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Liebe herrscht mit süßer Macht

Aus der Januar 1986-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie viele Jahre sehnte ich mich danach, all den köstlichen Desserts entsagen zu können! Ich machte die verschiedensten Schlankheitskuren mit, die alle wie ein Jo-Jo wirkten. Sie wissen, was ich meine: zwanzig Pfund abnehmen, fünfundzwanzig Pfund zunehmen. Als Christliche Wissenschafterin habe ich viele inspirierende Zeugnisse davon gehört, wie Menschen einen Schimmer von der Wahrheit erhaschten und Übergewicht verloren, indem sie einfach dem übermäßigen Essen geistig entwuchsen. Irgendwie kam es mir immer so vor, als sei die Herrschaft irgendwo „dort draußen“, außerhalb meiner Reichweite.

Aber über die Jahre vollzog sich ein Wandel in meinem Denken. Meine Prioritäten und Ziele änderten sich, bis mir eines Tages klar wurde, daß ich einen mentalen Wendepunkt erreicht hatte. Ich entdeckte, daß es mir wichtiger war, 1) Herrschaft zum Ausdruck zu bringen, als Gewicht zu verlieren, und 2) die schöne Widerspiegelung der Seele zu sein als eine schlanke Sterbliche.

Edle Ziele, aber wie erreicht man sie? Die Heilung kam nicht über Nacht. Ein Gleichgewicht wurde durch schrittweises, diszipliniertes Vorgehen erzielt, das schließlich den hypnotischen Drang nach zu vielen Süßigkeiten brach.

Unser Wegweiser, Christus Jesus, sagte: „Wenn dir aber dein rechtes Auge Ärgernis schafft, so reiß es aus und wirf's von dir ... Wenn dir deine rechte Hand Ärgernis schafft, so haue sie ab und wirf sie von dir.“ Matth. 5:29, 30.

Die unverblümte Sprache unseres Meisters machte mir klar, daß ich drastische Maßnahmen ergreifen mußte, um diese heimtückischen, chronischen Suggestionen der zügellosen Naschsucht ein für allemal zu vertreiben. Ich erkannte, daß ich alles radikal aus meiner Erfahrung ausschalten mußte, was mich davon abhielt, mich auf der Suche nach Befriedigung vollständig auf Geist zu verlassen. Christus Jesus suchte ergebene, aufrichtige Nachfolger, nicht solche, die sich nur oberflächlich mit seinen Lehren befassen würden, um ein behagliches und bequemes Leben zu haben.

Jeder Gärtner weiß, wie wichtig es ist, morsches Holz herauszuschneiden und schwache oder verwachsene Zweige zu stutzen. Obwohl die Maßnahmen drastisch sind, sind sie die Mühe wert — das Resultat ist ein kräftigerer Baum, der bessere Früchte trägt. Wir brauchen uns niemals mit einem Leben minderwertiger Früchte zufriedenzugeben, denn unser Wurzelstock ist das göttliche Gemüt.

Ich wußte natürlich, daß es zwar meine Augen und Hände waren, die mir zu schaffen machten, indem sie immer nach etwas Süßem langten, daß diese aber nur den mentalen Befehlen meiner falschen Gelüste folgten. Ich begann damit, buchstäblich dem Geist von Jesu Gebot zu gehorchen, und ich bemühte mich, alle Gedanken und Einstellungen, die mich rückfällig machen könnten, aus meiner täglichen Erfahrung auszuschalten. Aufgrund meiner neugesteckten, geistigen Ziele war diese Heilung das Ergebnis einer göttlich angeregten Disziplin, und nicht das Resultat von Mumm und menschlicher Willenskraft wie in der Vergangenheit. Ich hielt an Mrs. Eddys Worten in Wissenschaft und Gesundheit fest: „Unausgesprochene Gedanken sind dem göttlichen Gemüt nicht unbekannt. Verlangen ist Gebet; und kein Verlust kann uns daraus erwachsen, daß wir Gott unsere Wünsche anheimstellen, damit sie gemodelt und geläutert werden möchten, ehe sie in Worten und Taten Gestalt annehmen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 1. Und: „Nützt uns Beten etwas? Ja, das Verlangen, das da hungernd nach Gerechtigkeit ausgeht, wird von unserem Vater gesegnet, und es kehrt nicht leer zu uns zurück.“ Ebd., S. 2.

Ich mußte also verstehen lernen, daß ich nichts wahrhaft Gutes aufzugeben brauchte, sondern daß vielmehr mein hungerndes Verlangen „gemodelt“ und „geläutert“ werden mußte. Welch ein Gewinn erwächst uns aus solch einem rechtschaffenen Wunsch! Das Gefühl, ein schwaches, aufgedunsenes Opfer der Naschsucht zu sein, das immer zwischen Sünde und Reue hin- und herschwankt, verwandelt sich in ein Gefühl der Ausgeglichenheit, des eigenen Wertes, der Erneuerung: der Gewißheit, sich ständig selbst in der Gewalt zu haben. Das Modeln der Wünsche führt zur Verbesserung des menschlichen Lebens.

