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Der Mensch: Die andere Hälfte der Entdeckung

Aus der Mai 1988-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Nur allzuoft schleppen wir in bezug auf unsere eigene Person überflüssiges Gepäck mit uns herum. Wir machen es wie Leute, die nur einen Tagesausflug unternehmen wollen, aber meinen, sie müßten all ihre Habe mitnehmen. Wir alle tragen ein Ego mit uns herum, das verteidigt, das geliebt werden muß, ein Ego, das in jeder Beziehung Besserung nötig hat. Doch manchmal werden wir durch die wenn auch nur flüchtige Erkenntnis aufgerüttelt, daß die unendliche, göttliche Liebe eine Tatsache ist. Dann erkennen wir diese Liebe als etwas so Konkretes und so Allumfassendes, daß alles in einem neuen Licht erscheint.

Selbst wenn wir die göttliche Liebe nur zu einem Teil erkennen, erleben wir schon, was Hesekiel beschrieb, als er berichtete, daß Gott sagt: „Und ich will euch neues Herz und einen neuen Geist in euch geben.“ Hes 36:26. In solchen Augenblicken werden wir gestärkt und über die althergebrachte Selbsteinschätzung hinausgehoben. Wir können dann auf der Grundlage dessen tätig werden, was wir geistig erkennen. Vorher waren wir vielleicht der Meinung, wir könnten die Wahrheit nicht erkennen oder könnten nicht heilen, weil wir nicht die Veranlagung dazu hätten. Doch lehren uns diese geistigen Erfahrungen, daß uns ja Gott selber alle unsere Anlagen gibt. Er erschafft und gibt uns unser wahres Selbst, und Er zeigt es uns auch, wenn wir auf Ihn lauschen.

Die Christliche WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns) wartet nicht, bis wir über solche Erfahrungen so häufig gestolpert sind, daß wir daraus schließlich die richtigen Schlüsse ziehen, sondern sie zeigt uns, wie wir von Anfang an von der richtigen Schlußfolgerung aus arbeiten können, der Schlußfolgerung, daß der Mensch buchstäblich — und genau in diesem Augenblick — die Widerspiegelung des göttlichen Seins ist.

Wir erkennen, in welchem Ausmaß wir unseren Fähigkeiten und unserer Demonstration Grenzen setzen, wenn wir zwar an einen vollkommenen Gott glauben, gleichzeitig aber an eine unvollkommene Individualität, durch die dieses göttliche, allgegenwärtige Gute erkannt und ausgedrückt werden soll. Daher ist es notwendig, daß wir die Wissenschaft vom Menschen genauso akzeptieren wie die Wissenschaft des Gemüts. Es handelt sich hier natürlich um ein und dasselbe, um die Wissenschaft des Christentums. Wenn wir nur die Hälfte einer Gebrauchsanweisung oder eines Bauplans besitzen, so halten wir nichts in Händen, mit dem es sich wirkungsvoll arbeiten ließe. Es ist deshalb äußerst wichtig, daß wir die Entdeckung, die die Christliche Wissenschaft gemacht hat, in ihrer Gesamtheit in uns aufnehmen.

Wir sagen vielleicht, wir seien guten Willens, hätten aber das Gefühl, der vollkommene Mensch, unsere von Gott erschaffene Individualität, befinde sich irgendwo in weiter Ferne. Könnte das nicht zum Teil daran liegen, daß wir von einer falschen Annahme ausgehen? Wir gründen uns allzuleicht auf die Voraussetzung, daß unser wahres Selbst in der Materie liege, und versuchen dann, von dieser Basis aus den vollkommenen Menschen zu erreichen. Das aber ist unmöglich. Gehen wir jedoch von der Prämisse aus, daß Gott, das Gute, wirklich allgegenwärtig ist und der Mensch dieses Gute fortwährend bezeugt, dann werden wir etwas fühlen und erkennen, was uns bis dahin verschlossen geblieben war.

Die Christliche Wissenschaft verspricht nicht, daß uns das einfach in den Schoß fällt. Schließlich handelt es sich hier um den Weg, den uns Christus Jesus gewiesen hat. Das bedeutet, daß wir ständig bestrebt sein müssen, den „alten Menschen“ mit seinen unzähligen Sünden abzulegen, aber auch, daß uns Freude widerfährt, wenn wir den „neuen Menschen“ anziehen. Allmählich machen wir dann aber Fortschritte, und wenn wir wenigstens bis zu einem gewissen Grad verstehen, daß die göttliche Liebe schon jetzt tatsächlich gegenwärtig ist, werden diese geistigen Wahrheiten greifbarer und erscheinen uns der Wirklichkeit näher.

„Der Mensch ist Idee, das Bild der Liebe; er ist kein körperlicher Organismus“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 475., erläutert Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Wenn wir mehr von der göttlichen Liebe verstehen, wird uns auch das Bild der Liebe erscheinen. Ein gutes Beispiel hierfür findet sich in dem Buch Zwölf Jahre mit Mary Baker Eddy Irving C. Tomlinson, Zwölf Jahre mit Mary Baker Eddy (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1972), S. 60..

