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Unzerstörbare Kindlichkeit, unschuldige Reife

Aus der April 1987-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Alle Geshöpfe Gottes, die sich in der Harmonie der Wissenschaft bewegen, sind unschädlich, nützlich und unzerstörbar” Wissenschaft und Gesundheit, S. 514., schreibt Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns), in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Dies ist natürlich keine relative, sondern eine absolute, wissenschaftliche Erklärung; sie beschreibt die geistige und einzig wirkliche Schöpfung. Wenn wir von dieser Erklärung ausgehen, können wir folgern, daß im Geist Unzerstörbarkeit und Unschädlichkeit universal und untrennbar sind. Die wertvollen Eigenschaften, die zu echter Kindlichkeit gehören, wie z. B. Demut, Unschuld, Reinheit, Vertrauen, Gehorsam, können eigentlich niemals von den Eigenschaften getrennt werden, die der harmlosen Reife, die den Menschen Gottes kennzeichnet, eigen sind — Eigenschaften wie Weisheit, Kraft, Verständnis, Beständigkeit. Kindlichkeit ist also niemals wirklich ein so leichtgläubiger oder wehrloser Zustand, wie die materiellen Sinne uns das glauben machen möchten. Und Reife bedeutet nicht ein Hinüberwechseln von Unschuld zu Betrug und Raub.

Angesichts immer zahlreicherer Berichte über die Mißhandlung von Kindern und Tieren ist es heute von höchster Wichtigkeit, daß die Menschheit sowohl Kindlichkeit als auch Reife als einen Ausdruck des göttlichen Gemüts, des Geistes, begreift und nicht als einen bloßen Zustand des sterblichen Gemüts oder der Materie. Erst wenn Kindlichkeit und Reife geistig gesehen werden, kann verstanden werden, daß sie grenzenlos sind — daß sie gleichzeitig gegenwärtig sind und nirgendwo in der Schöpfung in Konflikt miteinander stehen.

Ist es gerechtfertigt, das Heilen von Kindesmißhandlung und Tierquälerei zur selben Zeit zu diskutieren? Ja. Körperliche und mentale Kindesmißhandlung beginnt nämlich mit dem Mißbrauch kindlicher Eigenschaften und mit einer falschen Vorstellung und falschen Anwendung von Eigenschaften der Reife. Wahrhaft tiefgehendes Heilen verlangt, daß wir oberflächliche sterbliche Klassifikationen durchschauen, daß wir unparteiisch alles unterstützen, was wahrhaft kindlich ist, wo immer es zum Ausdruck kommt. Wenn wir uns ständig bemühten, diese Kindlichkeit zu respektieren und zu bekunden, und wenn wir uns weigerten, den Gehorsam, das zarte Vertrauen und die Unschuld irgendeines Geschöpfes unter irgendwelchen Umständen zu demütigen oder auszunutzen, würden wir sofort die scheinbare Flut von Aggression gegen Kinder eindämmen helfen. Wenn wir den wahren Eigenschaften der Kindlichkeit in unserem Denken Gewicht beimessen, werden sie auch in der Welt Gewicht haben.

In der Tat haben schon einige humanitäre Denker Nuancen dieser Ideen erkannt. In einer Ansprache vor der zwanzigsten Jahresversammlung von Oeuvre d'Assistance aux Bêtes d'Abattoirs (der französischen Organisation, die sich für Reform in Tierzuchtbetrieben und Schlachthäusern einsetzt), die 1981 in Paris stattfand, machte die Schriftstellerin Marguerite Yourcenar folgende radikale und zum Denken anregende Feststellung: „Wenn wir um Menschenrechte besorgt sind, dann dürfen wir nicht vergessen, daß es weniger mißhandelte Kinder gäbe, wenn es weniger mißhandelte Tiere gäbe...”

Ich habe selbst die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung erfahren. Durch ein Erlebnis mit unserem Hund habe ich gelernt, daß ich weder Kinder lieben und schätzen noch die unzerstörbare Unschuld und harmlose Reife, die meine eigene Vollständigkeit als Gottes Mensch kennzeichnet, nähren und ausdrücken könnte, wenn ich kindliche Eigenschaften mißbrauchen würde — ganz gleich, in welcher Form sie sich in meinem Leben zeigten.

