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Gottes Inspiration — immer „nahe“

Aus der Juni 1987-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Kürzlich verpflichtete ich mich, ein Projekt zum Abschluß zu bringen. Obwohl ich viel darüber nachdachte, konnte ich keinen klaren Gedanken fassen, wie ich es anpacken sollte. Ich betete und wartete auf göttliche Führung. Aber ich wurde immer konfuser. Ich hatte das Gefühl, ich sei in ein tiefes Loch mentaler Dunkelheit gefallen; die Inspiration schien Millionen Meilen von mir entfernt. Eines Abends war ich so verzweifelt, daß ich buchstäblich auf die Knie fiel und flehte: „Vater, wo bist du nur? Warum kann ich denn Deine Gegenwart und Inspiration nicht fühlen?“ Plötzlich kam mir eine Stelle aus dem Buch Jeremia in den Sinn: „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?“ Jer 23:23.

In diesem Vers zeigt Jeremia, wie Gott Sein Volk dafür zurechtweist, daß es Sein unendliches Wesen aus den Augen verloren hat. Aber wie so viele Bibelstellen läßt sie sich auch auf die umgekehrte Situation anwenden. Durch sie wurde ich mir nämlich der Tatsache bewußt, daß Gott immer „nahe“ — stets zur Hand — ist. Bis dahin hatte ich mich so verhalten, als wäre die Inspiration ein nur selten aufflammendes Licht und als bestünde meine Aufgabe lediglich darin, darauf zu warten, daß mich ein Strahl davon träfe.

Ich erinnerte mich auch an einen Satz aus Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr'istjən s'aiəns). Er nimmt zwar auf Krankheit Bezug, schien aber direkt auf mein Problem anwendbar zu sein: „Die bloße Bitte, daß Gott die Kranken heilen möge, hat nicht die Macht, mehr von der göttlichen Gegenwart zu erlangen, als stets zur Hand ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 12. Ich erkannte immer klarer, daß Gott immer gegenwärtig ist und Seine Liebe, Seine Kraft, Seine Wahrheit ausdrückt — selbst wenn wir uns des göttlichen Einflusses nicht bewußt sind. Gottes Gegenwart ist nicht von menschlichen Umständen oder Anstrengungen abhängig. Sie ist eine unwandelbare Realität — eine geistige Tatsache, für die der Mensch Zeugnis ablegt. Als ich das verstand, kamen mir nicht nur viele nützliche Ideen für mein Projekt in den Sinn, sondern ich hatte auch wieder Freude am täglichen Leben.

Von einer erdgebundenen, materialistischen Daseinsauffassung aus gesehen, erscheint das Leben wie eine endlose Kette von Augenblicken; unsere Aufgabe scheint darin zu bestehen, daß wir uns durch die unangenehmen unverdrossen zu den guten hindurcharbeiten und dann so lange wie möglich an ihnen festhalten. Diese enge Sicht führt dazu, daß wir sehnsuchtsvoll der Vergangenheit nachhängen, in der Gegenwart ständig Vergnügungen suchen und Luftschlösser für die Zukunft bauen. All diesen Einstellungen liegt die Annahme zugrunde, daß die Fülle des Lebens nur bestimmten Augenblicken angehöre, die kommen und gehen.

Wenn wir aber das Leben vieler Bibelgestalten betrachten, zeigt sich ein anderes Bild — sie kämpften sich nicht resignierend durch die Ereignisse ihres Lebens hindurch, in denen das Gute immer gerade außer Reichweite war, sondern ließen sich beständig und bewußt von Gott führen. Mary Baker Eddy schreibt: „Durch das Verständnis der Gewalt, die Liebe über alles hat, fühlte sich Daniel in der Löwengrube sicher und bewies Paulus, daß die Otter unschädlich war.“ Ebd., S. 514. Solch ein Leben zeigt, was es heißt, im Reich Gottes zu leben — in einem Reich, von dem Christus Jesus sagte, es sei „nahe herbeigekommen“. Dieses Reich besteht nicht aus Augenblicken, die vergangen oder jetzt gegenwärtig sind oder noch auf uns zukommen. Gottes Reich schließt immer nur das Jetzt ein. Einige Zuhörer Jesu mögen geglaubt haben, daß dieses Reich, das „nahe herbeigekommen“ war, „unmittelbar bevorgestanden“ habe oder „irgendwann einmal“ kommen würde. Aber für andere bedeutete es — und bedeutet es noch immer —, daß das Reich Gottes „erfahrbar“, „unmittelbar“, „für uns angebrochen“ ist.

