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Geistige Einheit und Weltfrieden

Aus der Oktober 1986-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die größten Feinde des Friedens — unseres eigenen Friedens und des Weltfriedens — sind wohl Haß, Zwist und Meinungsverschiedenheiten. Die Versuchung, von der Liebe abzufallen, scheint so hartnäckig und weit verbreitet zu sein, daß wir beharrlich daran arbeiten sollten, von diesem boshaften Übel frei zu kommen. Genau das wird von den Mitgliedern der Kirche Christi, Wissenschafter, verlangt. Im Handbuch Der Mutterkirche schreibt Mrs. Eddy: „Weder Feindseligkeit noch rein persönliche Zuneigung sollte der Antrieb zu den Beweggründen oder Handlungen der Mitglieder Der Mutterkirche sein. In der Wissenschaft regiert allein die göttliche Liebe den Menschen; und ein Christlicher Wissenschafter spiegelt die holde Anmut der Liebe wider in der Zurechtweisung der Sünde, in wahrer Brüderlichkeit, Barmherzigkeit und Versöhnlichkeit.“ Handb., Art. VIII Abschn. 1.

Bestimmt meinte sie damit nicht nur große, offensichtliche Feindseligkeiten — wie rasende Wut, offene Vorurteile, bittere Feindschaft —, sondern auch solche verdrießlichen Dinge wie schwelenden Groll, selbstgerechtes Murren, ungehaltene Verärgerung oder ganz einfach Ungeduld, Reizbarkeit und Borniertheit, seinen eigenen Willen durchzusetzen.

All das führt zu Konflikten und Unzufriedenheit. Der Frieden in Familien, in Gemeinwesen und Ländern wird dadurch gestört. Weisen nicht diese verführerischen Versucher fast immer dem anderen die Rolle des Bösewichts zu? „Er ist so ein Holzkopf!“ „Warum kann sie nicht ein bißchen mehr Ordnung halten?“ „Die kapieren es einfach nicht!“ Wir haben nie schuld.

Aber wir alle wissen, daß wir manchmal schuld haben. Es liegt in der Natur des Bösen, möglichst viele Täuschungsmanöver durchzuführen, damit wir nicht die Wurzel des Problems entdecken und anpacken können. Und oft sind es gerade unsere Feindseligkeit, unser Mangel an Mitgefühl, unsere Überheblichkeit, die geheilt werden müssen.

Und sie können geheilt werden, wenn wir das wahre Wesen Gottes und des Menschen besser verstehen. Wir beginnen, indem wir uns bewußt werden, daß Feindseligkeit in Wirklichkeit gar nicht zu uns gehört. Sie ist eine Erfindung des fleischlichen Gemüts, jener hochstaplerischen Mentalität, die uns einreden möchte, der Mensch sei selbstsüchtig und haßerfüllt.

Aber genau das Gegenteil ist wahr. Der Mensch spiegelt Gott wider. Wir können nichts fühlen oder wissen, was Gott nicht fühlt oder weiß, denn in Wirklichkeit sind wir der reine Ausdruck Seines Seins — oder wie die Bibel sagt, Sein genaues Bild und Gleichnis.

Für Feindseligkeit liegt die Lösung gerade hier: in dieser geistigen Einheit von Gott und Seiner weltweiten Familie. Um Frieden erleben zu können, müssen wir natürlich alle aufwachen und diese Einheit deutlicher erkennen; wir müssen sehen, daß jeder von uns in Wirklichkeit immerwährend zugleich und direkt mit Gott besteht und daß das stabile Band Seiner Liebe jeden von uns individuell mit Seiner Fürsorge umfängt. Wir müssen uns sorgsam davor hüten, zu glauben, Feindseligkeit könne — für uns oder andere — wirklich sein, und wir müssen die Wachtürme unseres Denkens getreulich besetzen, um diesem Eindringling zu wehren.

Wenn wir wirklich nach der Wahrheit über des Menschen Sein hungern und dürsten, uns dieser Wahrheit unterwerfen und mit ihr leben, dann sehen wir nach und nach, daß die verschiedenen Formen des Hasses — ob groß oder klein — aus unserem Leben verschwinden. Schließlich wird unsere praktische christliche Nachfolge — unser Gehorsam gegen die Gebote unseres Meisters Christus Jesus — die Feuer der Feindseligkeit ersticken und auslöschen. Wir werden feststellen, daß wir vertrauensvoll in dem unerschütterlichen Frieden, den Gott gibt, frohlocken können, selbst wenn ein Aufruhr der Gefühle geltend macht, er zerstöre die Grundlagen unseres Daseins. Jesaja versichert uns: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer... Du sollst auf Gerechtigkeit gegründet sein.“ Jes. 54:10, 14.

