Jeder möchte geachtet werden — angefangen beim zornigen kleinen Kind bis zum älteren Menschen, der auf sein Leben zurückblickt. Aber suchen wir Achtung immer am rechten Ort? Achtung ist nicht etwas, was uns von anderen geschenkt oder aufgrund dessen, was wir getan oder erlebt haben, entgegengebracht wird. Ja, Achtung ist nicht etwas, was über uns erkannt werden muß, sondern was wir in uns selbst erkennen müssen.
Ein Wörterbuch definiert „Achtung“ als „Ehre oder Wertschätzung, die für jemanden empfunden oder ihm entgegengebracht wird; erwiesene Hochachtung“. Was stellen wir in unserem Leben an erste Stelle? Wo ist Gott in unseren Prioritäten? Wir können es uns nicht leisten, uns derart mit weltlicher Position und materiellem Besitztum zu beschäftigen, daß wir versäumen, Gott gebührend zu ehren. Wir können es uns nicht leisten, der menschlichen Meinung eines anderen über uns so viel Wert beizumessen, daß es unseren Blick verdunkelt und wir den wirklichen Menschen nicht mehr klar sehen.
Wenn wir Gott und den Menschen, wie Gott, Geist, ihn geschaffen hat, wirklich ehren, sehen wir, was Achtung wirklich ist. Wir empfinden sie. Wir lieben sie. Wir bringen sie zum Ausdruck. Unser ganzes Leben und unser Lebensstil ändern sich. Vieles, was zuvor so wichtig schien, nimmt nun den zweiten Rang ein. Wir erleben einen inneren Frieden, wie wir ihn nie zuvor gekannt haben. Wir suchen Gelegenheiten, um Gott in allem, was wir tun, und gegenüber jedem, mit dem wir in Kontakt kommen, immer mehr zum Ausdruck zu bringen.
Aber wie können wir den Menschen so schätzen, wie Gott, Geist, ihn geschaffen hat? Indem wir ihn so sehen, wie er ist — geistig, nicht materiell. Die Substanz des Menschen ist geistig. Der Mensch besitzt Liebe, geistige Macht und Heiligkeit. Er ist der Ausdruck des Prinzips. Sein Wert steht fest und ist unantastbar. Der Mensch kann nicht verlieren, was Gott ihm gegeben hat. Er kann ebensowenig auch nur für einen Augenblick erniedrigt werden, wie Gott Seine Unendlichkeit verlieren kann.
Wenn wir diesen Begriff vom Menschen ehren, beginnen wir, wie Paulus sagte, den alten Menschen auszuziehen und den neuen anzuziehen, „der da erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Ebenbilde des [Gottes], der ihn [den Menschen] geschaffen hat“. Der Mensch ist ewiglich dieses Ebenbild. Welch geistiges Erbe doch jeder von uns hat! Mrs. Eddy erinnert uns: „Wenn du aus dem Alten herauswächst, solltest du dich nicht fürchten, das Neue anzuziehen.“ Und sie fährt fort: „Dein Vorwärtsschreiten mag Neid erregen, aber es wird auch Achtung hervorrufen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 452. Wir werden erkennen, daß der Mensch, wie Gott ihn gemacht hat — also jedermanns wahres Sein —, geistige Tiefe hat. Wenn wir dies in unseren Gebeten akzeptieren und wirklich danach handeln, wird uns dies großen Frieden bringen.
Wir werden eine Selbstachtung gewinnen, die auf unserem wirklichen geistigen Selbst als Gottes Ebenbild beruht. Wir werden sehen, daß das menschliche, egoistische Selbst keine Gewalt über uns oder andere hat. Da dieses Ego nicht von Gott stammt, hat es keine Identität, keine Wesenheit. In diesem Licht betrachtet, kann uns dieses falsche Ego weder beeinflussen noch herumstoßen.
Wenn wir einen unschönen Charakterfehler bemerken, wie z. B. vernichtende Kritik oder Reizbarkeit, wird uns dies nicht beeindrukken. Wir werden sehen, daß solche Fehler nicht zu unserer wahren Natur als Gottes Kind gehören. Wir werden, wenn nötig, noch tiefer schauen, um lobenswerte Eigenschaften hindurchscheinen zu sehen. Wir werden das Gute schätzen; und zwar werden wir es in jedem einzelnen achten.
Dies gibt uns eine Grundlage, anderen gegenüber höflich zu sein, denn wir haben einen Schimmer — wenn vielleicht auch nur einen schwachen — von dem vollkommenen, geistigen Ausdruck erhascht, der der Mensch ist. Wenn wir unseren wahren Wert (und den aller anderer) als das völlig geliebte, immer beschützte Kind Gottes schätzen lernen, werden wir uns nicht von dem bedroht fühlen, was jemand tut oder denkt. Es wird nicht nötig sein, jemanden — scharf oder verhohlen, laut oder unhörbar — zu erniedrigen. Wir werden selbst dann ruhig bleiben und jemandes Recht auf seine Meinung achten, wenn sie in direktem Gegensatz zu unserer eigenen stehen sollte. Das bedeutet nicht, daß wir uns etwas, was wir für grundlegend falsch halten, unterordnen oder damit einverstanden erklären müssen.
