Indem wir auf den Felsen der Lehren Christi bauen, haben wir einen Bau, der ewig im Himmel, allmächtig auf Erden ist und Zeit und Ewigkeit umfaßt. Der Stein, den die Bauleute verwerfen, ist vielfach das Kreuz, das sie verwerfen und durch das die Krone und der Eckstein gewonnen werden. Botschaft an Die Mutterkirche für 1901, S. 25.
Mary Baker Eddy
Es wird manchmal eingewendet, daß die Christliche WissenschaftChristian Science (kr´istjen s´aiens) die Heiltätigkeit in der Mission Christi Jesu „überbetone“ und dadurch seine Botschaft der Erlösung ausschließe. Doch die Christlichen Wissenschafter wissen sehr wohl, wie gründlich die Christliche Wissenschaft die Frage der Erlösung und der Sünde behandelt. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß nur dann, wenn die Sünde geheilt wird, ein ausreichend klares Bewußtsein vom Christus erlangt werden kann, um die Krankheit zu heilen. Das Heilen von Sünde ist in der Christlichen Wissenschaft nach wie vor von größter Bedeutung.
Dennoch mag sich manchmal durch eine solche Kritik ein nagender Zweifel im Denken festsetzen. Schenken die Christlichen Wissenschafter den Heilungen zu große Aufmerksamkeit auf Kosten — sagen wir — der anderen Lehren Jesu?
Die Antwort muß ein klares Nein sein! Um dieses unwiderrufliche Nein zu verstehen, müssen wir die Sache vielleicht durch eine Frage in den entsprechenden Zusammenhang stellen. Wieviel Aufmerksamkeit wurde von der Zeit der Apostel bis zur Entdeckung der Christlichen Wissenschaft der Tatsache geschenkt, daß Jesus seine Nachfolger lehrte, hinzugehen und desgleichen zu tun, „die Kranken zu heilen“, die Werke zu tun, die er tat? Lautet die unvermeidliche Antwort darauf nicht: „Sehr wenig!“? Bis zum neunzehnten Jahrhundert und zu Mrs. Eddys Entdeckung der Christlichen Wissenschaft gab es schlichtweg keine entscheidende Anerkennung von seiten der Kirchen, daß das Heilen für das Christentum von zentraler Bedeutung ist.
Mrs. Eddy spricht in ihrer Predigt Christliches Heilen von dem „ursprünglichen Vorrecht des Christentums“, wobei sie mit Nachdruck feststellt: „Es war mehr ein Beweis hierfür als ein Bekenntnis; mehr eine Demonstration als eine Lehre.. . Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, muß wiederum zum Eckstein werden.“Heilen, S. 3. Ist dieser „Stein“ nicht heute wie in den Zeiten des Neuen Testaments die reine, geistige Idee des Seins, der Christus, und die Heilung des Körpers und Denkens, die daraus hervorgeht?
Verhält es sich nicht so, wie es die folgenden Worte eines Liedes ausdrücken: „Nicht Zeit noch Glaube hemmt die Huld, / Die auf uns fällt mit jedem Tag, / Wir sehen nicht, doch spüren wir / Des Heil'gen Geistes Flügelschlag.“Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 229.? Jeder kann deshalb damit anfangen, etwas von der Offenbarung zu begreifen, daß das Leben geistig und nicht materiell ist. Und Leben als Gott, Geist, wahrzunehmen bedeutet, den gleichen Christus zu erkennen, der Jesus befähigte zu heilen, den gleichen Christus oder die Wahrheit, die der Apostel Petrus plötzlich erkannte. Siehe Matth. 16:13–18.
Mrs. Eddy war offensichtlich davon überzeugt, daß dies der Eckstein war, auf dem die gesamte Kirche Christi wieder sicher erbaut und sich zu ihrer umfassenden, nie endenden Bedeutung erheben würde. Es ist jedoch ebenfalls augenfällig, daß sie selbst in ihrer eigenen Kirche die Notwendigkeit empfand, der beständigen Neigung des sterblichen Gemüts zu menschlichen Mitteln und Theorien hin zu begegnen. Ein Mitglied ihres Haushalts berichtet, daß sie gesagt habe: „Die wahre Wissenschaft — die göttliche Wissenschaft — wird man wieder aus den Augen verlieren, wenn wir uns nicht selbst erwecken. Diese Art der Demonstration, die Materie aufzubauen, ist nicht Wissenschaft. Das Errichten von Kirchen, das Schreiben von Artikeln und die öffentliche Ansprache ist der alte Weg, auf dem eine Sache eingeführt und vorangetragen wird. Ich machte diese Bewegung durch Heilen bekannt, und nun treten diese anderen Dinge in den Vordergrund und verdecken das Heilen, genauso wie zu Jesu Zeiten. Jetzt muß diese Bewegung gerettet werden, und ich bitte Gott, mich für diese Arbeit vorzusehen.“ Zitiert in Robert Peel, Mary Baker Eddy: The Years of Authority (New York: Holt, Rinehart and Winston, 1977), S. 226. Sie versuchte, ihre Nachfolger aus der Weltlichkeit aufzurütteln, die die strahlende Unmittelbarkeit der Offenbarung der Wissenschaft des Seins und die Werke, die durch diese Wissenschaft ganz natürlich sichtbar werden, verdunkelt.