Die Welt wendet sich jedoch lieber nicht an Gott, um Frieden zu erlangen. Sie hat eine „leichtere“ Lösung. Sie sagt: „Wenn wir uns nur einig werden könnten, wenn wir einen gemeinsamen Standpunkt finden könnten, dann wäre alles in Ordnung. Dann würden sich die Menschen nicht länger hassen.“ Wenn auch diese Gedanken oft gutgemeint sind, so bauen sie doch nur auf den Treibsand persönlicher Zuneigung und Liebe.

Wir sollten gewiß alle ehrlichen Bemühungen unterstützen, zwischen gleichgesinnten Menschen engere, freundschaftlichere Beziehungen aufzubauen. Aber wir müssen uns darüber im klaren sein, daß menschlicher Kontakt ohne geistige Grundlage — ein bloßes gegenseitiges Verstehen und politisches Einvernehmen — keinen dauerhaften Frieden stiften kann. Selbst wenn es uns gelingt, Menschen dazu zu bewegen, ihre Meinungsverschiedenheiten beizulegen, können doch Gefühle erkalten, Bündnisse brüchig werden, gemeinsame Ansichten und Ziele veralten.

Persönliche Zusammenschlüsse und Verbindungen ändern sich, Gott nicht. Und wenn persönliche Übereinstimmung, nicht Gott, die Grundlage der Einheit ist, wird unseren Friedensbemühungen nur zeitweiliger Erfolg beschieden sein. Es kann daher kein Zufall sein, daß Mrs. Eddy in der am Anfang dieses Artikels zitierten Stelle aus dem Kirchenhandbuch „persönliche Zuneigung“ mit „Feindseligkeit“ verbindet.

Persönliche Zuneigung kann durchaus ein ebenso großes Hindernis für den Frieden darstellen wie Feindseligkeit. Warum soll ein anscheinend so unschuldiges Laster so destruktive sein? Weil es genau genommen eine subtile Form des Götzendienstes ist!

Persönliche Zuneigung deutet auf falsche Anbetung hin — nämliche darauf, daß wir Menschen statt unseren himmlischen Vater anbeten. Das Argument lautet: „Menschen, nicht Gott machen mich glücklich. Menschen, nicht Gott sind die Quelle des Guten. Das Barometer meines Glücks steigt oder fällt, je nachdem, wie die Menschen mich behandeln.“

Harmlos? Unwichtig? Wohl kaum. Mrs. Eddy beschreibt recht unverblümt das Böse in ihrer Analyse der persönlichen Zuneigung. Sie zeigt die schrecklichen Folgen, die sich für den einzelnen und für die Menschheit allgemein ergeben, wenn wir ihr freien Lauf lassen. Sie schreibt: „Die wir Freunde nennen, scheinen uns den Kelch des Lebens zu versüßen und ihn mit dem Nektar der Götter zu füllen. Wir heben diesen Kelch an die Lippen, aber er entgleitet unserer Hand und zerspringt vor unseren Augen in Stücke.“ In demselben Aufsatz fährt sie fort: „Und warum mißlingt es uns, diesen flüchtigen Sinn mit seinen köstlichen Formen der Freundschaft länger zu genießen, durch den die Sterblichen dazu gebracht werden, in persönlichen Vergnügungen Befriedigung zu finden und sich an trügerischen Frieden zu gewöhnen? Weil dies die große und einzige Gefahr auf dem aufwärtsführenden Pfad ist. Eine falsche Vorstellung von Glück ist verhängnisvoller für den menschlichen Fortschritt als alles, was ein Feind oder Feindschaft dem Gemüt aufdrängen oder seinen Zwecken und Zielen aufpfropfen kann, um des Lebens Freuden zu vereiteln und seine Leiden zu steigern.“ Vermischte Schriften, S. 9.

