Aggressive mentale Suggestion. Was ist das? Und warum müssen wir ihr entgegentreten?
Zunächst einmal ist aggressive mentale Suggestion einfach ein Begriff — einer der Begriffe, die wir in der Christlichen Wissenschaft benutzen —, mit dem wir beschreiben, was uns zu Gedanken oder Handlungen zu veranlassen scheint, die im Widerspruch zu unserem eigenen höchsten Wesen stehen. Andere Ausdrücke für diese scheinbare, lautlose Tätigkeit sind Irrtum, tierischer Magnetismus, mentale Malpraxis, Versucher und Feind.
Zweitens muß über aggressive mentale Suggestion gesprochen werden, damit dem einzelnen ihre Methoden bewußt werden und er auf diese Weise den falschen Anspruch des tierischen Magnetismus erkennen kann, zu beeinflussen, einzuschüchtern oder zu beeinträchtigen. Eine Erörterung braucht den Irrtum nicht wirklicher oder mächtiger scheinen zu lassen. Ganz im Gegenteil. Wenn wir uns z. B. auf eine Partie Tennis oder eine politische Debatte vorbereiten, mögen wir es als äußerst hilfreich empfinden, die Technik oder Taktik unseres Gegners zu kennen. Genauso verhält es sich mit dem tierischen Magnetismus. Wachsamkeit gegenüber den Methoden oder der Technik des tierischen Magnetismus ist eine große Hilfe beim Demonstrieren unserer Herrschaft und Freude.
In dem Artikel „Wege, die vergeblich sind“ beschreibt Mrs. Eddy die Tätigkeit des tierischen Magnetismus. Sie erklärt: „Indem er die Methoden des Guten umkehrt, die schweigend zu Gesundheit und Heiligkeit anreizen, treibt er das sterbliche Gemüt zu irrigem Denken und verführt es zur Verübung von Taten, die der natürlichen Veranlagung fremd sind.“ Und etwas weiter sagt sie zu diesem Thema: „Wenn einem nicht die Augen geöffnet werden für die Machenschaften der mentalen Malpraxis, die so schlau vorgeht, daß wir fälschlicherweise ihre Einflüsterungen für unsere eigenen Gedankenimpulse halten, so wird das Opfer, ohne es zu merken, sich in falscher Richtung treiben lassen.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 211, 213.
Ich hatte ein interessantes Erlebnis, das mir die Augen für die „Machenschaften der mentalen Malpraxis“ öffnete. Dieses Erlebnis hat mir seither geholfen, solchen vermeintlichen Einfluß schnell aufzudecken und mich so gegen diese Suggestion zu verteidigen. Es geschah folgendermaßen:
Eine Zeitlang hatte ich Schweres durchzustehen. Ich arbeitete mit einer Ausüberin der Christlichen Wissenschaft zusammen und erhielt Inspiration, Führung, Kraft und inneren Frieden, so daß ich mit Gelassenheit und Zuversicht durch die Erfahrung hindurchgehen konnte. Zunächst wußte keiner von meinen Schwierigkeiten, aber schließlich wurde die Sache bekannt, und bald wußte beinahe jeder in unserer sehr kleinen Ortschaft davon.
Eines Abends besuchte ich nach einem glücklichen und erfolgreichen Tag eine Versammlung. Bald überkam mich der Drang zu weinen. Über meine Tränen etwas bestürzt, verließ ich die Versammlung bei der ersten besten Gelegenheit. Hinter mir hörte ich Schritte, und als ich mich umwandte, sah ich eine Freundin, die mir nachlief.
Sie hatte gerade von meiner Not gehört und erging sich in Leid und Schmerz. Ihr Mitgefühl gründete sich u. a. auf die Vermutung, daß ich ganz verzweifelt sein müsse. Ich beruhigte meine Freundin und versicherte ihr, daß mein Wohlbefinden von Frieden und Zuversicht getragen sei.
Und dann ging ich nach Hause, um über diesen bedeutsamen Vorfall nachzudenken. Ich wußte, daß meine Freundin mir nichts Böses wünschte. Sie liebte mich, und doch hatte sie durch eine irregeleitete Vorstellung von Fürsorge und Besorgnis mich unbeabsichtigt mit einem Gefühl der Traurigkeit und Weinerlichkeit belastet. Sobald jedoch der Ursprung der aggressiven mentalen Suggestion aufgedeckt war, hörte ich auf, in Tränen auszubrechen, und ich fühlte mich wieder ruhig und glücklich. Als ich hierüber betete, fielen mir zwei Satzungen aus dem Handbuch Der Mutterkirche ein. Mrs. Eddy sagt dort: „Die Mitglieder dieser Kirche sollen täglich wachen und beten, um von allem Übel erlöst zu werden, vom irrigen Prophezeien, Richten, Verurteilen, Ratgeben, Beeinflussen oder Beeinflußtwerden“ und: „Es ist die Pflicht eines jeden Mitglieds dieser Kirche, sich täglich gegen aggressive mentale Suggestion zu verteidigen und sich nicht verleiten zu lassen, seine Pflicht gegen Gott, gegen seine Führerin und gegen die Menschheit zu vergessen oder zu versäumen.“ Handb., Art. VIII Abschn. 1, 6.