Es wurde mir klar, daß ich über die materiellen Symbole hinausgehen und die wahre Natur des Kampfes erkennen mußte — nämlich die Suche nach Zufriedenheit. Ich dachte darüber nach, wie sehr sich alles in der Welt um Nahrungsmittel dreht — wieviel Aufmerksamkeit dem Anbau, dem Kaufen, Verarbeiten und schließlich dem Essen gewidmet wird. Außerdem hörte ich auf, mich ständig als Versager zu verdammen. Ich sah ein, daß ich unbewußt dem Beispiel der Welt gefolgt und das Essen wie einen Götzen verehrt hatte.

Als ich weiter betete und forschte, wurde ich mir stärker bewußt, daß der Mensch niemals mit der Materie zufrieden sein kann, weil er in Wahrheit geistig ist. Christus Jesus lehrte, daß der Trunk „lebendigen Wassers“ und das „Brot des Lebens“ wahre Zufriedenheit bringen. Siehe Joh. 4:10–14: 6:35. Viele aufschlußreiche Stellen in der Bibel befassen sich mit diesen Ideen, und mit Freude arbeitete ich daran, sie besser zu verstehen.

Wissenschaft und Gesundheit erklärt: „Die Wahrheiten des unsterblichen Gemüts erhalten den Menschen, und sie vernichten die Fabeln des sterblichen Gemüts, dessen nichtige und bunte Anmaßungen wie törichte Motten ihre Flügel versengen und in Staub zerfallen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 103. Als ich die Versuchung, zu viel zu essen, als „bunte Anmaßung“ erkannte, fand ich den Schlüssel zu meiner Freiheit von dem vergeblichen Verlangen, Befriedigung im Essen zu finden.

Im Laufe der Wochen wurde mir klar, daß die göttliche Liebe uns immer am nächsten ist. Und wir können die Wärme, Befriedigung und Zufriedenheit der Liebe Gottes für uns ständig fühlen, wenn wir wissen, daß die Gegenwart der Liebe uns umfängt und uns als strahlender Ausdruck Gottes zu wahrem Glück erhebt. Wenn wir uns ständig um dieses geistige Verständnis bemühen, wandeln sich unsere Wünsche, und wir messen unsere Zufriedenheit an einem geistigen Maßstab. Die billigen Reize des Materialismus lokken uns nicht länger, und unser Verständnis vom Selbst konzentriert sich auf das Wichtige. Es kam der Tag, wo ich gelassen an einem mit Leckereien beladenen Tisch vorbeigehen konnte, ohne das Verlangen zu verspüren, alles probieren zu wollen. Damit erlebte ich einen Triumph, der für mich süßer war als jeder Eisbecher!

Die Antwort auf die fundamentale Frage „Was ist der Zweck meines Daseins?“ hängt mit der Überwindung falscher Gelüste eng zusammen. Wir können uns täglich in einem Zustand der Zufriedenheit befinden, wenn wir von geistigen Wahrheiten genährt werden und jeden Tag als ein Abenteuer in der Entfaltung des geistigen Daseinszwecks betrachten. Die Bibel und die Christliche Wissenschaft lehren uns, daß der Mensch das geistige Ebenbild und die Idee des Geistes, Gottes, ist. Durch Widerspiegelung besitzt der Mensch alle Eigenschaften Gottes. Gott braucht jeden von uns als Seine vollständige Widerspiegelung, damit Sein Wesen voll zum Ausdruck kommt.

Auf unser menschliches Leben übertragen, bedeutet das, daß alles, was uns täglich beschäftigt — Beruf, Familie, Freizeit —, unserem Hauptzweck, Gottes Wesen zu offenbaren, untergeordnet sein muß. Christus Jesus verbrachte die ersten Jahre seines Lebens als Sohn eines Zimmermanns; aber selbst als Kind stellte er seine göttliche Sendung — in dem zu sein, das seines Vaters ist — an erste Stelle. Während seines ganzen Lebens demonstrierte er die Allerhabenheit geistiger Kraft. Auch wir können unsere Talente, unseren Beruf, unsere Ehe usw. als Gelegenheiten sehen, gottähnliche Eigenschaften und somit mehr von der wahren Natur des Menschen auszudrücken.

Und das trifft auch auf Probleme zu, die mit Essen oder irgendeiner anderen ungezügelten Leidenschaft zusammenhängen. Es geht in Wirklichkeit gar nicht darum, Herrschaft über die Plätzchendose zu gewinnen. Es ist vielmehr eine Gelegenheit für uns, unsere geistige Herrschaft in einer menschlichen Situation zu beweisen, wie unser Wegweiser es tat. Wir haben die Fähigkeit, die für das göttliche Gemüt charakteristische glorreiche Macht zu manifestieren und sie in solcher Weise auszudrücken, daß die hungernde Menschheit sie sehen kann. Die Ausgeglichenheit, Schönheit und lindernde Wirkung, die das Ergebnis dieses Ausdrucks der Herrschaft sind, machen unsere Widerspiegelung der Seele dem menschlichen Sinn sichtbar. Christus Jesus sagte: „Darin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringet.“ Joh. 15:8. Der Obstbaum leidet nicht, wenn er gestutzt wird. Vielmehr werden die Kräfte des Baumes durch das Stutzen auf seinen Hauptzweck — nämlich Früchte zu tragen — gelenkt und konzentriert.