Schwierig? Ja. Daher verdient „die große und einzige Gefahr auf dem aufwärtsführenden Pfad“ unbedingt unsere vordringliche, regelmäßige Aufmerksamkeit. Kein Wunder, daß die Anweisung im Kirchenhandbuch fortfährt: „Die Mitglieder dieser Kirche sollen täglich wachen und beten, um von allem Übel erlöst zu werden, vom irrigen Prophezeien, Richten, Verurteilen, Ratgeben, Beeinflussen oder Beeinflußtwerden.“ Handb., Art. VIII Abschn. 1.

Doch ehe wir meinen, persönliche Zuneigung habe wenig mit Frieden oder mit der Befreiung vom Bösen zu tun, sollten wir bedenken, daß Feindseligkeit leicht zur Kehrseite angenehmer zwischenmenschlicher Beziehungen wird. Wenn Freunde einen Streit haben, können Ärger, Groll und verletzte Gefühle genauso heftige Reaktionen hervorrufen wie einfacher, offenkundiger Haß. In der Schule, im Geschäftsleben, auf lokaler und nationaler Ebene kommt es zu kleineren Streitereien, und dabei erleben wir, wie vergänglich dieser „trügerische Frieden“ persönlicher Zuneigung sein kann.

Mir wurde einmal klar, wie leicht es ist, fast unbewußt die weitverbreiteten falschen Vorstellungen über persönliche Beziehungen anzunehmen. Beglückt heiratete ich meine beste Freundin, und unsere Freundschaft hat sich über die Jahre weiter vertieft. Aber eine Zeitlang war ich innerlich beunruhigt, weil wir so wenig über ernste Themen sprachen. Gewiß, wir hatten viel gemein, und es machte uns auch Freude, vieles gemeinsam zu unternehmen. Doch führte dies selten zu langen, tiefschürfenden Gesprächen.

Nach einiger Zeit erkannte ich, daß das, was mir zu schaffen machte, die falsche Annahme war, daß meine Frau und ich für unser gegenseitiges geistiges Wachstum persönlich verantwortlich seien und daß ich hier eine großartige Gelegenheit verpaßte. Als mir dann aber klar wurde, daß es — ganz im Gegenteil — Gott war, der jeden von uns führte und lehrte, und zwar individuell, da hörte ich auf, mich zu sorgen. Mir wurde bewußt, daß jeder von uns sich in Harmonie mit Gott frei entfalten konnte und somit geführt wurde, für den anderen auf die beste Weise zu sorgen.

Das heißt nun nicht, daß wir Freundschaft als Falle ansehen sollten oder als etwas, was wir vermeiden sollten. Weit gefehlt! Mrs. Eddy warnt uns lediglich vor der götzendienerischen Abhängigkeit von anderen Menschen. Sie freute sich über echte, zärtliche Beziehungen, über christliche Gemeinschaft und über einen ausgeprägten Familiensinn, über den wir uns alle als die Kinder unseres gemeinsamen göttlichen Vaters freuen können.

Sie schreibt: „Reine Menschlichkeit, Freundschaft, Heim und gegenseitige Liebe bringen der Erde einen Vorgeschmack des Himmels. Sie vereinigen irdische und himmlische Freuden und krönen sie mit unendlichen Segnungen.

Der Christliche Wissenschafter liebt den Menschen mehr, weil er Gott über alles liebt. Er versteht dieses Prinzip — Liebe.“ Und was sie in einer Frage im selben Abschnitt aufführt, scheint mir, könnte man als Aufzählung von Eigenschaften ansehen, die wirklich Frieden stiften: „Wer bedenkt, daß Geduld, Versöhnlichkeit, unerschütterlicher Glaube und Liebe die Zeichen unseres Vaters dafür sind, daß der Mensch Stufe um Stufe von der Sünde geheilt wird und seinen Eingang in die Wissenschaft findet?“ Verm., S. 100.

Wenn wir solche einfachen, gewinnenden Eigenschaften gewissenhaft stärken, bringen sie uns und allen unseren Mitmenschen geistige Klarheit, Glück und wahre Zufriedenheit. In dem Maße, wie sich diese Merkmale entwickeln, enthüllen sie jene tiefe geistige Einheit, die uns vor dem doppelten Problem der Feindseligkeit und der persönlichen Zuneigung bewahrt. Fördern wir den wahren christlichen Charakter, so werden wir zu Gott geführt und zu harmonischeren zwischenmenschlichen Beziehungen. Und uns öffnet sich der Weg zu wahrem Frieden.

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