Wenn wir zu Zeiten anscheinend kein geistiges Licht wahrnehmen können oder wenn wir uns entschlossen haben, uns für eine Heilung ausschließlich auf geistige Mittel zu verlassen, die Heilung aber nicht sofort eintritt, brauchen wir uns nicht von dem Gedanken täuschen zu lassen, wir müßten einen besonderen Moment abwarten, um geheilt zu werden. Noch sollten wir der Vorstellung verfallen, Inspiration wäre nur das Resultat menschlicher Anstrengungen.

Die Christliche Wissenschaft bietet einen erfrischend anderen Einblick in das Wesen der Inspiration. Erstens zeigt sie uns, daß Gott die Quelle aller wahren Inspiration ist, und nicht etwa clevere Leute. Zweitens erinnert sie uns daran, daß Gott unendlich ist und daß Seine Gegenwart daher niemals begrenzt oder eingeengt werden kann. Seine Gegenwart muß von Natur aus allgegenwärtig sein — überall und in jedem Augenblick gegenwärtig. Drittens befähigt sie uns zu der Erkenntnis, daß Gottes Schöpfung — die Söhne und Töchter des göttlichen Gemüts — niemals außerhalb der göttlichen Allgegenwart sein kann. Und schließlich verweist sie auf die Tatsache, daß wir alle von Gott dazu befähigt sind, Seine Allgegenwart und Liebe zu spüren und anzuerkennen — uns inspiriert zu fühlen.

Inspiration — die Kundwerdung göttlicher Führung in unserem Leben — ist uns so nahe wie die Luft, die wir atmen. Weltliches Denken möchte uns einreden, wir müßten nach Inspiration „schnappen“, indem es uns entweder mental unter Wasser hält oder uns einflüstert, wir brauchten ein „geistiges Hochgefühl“, um Sünde oder Krankheit zu besiegen. Wenn wir aber täglich im Gebet darauf bestehen, daß der Christus, der universale göttliche Einfluß, in uns ist, unser Sein definiert und uns zum Handeln anregt, nehmen wir geistige Vitalität in uns auf. Das belebt uns. Es erweckt uns zu der Wirklichkeit, so daß wir die Vollkommenheit des Menschen sehen, die schon immer „nahe“ gewesen ist. Paulus sagt: „Unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen.“ Röm 13:11, 12.

Wie weit wir uns auch von Gott entfernt fühlen mögen — wenn wir zugeben, daß wir Gottes Gegenwart hier und jetzt spüren können, tun wir einen Schritt in der rechten Richtung. Manchmal will es scheinen, als ob erst viel Zeit verstreichen müßte, bis wir Gottes Gegenwart erfahren können, und die Inspiration nur nach erbitterten Kämpfen gewonnen werden könnte. Aber wir brauchen niemals zu kapitulieren oder zu verzweifeln. Die Israeliten wanderten vierzig Jahre durch die Wüste, nicht etwa weil Gott sie nicht führte, sondern weil ihnen geistige Disziplin und geistiger Gehorsam fehlten. Gott war und ist immer nahe. Wenn wir geduldig an dieser Tatsache festhalten, spüren wir nach und nach Seine sanfte, machtvolle Gegenwart und erleben die Harmonie, die davon untrennbar ist.


Herr, du bist nahe,
und alle deine Gebote sind Wahrheit.

Psalm 1 19:151

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