Unsere Führerin, Mrs. Eddy, achtete die religiösen Ansichten der Einwohner von Concord, New Hampshire (siehe Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes 163:31–33). Respektieren wir die religiösen Ansichten unseres Nächsten? Wir können es, wenn wir wirklich verstehen, daß die Grundlage allen Seins geistig ist. Dieses Verständnis eröffnet uns eine weitere Perspektive, von der aus wir den Standpunkt eines anderen schätzen können. Wenn wir mehr und mehr den von Gott in all Seiner Macht und Herrlichkeit geschaffenen Menschen achten, sehen wir, daß dies der einzige Mensch ist, den es gibt. Dann lieben wir andere genügend — innig genug —, um sie als das zu sehen, was sie wirklich sind: Gottes geistiger Ausdruck. Dieser gebetvolle Vorgang, bei dem wir das Alte ablegen und das Neue anziehen, wird auch „Achtung hervorrufen“ für das, was wir glauben und wofür wir eintreten.
Als Christlicher Wissenschafter war ich einige Jahre lang aktives Mitglied von zwei „United-Campus-Ministry“-Gruppen, die sich zusammengetan hatten, um zwei Universitäten geistige Erleuchtung zu bringen. Zu diesem Zweck mußten wir einander kennenlernen. Wir entdeckten, daß wir wirklich die Arbeit schätzen konnten, die jeder von uns tat. Dies führte zu interessanten Diskussionen untereinander — ohne Argumente und Debatten — über unsere verschiedenen Ansichten. Ich drängte die Christliche Wissenschaft nie in den Vordergrund, aber ich war immer bereit, Fragen zu beantworten. Und es gab Fragen!
Ich bereitete mich im Gebet auf diese Treffen vor und wußte, daß der geistige, von Gott geschaffene Mensch der einzig wahre Mensch ist. Ich wußte, daß niemand in seinem wahren, gottähnlichen Sein durch irgendeine andere Anschauung vom Menschen weggelockt oder beeinflußt werden konnte. Ich betete, um den von Gott geschaffenen Menschen — den Menschen, den ich ganz und gar achte — zu sehen, der jeder in Wahrheit ist. Und das bedeutete, anderen gegenüber rücksichtsvoller zu werden, Interesse an ihnen zu zeigen, das Gute, für das sie eintraten, zu schätzen und sie fühlen zu lassen, daß sie in hohem Ansehen stehen.
Das Ergebnis war, daß nicht nur mir, sondern auch meiner Religion, der Christlichen Wissenschaft, immer mehr Achtung von den anderen entgegengebracht wurde. Sie begannen, die Christliche Wissenschaft als eine christliche Religion zu betrachten, die fest auf die Lehren und Werke Christi Jesu gegründet ist. Statt die Christliche Wissenschaft fälschlicherweise als eine Kultgruppe zu bezeichnen, begannen sie, sie als wirklich christlich zu sehen. Und ich hatte sogar Gelegenheit, über die Christliche Wissenschaft zu sprechen, als ein Mitglied dieser Gruppen einen Kursus über das Neue Testament gab.
Bei einem unserer Treffen zeigte uns der protestantische Pfarrer, der das Treffen leitete, seine neueste Errungenschaft, das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy. Er erzählte mir später, wieviel Freude es ihm machte, dieses Buch zu lesen, und wie sehr es ihm half. Mit zwei anderen Pfarrern der Universität freundete ich mich gut an. Wir trafen uns hier und da privat, um die gute Kameradschaft zu pflegen und Erkenntnisse aus der Bibel auszutauschen.
Wir lesen im dritten Buch Mose: „Werdet ihr in meinen Satzungen wandeln und meine Gebote halten und tun, ... will [ich] Frieden geben in eurem Lande ... ich will mich zu euch wenden und will euch fruchtbar machen und euch mehren und will meinen Bund mit euch halten... Und ich will unter euch wandeln und will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein.“ 3. Mose 26:3, 6, 9, 12. Wenn wir weiterhin in Seinen Geboten wandeln (den Menschen sehen, wie Gott ihn sieht) und Seine Gebote halten (in unserem Denken, Sprechen und Handeln christusähnlicher werden), werden wir fühlen, daß Gott uns und jeden einzelnen achtet. Wir werden sehen, daß Achtung etwas ist, was wir geben können, wenn wir des Menschen geistiges Sein verstehen; was wir in unserem täglichen Kontakt mit anderen Sein verstehen; was wir in unserem täglichen Kontakt mit anderen zum Ausdruck bringen können. Wenn wir dies aufrichtig tun, wird es „Achtung hervorrufen“ für die Wissenschaft, die uns so viel bedeutet.