Unser Hund Atticus, ein großer Jagdhund, bekam eine Drüsenentzündung, die ein unangenehmes Problem verschlimmerte, das er seit seiner Geburt hatte und das, wie man uns sagte, medizinisch behandelt, aber nicht geheilt werden könne. Bei unserem Gebet für ihn konzentrierten wir uns besonders auf Stellen aus dem ersten Kapitel des ersten Buches Mose. Diese halfen uns, sein wirkliches Sein als ein unsterbliches Geschöpf Gottes mit einer vollkommenen geistigen Identität zu sehen. Aber als sich sein Zustand verschlimmerte, hielten wir es für nötig, eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft um Hilfe zu bitten.

Ich berichtete einmal der Ausüberin von den kleinen Betrügereien, die wir an unserem Hund verübten, da er so schwierig war. (Ich gebrauchte aber nicht das Wort Betrügereien.) Ich erzählte ihr, wie wir ihn aus Zimmern (und Situationen) herausmanövrierten, indem wir ihn hinter seinem Ball herjagten, ihn mit einem Leckerbissen lockten oder eine andere List erfanden und ihm dann die Tür vor der Nase zumachten, anstatt uns die Zeit zu nehmen und ihn geduldig zum Gehorsam zu erziehen. Atticus war störrisch, mißtrauisch und noch ungehorsamer geworden — seine Versuche zu verstehen, ob wir es ehrlich mit ihm meinten, hatten ihn verwirrt. Die Ausüberin hörte schweigend zu. Dann sagte sie: „Wie können sie ihn lieben, wenn Sie ihn betrügen!” Beschämt sah ich sofort den Zusammenhang. Da Gott Wahrheit und Liebe ist, ist es in der Christlichen Wissenschaft unmöglich, betrügerisch zu sein und dennoch zu lieben! (Und betrügen ist eine der ältesten Bedeutungen des Wortes mißhandeln.) Als ich Atticus das nächste Mal ansah, war es, als ob mir Schuppen von den Augen gefallen wären. Durch das Verständnis, das die Wissenschaft mir gegeben hatte, konnte ich durch das materielle Bild, das ich von ihm hatte, hindurchsehen und erkennen, daß ich es nicht mit einer Zusammensetzung organischer Materie, Hund genannt, zu tun hatte, sondern mit Eigenschaften, Bedingungen und Formen des Denkens. Ich sah die wertvollen, kindlichen Eigenschaften, die er verkörperte — sein natürliches Vertrauen, seine Freude, Treue, Spontaneität, Unschuld, bedingungslose Liebe. Ich war voller Gewissensbisse und Reue, als mir klar wurde, daß ich diese Eigenschaften mißbraucht hatte. Und jetzt verspürte ich ein tiefes Verlangen, sie zu respektieren, zu schätzen und zu nähren. Das war die wirkliche Heilung.

Über den körperlichen Zustand ist zu sagen, daß die Blutungen, die eine Begleiterscheinung der Entzündung gewesen waren, sofort nachließen und Atticus in wenigen Tagen geheilt war. Aber nicht nur der Krankheitszustand war geheilt, sondern auch die angeblich unheilbare Abnormität der Drüsen. Es bedurfte sehr großer Geduld und jahrelanger Arbeit, bevor ein volles Vertrauensverhältnis wiederhergestellt war, ein Verhältnis, das nicht von Bestechung und Belohnung abhing, sondern von gegenseitiger Liebe und gegenseitigem Respekt. Aber diese Disziplin war ein wichtiger Teil meines geistigen Wachstums.

Wirklich überrascht war ich, als ich feststellte, daß Babys und kleine Kinder mir nicht mehr auf die Nerven fielen oder mich ärgerten. Ich empfand eine zärtliche, echte Zuneigung zu Kindern, die ich vor dieser Erfahrung nicht gehabt hatte. Nicht daß ich plötzlich ein Rattenfänger von Hameln geworden wäre! Aber ich hatte ein Erlebnis, durch das Gott mir die tiefere Bedeutung dessen zeigte, was ich gelernt hatte.

Eines Tages luden uns Bekannte für einen Abend zu sich ein. Sie hatten mehrere eigene Kinder und hatten sich bereit erklärt, für ein dreieinhalbjähriges schlimm mißhandeltes Mädchen zu sorgen, dessen Mutter wegen Kindesmißhandlung im Gefängnis saß. Als wir ins Wohnzimmer traten, kam mir die Kleine mit ausgestreckten Armen entgegen und wollte umarmt und geliebkost werden. Meine Freundin war überrascht und erzählte uns, daß sich das Kind noch nicht einmal von ihrem Mann habe hochheben lassen. Als ich das kleine Mädchen in den Armen hielt, wußte ich, daß Christus Jesus auch zu mir gesprochen hatte, als er die Arroganz im Denken seiner Jünger mit den Worten zurechtwies: „Laßt die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht.” Mk 10:14. Und jetzt, da ich mich bewußt und hingebungsvoll um Kindlichkeit in meinem Herzen bemühte, war ich endlich Christus Jesus nachgefolgt und ließ die Kinder zu mir kommen.

