alle anderen umgab. Die Heilung tritt unweigerlich ein, wenn wir uns rückhaltlos Gott und dem wahren Selbst des Menschen in Christus hingeben, anstatt um unsere Gesundheit und unser Wohlergehen besorgt zu sein. Die Wirklichkeit dieses wahren Selbst ist immer gegenwärtig, aber wir müssen uns ihm unterstellen und es beweisen, um es erleben zu können. Beim Heilen streben wir danach, unsere Auffassung von uns selbst grundlegend zu verbessern. Wir können einem Mitmenschen helfen, gesund zu werden, wenn wir sein vollkommenes Selbst in Christus so klar erkennen, daß auch er einen Schimmer davon erhascht.
Wenn auch jeder seine Heilung selbst ausarbeiten muß, braucht er sich dabei doch niemals einsam zu fühlen. Geht die Besserung nur langsam voran, kann der Patient einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft um Hilfe bitten. Oder bedarf er der Pflege, stehen ihm christlich-wissenschaftliche Pfleger und Pflegerinnen sowie Pflegeheime zur Verfügung, die bereit sind, ihn mit liebevoller, praktischer Hilfe zu unterstützen.
Regelmäßige ärztliche Untersuchungen können Krankheit herbeiführen, da sie die Furcht davor nähren. Dies ist ein weiterer Gedankenzustand, der oftmals körperlichen Problemen zugrunde liegt. In der Christlichen Wissenschaft ist es ebenso unannehmbar, sich selbst körperlich zu untersuchen wie eine ärztliche Diagnose einzuholen. Ein tägliches Prüfen unseres Denkens beschwichtigt jedoch die Furcht und trägt dazu bei, den Körper gegen Krankheit immun zu machen. Ein Mitglied Der Mutterkirche verpflichtet sich, täglich seine Beweggründe und Handlungen zu überprüfen, um sie zu vergeistigen (siehe Handbuch Der Mutterkirche von Mary Baker Eddy, Art. VIII Abschn. 1). Es erklärt, daß es aus Gottes reinen, erhaltenden Gedanken erschaffen ist und von den fehlerlosen, schützenden Gesetzen des Gemüts geführt wird. Eine solche geistige Selbsterkenntnis ― mit Beharrlichkeit durchgeführt ― vertreibt düstere Stimmungen, die störend auf den Körper einwirken könnten.
Tabellen über den Körperrhythmus sollen uns unsere guten, produktiven Tage sowie die kritischen, schlechten Tage aufzeigen, so daß wir unsere beruflichen Tätigkeiten und unser gesellschaftliches Leben auf den Zyklus des Körpers abstimmen können. Solches Planen wirkt bedrückend auf das Denken und fesselt unser ganzes Leben an die Körperlichkeit. Es möchte uns zu dem Glauben verleiten, der Körper beherrsche das Denken ― eine falsche Annahme, die den meisten körperlichen Problemen zugrunde liegt.
Mit der wahren Beziehung, die zwischen dem Denken und dem Körper besteht, verhält es sich umgekehrt. Die Körperfunktionen unterstehen der Gedankenkraft des göttlichen Gemüts. Das sterbliche Gemüt, selbst wenn es geschult ist, besitzt nicht genügend Intelligenz, um den Körper so zu regieren, daß er Gesundheit ausstrahlt. Der Körper funktioniert am besten unter dem Einfluß des göttlichen Gemüts. Dieses Gemüt weiß nichts von organischen Funktionen, doch sein unendliches Gesetz wirkt sich auf sie aus und beherrscht sie. „In der Wissenschaft ist der Körper der Diener des Gemüts, nicht sein Herr: Gemüt ist allerhaben“ Vermischte Schriften, S. 47., sagt Mrs. Eddy. Die Christliche Wissenschaft erlöst den Körper sowohl von der Materialität wie auch von der Herrschaft eines angeblichen, von Gott getrennten Gemüts, indem sie die Annahme, Leben sei in der Materie, von Grund auf herausfordert.
Obgleich immer mehr Geräte für die medizinische Vorsorge im Heim angeboten werden, rufen die Gesundheitsbehörden immer mehr zu einer verbesserten Lebensweise als Mittel zur Erhaltung der Gesundheit auf. Sie weisen darauf hin, daß noch mehr Krankenhäuser und Medikamente die Gesundheit des einzelnen nicht nennenswert fördern würden, da heutzutage die meisten Krankheiten durch falsche Lebensführung entstehen. Eine bessere Lebenseinstellung ist schwerer erreichbar, aber dafür eher imstande, die Gesundheit zu erhalten.
Daher werden von offizieller Seite Stimmen laut, die betonen, wie wichtig individuelle Gesundheitsvorsorge ist, im Gegensatz zur Behandlung in Krankenhäusern. Kürzlich erschien in einer Zeitschrift in einem Artikel über Gesundheitspflege folgender Satz: „Um Krankheiten vorzubeugen, müssen viele Leute ihre liebgewonnenen schlechten Gewohnheiten ablegen: Völlerei, hohen Alkoholkonsum, Pillenschlucken, zu wenig Schlaf, sexuelle Ausschweifungen, Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit, Zigarettenrauchen...“ John H. Knowles, „The Responsibility of the Individual“, Dœdalus, Winter 1977, S. 59.
Die Christlichen Wissenschafter respektieren selbstverständlich alle aufrichtigen Bemühungen, eine reinere Lebensweise und bessere Moral zu fördern. Dies ist ein weiteres humanes Ziel, das auch sie anstreben, jedoch auf andere Art. Die Gesundheitsbehörden propagieren eine gesündere Lebensweise, um der Krankheit vorzubeugen. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung notwendige Eigenschaften sind, um geistig zu wachsen. Wie bei Krankheiten konzentriert sich die Christliche Wissenschaft auch bei schlechten Gewohnheiten auf den Gedankenzustand, der einem Problem zugrunde liegt. Das sterbliche Denken ist nicht in der Lage ― selbst bei Anwendung moderner Methoden, wie Aversionstherapie und Hypnose ―, schlechte Gewohnheiten auf wissenschaftliche Weise auszumerzen. Nichts hilft besser, als sich von den materiellen Methoden radikal abzuwenden und sich statt dessen die geistige Macht zunutze zu machen.
Wir müssen uns rückhaltlos der uneingeschränkten Güte Gottes und dem wahren Selbst des Menschen in Christus zuwenden, anstatt unser Augenmerk auf unsere persönlichen Wünsche und deren Befriedigung zu richten. Nur so eignen wir uns bessere Lebensgewohnheiten an, die von der Erlösung aus der Materialität zeugen. Mrs. Eddy weist uns den Weg; sie schreibt: „Die Christliche Wissenschaft löscht in den Gemütern der Kranken die irrige Vorstellung aus, daß sie in der Materie oder kraft derselben leben oder daß ein sogenannter materieller Organismus die Gesundheit und das Dasein der Menschen beherrsche; und sie führt uns dazu, Ruhe zu finden in Gott, der göttlichen Liebe, die den Menschen mit allen Dingen versorgt, die für sein Wohlergehen erforderlich sind.“ Grundzüge der Göttlichen Wissenschaft, S. 12.
Unser Ziel in der Christlichen Wissenschaft ist die völlige Selbsterkenntnis in Christus.