Wenn wir jemandem gegenüberstünden, der lauthals behauptete, daß die Christliche Wissenschaft nicht heile und niemals geheilt habe, würden wir zweifellos recht heftig darauf reagieren! Tatsächlich erörtert das sterbliche Gemüt diesen Punkt, und zwar eingehend, umfassend und in allen Einzelheiten, ob wir nun eine solche Auseinandersetzung sichtbar wahrnehmen oder nicht. Wir müssen deshalb widersprechen und die Lage auf metaphysische, konsequente Weise und mit fester innerer Überzeugung behandeln.
Wir erlangen eine solche Überzeugung durch die Vergeistigung des Denkens. Wie der Versuch, das Christus-Heilen von seinem angestammten Platz in der Kirche fernzuhalten, unpersönlicher Irrtum ist, so ist auch die geistige Überzeugung, die dem Irrtum sofort widersteht, unpersönlich. Sie entspringt nicht einem besonders ausgeprägten persönlichen Sinn, nicht der Stärke des menschlichen Charakters oder Willens. Aber sie fehlt auch nicht auf die Dauer, weil jemandem scheinbar die Erfahrung, weltliche Raffiniertheit oder persönlicher Mut fehlt. Geistige Überzeugung erwächst aus der Reinheit und Aufrichtigkeit, mit der man für den Christus, die Wahrheit, und für alles, was der Christus tut, eintritt. Gott gibt denjenigen, die sich Ihm selbstlos zuwenden, die Gewißheit, daß Er immergegenwärtige Güte ist.
Unsere Führerin, Mrs. Eddy, schreibt: „Behaltet die Grundlagen der Christlichen Wissenschaft im Auge — ein Gott und ein Christus. Laßt die Persönlichkeit außer acht, und Christi ‚Selig seid ihr‘ wird euer Apostelamt besiegeln.“ Wenn dann der Christus im Denken erstanden ist, so erklärt sie, erfüllt „[unsterblicher Mut] die menschliche Brust und erleuchtet den lebendigen Weg des Lebens“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 191..
Nur in der Gegenwart des Christus tritt Heilung ein. Deshalb müssen wir vielleicht die Gegenwart des Christus klarer erkennen, wenn die Heilung schwierig oder unerreichbar zu sein scheint. Oft ist es nicht so sehr das eigene Denken, dem es an Inspiration fehlt; vielmehr sind es die weltlichen Ansprüche, die unwissend und bösartig verneinen, daß der Christus eine Macht im menschlichen Leben ist. Wenn wir dazu erwacht sind, das Wesen dieses mentalen Fehlers zu erkennen, verliert er seinen Einfluß auf uns. Wir werden frei von der bedrückenden mentalen Atmosphäre; wir denken die inspirierenden Gedanken, die für uns natürlich sind. Wir sehen die Gegenwart des Heiligen Geistes und des Christus in all ihrer unbegrenzten Lebendigkeit und Macht.
Dann erkennen wir wiederum, daß nicht wir es sind, die den heilenden Christus unterstützen. Gott, die göttliche Wahrheit, erhält den heilenden Christus. Er ist die ewige, unerschöpfliche Quelle der Christus-Macht. Und es liegt in unserer Natur, auf diese Macht anzusprechen und sie widerzuspiegeln, indem wir in weit größerem Maße Frieden ausdrücken, als wir für möglich hielten, indem wir geistiges Verständnis erlangen und das wissenschaftlich heilende Wirken des Christus und des Heiligen Geistes erleben. Tatsache ist, daß Gemüt allein das Bewußtsein des Menschen erfüllt, und dieses erleuchtete Bewußtsein nimmt ganz natürlich das unendliche Gute wahr, das besteht, weil Gott der Schöpfer ist.
Wenn die mentale Belastung aufgehoben wird, erlebt nicht nur der einzelne eine schnellere Heilung, sondern das Verständnis vom Christus-Heilen erfaßt auch bis zu einem gewissen Grade das ganze menschliche Bewußtsein. Durch das erwachte geistige und wissenschaftliche Denken des einzelnen verlieren die gegenteiligen Behauptungen des materiellen Sinnes ihre zeitweiligen, bestechenden Reize für die Menschheit. Schließlich handelt es sich ja nicht um erleuchtetes Denken, sondern um eine hypnotische Überlagerung. In einer klareren, mehr geistigen Atmosphäre wird wiederum bewiesen, daß ein christliches Leben der Taten anstatt der Worte selbstverständlich ist. Allein diese geistige Entwicklung offenbart, daß der entscheidende Eckstein genau am richtigen Platz ist, und der Bau der Kirche Christi schreitet voran.
Der Eckstein ist in der geistigen Wirklichkeit niemals am falschen Platz gewesen. Niemand und nichts hat ihn jemals verrückt, noch könnten sie es jemals tun. Die menschliche Auswirkung dieser Feststellung erfahren wir von Jesus: „Auf wen aber er fällt, den wird er zermalmen!“ Matth. 21:44.
Dem tierischen Magnetismus gelingt es in Wirklichkeit niemals, das herbeizuführen, was er dem unaufmerksamen Denken so anschaulich darstellt. Was geschieht wirklich? Mrs. Eddy erklärt: „Die unsterbliche Idee der Wahrheit durchschreitet die Jahrhunderte und sammelt die Kranken und Sündigen unter ihre Flügel.. . Die Verheißungen werden in Erfüllung gehen.“ Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 55.
Das menschliche Denken ist in zunehmendem Maße unzufrieden mit Glauben und Aberglauben. Ganz offensichtlich besteht ein wachsendes Verlangen nach einem Christentum, das heilt und das tiefe geistige Sehnen im Innersten befriedigt. Wir befinden uns nicht in einer Endzeit, sondern am Anfang — in einer guten Zeit. Es ist die Zeit, auf dem Eckstein zu bauen.