Kurz danach erkannte ich, daß ein Erwachsener, der ein Kind (oder auch sonst jemanden oder sonst eine Kreatur) in irgendeiner Weise hintergeht — selbst wenn es sich um den Mythos des Weihnachtsmannes oder des Osterhasen handelt —, sich zu einem Glauben an Unvollständigkeit bekennt. Er gibt damit zu, daß er glaubt, es fehle an jener Reife, die durch einen Mythos oder eine Lüge hindurchsehen würde, und ferner an jener Arglosigkeit, die des Betruges unfähig ist.

Aber außer dieser Lektion lernte ich noch eine größere, damit verbundene Lektion. Ich lernte verstehen, daß die Regeneration des menschlichen Charakters und das Heilen von Mißhandlung möglich (und unvermeidlich) sind aufgrund der absoluten geistigen Tatsache, daß jeder geringste oder größte Ausdruck der göttlichen Liebe durch die eigentliche Natur seiner geistigen, unzerstörbaren Identität geschützt ist. Ich mußte diese grundsätzliche Wahrheit erkennen. Denn es war mir nicht nur unmöglich, das Schuldgefühl über unsere Behandlung von Atticus loszuwerden, sondern ich empfand auch eine große Traurigkeit bei dem Gedanken, daß Kinder und Tiere zunächst menschlicher Grausamkeit bedingungslos ausgeliefert zu sein scheinen und sich dann auf menschliche Güte verlassen müssen, um von Grausamkeit errettet zu werden.

Eines Tages dachte ich über die Arche Noah nach; dabei wurde mir klar, daß die Idee der Arche nicht von Noah stammte. Die göttliche Idee der Sicherheit war Noah als Arche offenbart worden, und zwar durch den Christus — Wahrheit offenbarte sich dem menschlichen Bewußtsein. Daher war die Sicherheit eines jeden in der Arche individuell und rührte von Gott her. Ich erkannte, daß Schutz vor der Annahme eines guten oder bösen menschlichen Einflusses mit der Arche-Idee von der direkten, individuellen Verbindung des Menschen zur göttlichen Liebe beginnt. Diese große wissenschaftliche Tatsache befreite mich schließlich von der quälenden Illusion, es könne in Gottes Universum Opfer und Übeltäter geben. Die ganze Erfahrung mit Atticus wurde für mich ein deutliches Beispiel dafür, wie Unschuld wiederhergestellt und beschützt wurde.

Mrs. Eddy erklärt: „In Wirklichkeit gibt es kein sterbliches Gemüt und folglich keine Übertragung sterblicher Gedanken und Willenskraft. Leben und Sein sind von Gott. In der Christlichen Wissenschaft kann der Mensch keinen Schaden tun, denn wissenschaftliche Gedanken sind wahre Gedanken, die von Gott zum Menschen kommen.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 103. Für mich ist dies eine der barmherzigsten und trostreichsten Erklärungen in Wissenschaft und Gesundheit. In der Wissenschaft, d. h. in der absoluten Wahrheit des Seins, können wir einander absolut keinen Schaden zufügen. In diesem göttlichen Bewußtsein gibt es kein Gemüt, das dominieren oder dominiert werden, das mißhandeln oder mißhandelt werden kann. Nicht nur haben Grausamkeit, Gefühllosigkeit und Unwissenheit keine Wirklichkeit, auch Hilflosigkeit, Schwäche und sterbliche Abhängigkeit sind unwirklich.

Mit diesen mächtigen Tatsachen ausgerüstet, können wir der sterblichen Annahme, die das Böse unter irgendeiner Maske als Wirklichkeit hinstellt, den Kampf ansagen. Durch Christus und die geistigen Gesetze der Christus-Wissenschaft können wir hier und jetzt beweisen, daß die Idee, die vom göttlichen Prinzip geschaffen und deren Untrennbarkeit von diesem Prinzip erhalten wird, vollständig ist. Kindliche Unschuld ist mächtig und unzerstörbar; und Macht ist in Wirklichkeit unschuldig und harmlos.

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