Als wir in der Schule mit Algebra begannen, bereiteten mir die Hausaufgaben große Schwierigkeiten. Zwischen dem, was der Lehrer im Unterricht besprach, was im Mathematikbuch stand und den Hausaufgaben, die uns erteilt wurden, konnte ich keinen Zusammenhang sehen. Eines Tages bat mich der Lehrer, nach dem Unterricht dazubleiben. Er begrüßte mich mit den Worten: „Wir werden hierbleiben — und wenn nötig die ganze Nacht —, bis Sie begriffen haben, daß das richtige Anwenden der Regeln immer zu den richtigen Ergebnissen führt.“ An jenem Tag begann ich zu begreifen, daß er recht hatte. Von da an machte mir Algebra Spaß — und später auch die höhere Mathematik.
Aus diesem Schulerlebnis lernte ich wertvolle Lektionen, und ich stellte fest, daß sie sich auf mein Studium metaphysischer Wahrheiten und deren Anwendung übertragen ließen.
Lektion 1: Das richtige Anwenden von Regeln führt zu richtigen Ergebnissen. Der Beweis dafür war für mich die folgende Erfahrung. Nach Beendigung des Grundwehrdienstes unterzog man uns einer rigorosen Prüfung für Spezialinfantristen. Mittags, nach einer kurzen Ruhepause sagte der Hauptmann: „Alles auf! Wir werden jetzt mit Gewehr und in voller Kampfausrüstung drei Kilometer laufen.“ Ich war so erschöpft, daß ich glaubte, den Befehl nicht ausführen zu können.
Nun wird man beim Militär nicht gefragt, ob man es einmal versuchen möchte; Befehl ist Befehl. Mit dem Gedanken, daß ich unmöglich drei Kilometer laufen konnte, fiel ich immer weiter zurück, bis ich meinte, daß ich zusammenbrechen würde. An diesem Punkt kam mir der Christusgedanke, daß das göttliche Prinzip mir die Kraft geben würde, die gestellte Aufgabe zu erfüllen.
Vielleicht sollte ich hier erklären, was ich mit „Christusgedanke“ meine. Gott teilt sich uns ständig mit; „Christus ist die wahre Idee, die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewußtsein spricht“, erklärt Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit. Sie fährt dann fort: „Der Christus ist unkörperlich, geistig — ja, er ist das göttliche Bild und Gleichnis, das die Illusionen der Sinne vertreibt ...“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 332. Auf meine Situation bezogen: Wahrheit offenbarte mir, daß ich alle Energie besaß, die ich brauchte, und daß ich sie jeden Augenblick nutzen konnte; daß Erschöpfung eine Illusion ist, die der Christus vertreibt. Das Ergebnis war, daß ich schneller zu laufen begann und als Zweiter ankam.
Lektion 2: Schon bevor eine Aufgabe in der Praxis ausgeführt wird, ist es durch das Prinzip der Mathematik möglich, die Lösung auszuarbeiten. So kann z. B. ein Ingenieur durch Anwenden der mathematischen Gesetze exakt ermitteln, welche Stützkraft nötig ist, um den Druck einer bestimmten Last zu tragen — unter Berücksichtigung der Konstruktion des Brückenfundamentes, der Länge der Brücke, der verwendeten Materialien, der Art der Belastung, der Wind- und Schlingerkräfte usw.
Mir kam der Gedanke, daß es in ähnlicher Weise zur Lösung jedes menschlichen Problems führt, wenn wir uns an das göttliche Prinzip wenden. Die Jünger Christi Jesu wurden einmal gebeten, einen Jungen zu heilen, der an Epilepsie litt. Als sie ihn nicht heilen konnten, wandte sich der Vater des Jungen an Jesus, der ihn augenblicklich heilte. Siehe Matth. 17:14–21. Warum waren die Resultate so unterschiedlich? Jesus führte es auf den Unglauben der Jünger zurück. Man könnte sagen, daß ihre Gebete und ihr Glaube nicht hinreichend in dem Wissen verankert waren, daß Gott, das göttliche Prinzip, nur Vollkommenheit kennt. Jesu Glaube und Verständnis dagegen gründeten sich völlig auf diese Vollkommenheit, und er hatte Erfolg. Es ist interessant zu beobachten, daß auch die Jünger große Werke vollbrachten, als ihr Vertrauen und geistiges Verständnis wuchsen — insbesondere nach Jesu Auferstehung.