Einen höheren Begriff vom Menschsein zu erlangen bedeutet, einen sterblichen Begriff von sich selbst und seiner Untertänigkeit dem Irrtum gegenüber aufzugeben. Der Mensch ist Gottes vollkommene Idee; er ist durch geistige Eigenschaften charakterisiert und wird vom göttlichen Gemüt auf einzigartige Weise in schönen Proportionen geschaffen und erhalten. Dies ist der einzige Körper, den es in Wirklichkeit gibt, und wir müssen ihn schätzen und ihn sichtbar werden lassen. Wenn wir dieses geistige Verständnis vom Körper zum Ausdruck bringen, wird das menschliche Dasein erleuchtet und befreit, und der sogenannte physische Körper nimmt harmonische Gestalt an. Wir werden aus der Tretmühle der Versuchung und Furcht, des Mißbrauchs und des Versagens befreit und erlangen ein befriedigendes Bewußtsein, das jeden Tag das himmlische Manna aufnimmt. (Welch innere Kraft uns diese geistige Nahrung gibt!) Diese Nahrung ist alles, was wir in unserem wirklichen Sein brauchen, wünschen oder überhaupt haben können. Alle, die ihre Wünsche von der Materie und ihren leeren Versprechungen weglenken und ernsthaft nach dem Guten hungern, erleben das „Sattsein“, das dem erhörten geistigen Gebet „Unser täglich Brot gib uns heute“ Matth. 6:11. folgt.

Einige Monate später, als ich Kleider trug, die fünf Größen Kleiner waren, befand ich mich in einem Zustand der Glückseligkeit angesichts meiner mentalen (und körperlichen) Umwandlung. Ich fürchtete mich nicht länger vor einer guten Mahlzeit. Wichtiger war aber, daß ich endlich angefangen hatte zu verstehen, wer ich wirklich bin und was mein wahrer Lebenszweck ist. Ehrfürchtig und dankbar erkannte ich die Macht christlich-wissenschaftlichen Gebets. Ich stand auf heiligem Boden.

Wir können es uns nicht leisten, uns vor der mentalen Disziplin, die von einem Nachfolger Christi verlangt wird, zu drücken, indem wir uns hinter der Entschuldigung verstecken, daß Schlankheitskuren nicht im Einklang mit der Christlichen Wissenschaft stehen. Tatsache ist, daß wir uns weiterhin unzufrieden und belastet fühlen, wenn wir gewohnheitsmäßig nach bestimmten Mengen oder Arten von Nahrungsmitteln verlangen, um Annehmlichkeiten und Befriedigung zu finden — statt uns an geistigen Wahrheiten zu laben, die unsere wirkliche Nahrung sind —, und wenn wir es versäumen, unser Bewußtsein mit dem Verständnis von Gott und Seiner Idee, dem Menschen, zu nähren. Es mag in der Tat ratsam sein, sowohl unseren Lebensstil als auch unser Denken zu ändern!

Das tägliche Streben, den triumphierenden Christus zu demonstrieren, ist eine befriedigende Aufgabe, die neue Gelegenheiten zu geistigem Fortschritt mit sich bringt. Wenn wir Gott um kraft bitten, können wir „Berge“ versetzen, Hindernisse überwinden, Erfolg erzielen. Jede Anstrengung, das Gute zu erreichen, ist kumulativ und hilfreich. Es gibt kein Gesetz des Rückfalls, und jeder Anspruch eines Rückfalls wird durch das Wissen entkräftet, daß Irrtum immer eine Annahme, niemals die Wirklichkeit ist.

Um mit Erfolg falsche Gelüste zu überwinden, müssen wir materielle Begierden durch das geistige Verlangen ersetzen, Gottes Willen zu tun und wahre Substanz widerzuspiegeln. Als ich in verschiedenen Wörterbüchern das Wort „süß“ nachschlug, sah ich mit Freude, daß die meisten Bedeutungen, die aufgeführt waren, auf geistige Eigenschaften hindeuten. Ich fand u. a. lieblich, angenehm, attraktiv, unverdorben, liebenswürdig, schön. Dies sind die geistigen Freuden, die uns befriedigen. Es gibt keinen Ersatz für die Anziehungskraft der Seele, der Quelle wahrer Süße. Dieses Verständnis setzt tyrannischer Naschsucht ein Ende und befähigt uns, Herr über die Eßlust zu werden und mühelos Mäßigkeit zu üben. Mit Freude können wir schließlich singen:

In Gottes Reich, tief in uns,
Herrscht Liebe je und je;
Des ist gewiß und freut sich
Der Mensch, die Gott-Idee.Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 221.


Du bist mein Fels und meine Burg,
und um deines Namens willen
wollest du mich leiten und führen.

Psalm 31:4

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