Ich kam während meiner Studienjahre zur Christlichen Wissenschaft, als ich eine junge Frau kennenlernte, deren Religion meine vielen Fragen beantwortete. Die Kirche, in der ich groß geworden war, hatte mir keine zufriedenstellenden Antworten gegeben. Daraufhin befaßte ich mich mit der Christlichen Wissenschaft und wurde, sobald ich die Voraussetzungen erfüllte, Mitglied Der Mutterkirche und einer Zweigkirche; seit über fünfundvierzig Jahren erfreue ich mich der Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der Wissenschaft des Christus.
Bei einer Besichtigung Der Mutterkirche lernte ich meinen Mann kennen. Er war in dieser Wissenschaft erzogen worden, nachdem seine Mutter von einer Rückgratverkrümmung geheilt worden war. (Man hatte sie in das Büro einer Ausüberin der Christlichen Wissenschaft getragen, und sie verließ es zu Fuß — völlig geheilt.)
Wir heirateten kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Ehe mein Mann mit einem ziemlich gefährlichen Auftrag für drei Jahre nach Übersee ging, wurde uns durch gebetvolles Studium der Christlichen Wissenschaft klar, daß er niemals in die Lage kommen würde, auf einen Menschen schießen zu müssen. Obgleich er hin und wieder hinter den feindlichen Linien operierte, benutzte er doch nur einmal sein Gewehr, und zwar um ein Reh zu erlegen, als seine Einheit nichts zu essen hatte.
Nach seiner Rückkehr ins Zivilleben waren wir beide in unseren Berufen erfolgreich. Drei Kinder brachten Freude in unser Heim. Wir waren aktiv in unserem Gemeinwesen und halfen bei der Gründung einer Zweigkirche Christi, Wissenschafter, in unserer Gegend. Wir führten eine erfüllte, glückliche und bereichernde Ehe, und gelegentlich machten wir Pläne für die Jahre nach der Pensionierung meines Mannes. Aber mein Mann ging von uns, als er knapp ein Jahr im Ruhestand war.
Danach hatte ich sehr mit Kummer zu kämpfen. Schon Kleinigkeiten lösten Weinkrämpfe bei mir aus — z. B. seine persönlichen Dinge. Ich setzte meine berufliche Tätigkeit fort, besuchte weiterhin meine Zweigkirche, deren Mitglied ich blieb, machte Dienst in unserem Leseraum der Christlichen Wissenschaft und unterrichtete in der Sonntagsschule. Aber es gab lange Nächte und leere Tage, an denen ich keine Freude finden konnte, ganz gleich, was ich tat. Ich hatte das Gefühl, nur ein halber Mensch zu sein.
Ich studierte die Christliche Wissenschaft wie nie zuvor. Ich wollte meine ganze, vollständige Identität als Kind Gottes erkennen — als Mann und Weib der Gottes-Schöpfung. Während sich dieses Verständnis entfaltete, konnte ich wichtige Entscheidungen treffen in bezug auf Finanzfragen, die Instandsetzung unseres Hauses und den Kauf eines Wagens — alles Dinge, um die sich mein Mann gekümmert hatte. Ich machte einige Fortschritte und kam im Grunde ganz gut zurecht, doch tief im Innern trauerte ich noch immer.
Ich arbeitete weiter an meiner Heilung. Ich wußte, daß ich aus dem Tod eine Wirklichkeit machte und einer Lüge über ihn, über mich und über die Welt glaubte, wenn ich um meinen Mann trauerte. Dann kam eines Tages in einer der Bibellektionen (sie sind im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft zu finden) folgender Gedanke vor (Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy, S. 407): „Der Sklave unrechten Verlangens lerne die Lektionen der Christlichen Wissenschaft, und er wird den Sieg über dieses Verlangen davontragen und eine Sprosse auf der Stufenleiter zu Gesundheit, Glück und Leben emporsteigen." Ich wollte umblättern, denn ich dachte nicht, daß ich ein „Sklave unrechten Verlangens" war, weil ich weder trank, rauchte noch in irgendeiner Weise einen unmoralischen oder unrechtmäßigen Lebenswandel führte. Da ich aber Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft erhalten hatte, wußte ich, daß Mrs. Eddy in ihren Schriften Wörter gebrauchte, die aus Inspiration hervorgegangen waren, und man sie daher nicht als unbedeutend abtun sollte. So schlug ich in einem Wörterbuch das Wort Verlangen nach. Und da war die Lösung! Eine veraltete Bedeutung des [englischen] Wortes ist „den Mangel oder die Abwesenheit von jemandem oder etwas spüren; vermissen; bedauern“.
Sofort verneinte ich, daß ich der Sklave des Kummers war, einen geliebten Ehemann vermißte und bedauerte, daß sich die Pläne nicht erfüllten. „Nichts kann eine göttliche Idee zum Sklaven machen, und du bist eine solche Idee“, sagte ich mir. Nach all den Jahren des Studierens und Betens trat die Heilung, als sie dann erschien, augenblicklich ein.
Nach dieser Heilung fiel es mir leicht, das Haus, in dem wir zweiunddreißig Jahre lang gelebt hatten, zu verkaufen und in eine Mietwohnung zu ziehen, die weniger Arbeit machte, wieder mit Freunden zu verreisen, die Hochzeit einer meiner Töchter vorzubereiten und mich über Enkelkinder in unserer Familie zu freuen — alles ohne wehmütige Gedanken an das, was hätte sein können.
Mrs. Eddy schreibt auf Seite 454 in Wissenschaft und Gesundheit: „Warte geduldig, bis die göttliche Liebe auf den Wassern des sterblichen Gemüts schwebt und den vollkommenen Begriff bildet. Geduld, aber soll ihr Werk tun bis ans Ende‘.“ Meine Erfahrung ist gewiß ein deutlicher Beweis dafür.
East Norwich, New York, USA