Lektion 3: Das Prinzip der Mathematik ist unparteiisch. Ganz gleich, wer mit Zahlen arbeitet, unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Glaubensbekenntnis, Geschlecht, Reichtum, Armut oder Erziehung, der Wert jeder Zahl ist konstant. Die Zahl acht — oder drei oder fünf — ist immer dieselbe. Die Unparteilichkeit des göttlichen Prinzips wird in der Bibel deutlich gemacht. Der Jünger Petrus hatte immer geglaubt, daß er als Jude nur mit seinesgleichen Umgang haben sollte. Doch Gott forderte Petrus auf, in das Haus des Kornelius zu gehen, der ein Heide war. Vor den versammelten Verwandten und Freunden des Hauptmanns sagte Petrus dann: „... Gott hat mir gezeigt, keinen Menschen gemein oder unrein zu heißen.“ Apg. 10:28. 4 2.
Lektion 4: Die Lösung einer mathematischen Aufgabe kann nicht durch Willenskraft gefunden werden. Man muß den Regeln der Mathematik folgen, nicht der Willenskraft oder einer persönlichen Vorliebe. Wer würde allen Ernstes bei der Lösung einer Mathematikaufgabe folgenden Gedanken einführen: „Es wäre mir viel lieber, wenn neun mal sieben einundachtzig wäre und nicht dreiundsechzig!“
Wie wichtig es ist, beim Heilen Willenskraft und menschliches Planen auszuschalten, wird im Alten Testament durch die Geschichte von Naëman, der an Aussatz litt, ausgezeichnet veranschaulicht. Elisa wies Naëman an: „Geh hin und wasche dich siebenmal im Jordan, so wird dir dein Fleisch wieder heil und du wirst rein werden.“ Naëman, der ein Feldhauptmann des Königs von Syrien war, wollte aber ganz anders geheilt werden: „Ich meinte, er selbst sollte zu mir herauskommen und hertreten und den Namen des Herrn, seines Gottes, anrufen und seine Hand hin zum Heiligtum erheben und mich so von dem Aussatz befreien.“ Kön. 5:10, 11. Naëman mußte seinen Eigenwillen und Stolz aufgeben und sich Gott fügen. Er tat dies und wurde nicht nur von Eigenwillen, sondern auch vom Aussatz geheilt. Und danach glaubte er an den Gott Israels.
Wenn wir in unserem Gebet von dem Standpunkt ausgehen, daß Gott, das göttliche Prinzip, die richtige Lösung entfalten kann; daß Er unparteiisch ist; daß Christus, Wahrheit, immer Heilung bringt und daß wir geheilt werden, indem wir uns der Macht Gottes ergeben, dann werden unsere Gebete erfolgreich sein.
Wir sollten beachten, wie wichtig geistige Erneuerung für das Heilen ist. Bei dem Erlebnis in meiner Militärzeit wich mein Gefühl, am Ende meiner Kräfte zu sein, dem neuen Gefühl, daß ich mit Christi Hilfe tun konnte, was ich tun mußte. Jesus heilte den Jungen von Epilepsie, weil sein christlicher Sinn Gottes Idee, den Menschen, genau dort wahrnehmen konnte, wo die Jünger und die umherstehenden Leute einen kranken Jungen sahen. Der Christus, die Wahrheit, veränderte oder erneuerte Petrus' Denken, bis er den unpersönlichen, unparteiischen Begriff von der Erlösung erfaßte. Und welche Erneuerung vollzog sich im Denken Naëmans, als er seinen eigenen Willen für die Tätigkeit der göttlichen Liebe aufgab!
In jedem dieser Fälle wurde durch die Macht des Christus, der Wahrheit, das Prinzip bewiesen; und das Anwenden der Regeln der göttlichen Metaphysik hatte unausweichlich Heilung zur Folge. Unsere Aufgabe ist es, diese Regeln weiterhin anzuwenden.
Ich danke dir dafür,
daß ich wunderbar gemacht bin;
wunderbar sind deine Werke;
das erkennt meine Seele.
Psalm 139:14