Durch diese Erfahrung erkannte ich in vollerem Maße die Bedeutung unserer täglichen Arbeit, und ich gelobte, gehorsamer und konsequenter zu „wachen und [zu] beten, um ... erlöst zu werden“. Dann überlegte ich: Wenn jemand durch fehlgeleitete, liebevolle Gedanken scheinbar eine körperliche Reaktion wie Tränen hervorrufen konnte, erhebt sich die Frage: Können wir scheinbar auch andere Gefühle wie Furcht oder verschiedene körperliche Empfindungen aufgrund der Gedanken anderer über uns erleben? Mir wurde damals klar: Meine Freiheit von solchen falschen, negativen Einflüssen hing von dem Grad meiner geistigen Wachsamkeit und meiner Überzeugung ab, daß die Allheit Gottes die einzige Einfluß ausübende Macht in meinem Leben ist.
Als Ergebnis dieser frischen und dynamischen Inspiration war ich in der Lage, mich durch mein Problem hindurchzuarbeiten und es vollständig zu überwinden. Während dieser Zeit boten sich viele weitere Gelegenheiten, meine Wachsamkeit im Widerstand gegen irrige mentale Suggestionen zu beweisen. Seitdem habe ich im Laufe der Jahre gelernt, daß es für mich an der Zeit ist, meine mentale Verteidigung durch Gebet zu unterstützen, wenn ich müde, mürrisch, kritisch, ängstlich oder sogar nur leicht verstimmt bin. Ich erkenne dann freudig die Allmacht und einzige Macht Gottes, des göttlichen Gemüts, an und verneine, daß die falsche Tätigkeit des sterblichen Gemüts irgendwelche Gegenwart oder Macht besitze.
Der reifer werdende Metaphysiker zieht ungeheuren Nutzen aus der Erkenntnis, daß es in Wirklichkeit keine schädlichen oder beeinträchtigenden Gedanken geben kann, die auf uns oder sonst jemanden gerichtet sind, weil alles Denken aus dem einen göttlichen Gemüt hervorgeht. Gott ist das allsehende und allwissende Gemüt, und daher kann uns in Wirklichkeit keiner anders sehen oder kennen, als Gott uns sieht und kennt.
Wir werden uns dann mehr und mehr bewußt, daß der tierische Magnetismus nur wirklich und einflußreich scheinen kann, und zwar in dem Maße, wie wir sein Wirken aus Unaufmerksamkeit oder Naivität unbeachtet lassen. Furchtlose Wachsamkeit ermöglicht es uns, den Anspruch des Irrtums auf Wirksamkeit schnell aufzudecken. Dann werden wir seine Suggestionen nicht fälschlich für Impulse unseres eigenen Denkens halten. In dem bereits erwähnten Artikel „Wege, die vergeblich sind“ werden wir im letzten Absatz ermahnt: „Seid immer auf der Hut vor diesem Feinde. Wacht über eure Gedanken und seht, ob sie euch zu Gott und zur Harmonie mit Seinen wahren Nachfolgern führen.“ Verschiedenes, S. 213. Wachen wir über unsere Gedanken? Wie denken wir z. B. über unsere Rolle als Kirchenmitglied oder über andere Christliche Wissenschafter oder über unsere Kirche? Sind wir voller Zweifel? Voller Feindseligkeit? Sind wir gleichgültig? Würden uns solche Gedanken „zur Harmonie mit Seinen wahren Nachfolgern“ bringen?
Wenn das, was in unser Bewußtsein kommt, nicht zu Freude, Gesundheit, Heiligkeit und all dem führt, was lieblich, gut und wahr ist, dann ist es nicht wirklich. Es ist nicht unser Denken, sondern die aggressive mentale Suggestion des Versuchers. Daher können wir schnell damit fertig werden, wie Christus Jesus in seinem Wüstenerlebnis mit dem Versucher fertig wurde. Nicht für einen Augenblick betrachtete er die Suggestionen „Sprich, daß dieser Stein Brot werde“ und „Wirf dich hinab“ oder die Versuchung, persönliche Macht zu gewinnen, als seine eigenen Gedanken. Er erkannte sie als Suggestionen des Teufels und begegnete jeder mit einer überzeugenden Erklärung aus dem Alten Testament. Mit einer Autorität, die auf der Überzeugung beruhte, daß Gott die einzige Macht ist, befahl Jesus dem Versucher: „Hebe dich weg von mir, Satan!“, und das Erlebnis endete damit, daß der Teufel ihn „verließ“. Siehe Matth. 4:1–11.
Wir müssen schnell erkennen, daß die Versuchung, die uns glauben machen will, wir seien krank, angsterfüllt, eigensinnig, schwach, einsam, entmutigt, traurig, verwirrt, aufgebracht, ärgerlich, verdrossen oder kritisch, nicht unser Denken ist. Wenn wir einsehen, daß solches Denken nicht von dem einen und einzigen Gemüt stammt, sind wir in der Lage, den Versucher mit einer Überzeugung abzuwenden und von uns zu weisen, die sich auf die freudige Erkenntnis stützt, daß Gott Alles und das Böse daher nichts ist.
Wir können immer recht denken; das ist unser uns von Gott verliehenes Recht. Wir können immer jeden Irrtum aufdecken und uns weigern, seiner Suggestion zu folgen. Unsere Führerin, Mrs. Eddy, gibt uns mit den folgenden Worten große Zuversicht: „Wisset denn, daß ihr unumschränkte Macht besitzt, recht zu denken und zu handeln, und daß nichts euch dieses Erbes berauben und gegen die Liebe verstoßen kann.“ Kanzel und Presse, S. 3.