Eine Mutter aus dem mittleren Western der Vereinigten Staaten hatte sich mit ihren zwei Kindern auf die lange Reise nach New Hampshire gemacht, um Mrs. Eddy zu besuchen. Offensichtlich war die Reise nicht einfach gewesen, denn die kleine siebenjährige Tochter hatte eine so schmerzhafte Schwellung am Kopf, daß sie nicht einmal einen leichten Strohhut aufsetzen konnte. Viele Menschen hatten sich an jenem 4. Juli (dem amerikanischen Unabhängigkeitstag) in Pleasant View, Mrs. Eddys Wohnsitz, versammelt. Nachdem Mrs. Eddy zu ihnen allen gesprochen hatte, stellte sich diese Mutter mit ihren Kindern an, um Mrs. Eddy persönlich zu begrüßen. Später beschrieb diese Mutter ihre Erfahrung wie folgt:

„Ich wünschte, ich könnte die ganze Welt wissen lassen, was ich sah, als Mrs. Eddy auf die Kinder schaute. Es war eine Offenbarung für mich. Ich sah zum erstenmal die wirkliche Mutter-Liebe, und ich wußte, daß ich sie nicht besaß... Diese Liebe war überall, wie das Licht, aber es war göttliche, nicht bloße menschliche Liebe.

Ich schaute auf die Menschen, die auf dem Rasen umhergingen, und ich sah, daß sich die Liebe auch über sie ergoß... Sie war nicht nur überall gegenwärtig, wie das Licht, sondern sie war eine intelligente Gegenwart, die zu mir sprach, und ich weinte, während ich unter den Bäumen hin und her ging und laut vor mich hin sagte:, Warum habe ich dich nie zuvor gekannt? Warum habe ich dich nicht schon immer gekannt?‘ “

Als die Familie in das Hotel zurückkehrte, war das Geschwür am Kopf des Kindes verschwunden. Wie die Mutter sagte: „Die Stelle war so flach wie ihr Handrücken.“

Veranschaulicht nicht diese Erfahrung etwas von dem, was uns Wissenschaft und Gesundheit zu vermitteln versucht — daß die göttliche Liebe eine Realität darstellt und hier ist, allgegenwärtig ist? Erst wenn uns das bewußt wird, fangen wir an, unser eigentliches Selbst und das Weltall richtig zu verstehen — vorher nicht.

Offensichtlich war diese Mutter zuerst einmal bestürzt über die Kluft zwischen ihrer alltäglichen Daseinsanschauung und der wissenschaftlichen Wirklichkeit des Seins. Wie wir aber auch sehen, war ihre Individualität schon immer zu mehr fähig gewesen, als sie vermutet hatte. Wie sie in ihren Aufzeichnungen ausführte, sah sie, nachdem ihr Denken aufgerüttelt geworden war, diese Liebe in allem, worauf ihre Gedanken ruhten.

Was das sterbliche Gemüt über uns sagt, ist eine oberflächliche Karikatur. Und spielt hier nicht der Aspekt der Reue eine Rolle? Es muß uns gereuen, daß wir uns jemals für begrenzte Sterbliche gehalten haben, wo wir doch tatsächlich das Bild der Liebe sind. Mrs. Eddy schreibt: „Durch Reue, geistige Taufe und Wiedergeburt legen die Sterblichen ihre materiellen Annahmen und ihre falsche Individualität ab. Es ist nur eine Frage der Zeit, daß, sie sollen Mich [Gott] alle erkennen, beide, klein und groß‘.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 242.

Wir tun gut daran, uns zu vergegenwärtigen, daß die Einflüsterungen des sterblichen Gemüts nur auf eins abzielen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir es mit Stolz, Selbstgerechtigkeit oder Unzulänglichkeit zu tun haben. In jedem Fall soll erreicht werden, daß unsere Gedanken dem falschen Glauben an ein sterbliches Selbst folgen. Wir sollen getäuscht werden hinsichtlich unserer wahren Identität. Es soll, wenn irgend möglich, der Zeitpunkt hinausgeschoben werden, an dem wir entdecken, daß wir nichts aus uns selbst haben, daß wir aber alles, auch unsere Individualität, von Ihm haben, in dem wir leben und sind.

Es ist eine Regel der Christlichen Wissenschaft, daß wir die materielle, falsche Individualität, die uns so überzeugend als unser wahres Selbst dargeboten wird, tatkräftig verneinen müssen. Weshalb? Nicht, weil wir etwas unterdrücken möchten, was wirklich so ist, noch weil wir etwas Unangenehmes mit etwas Angenehmem verdecken wollen, sondern weil es der geistig wissenschaftlichen Tatsache zufolge kein materielles Selbst gibt. Das scheinbare Selbst, das im wesentlichen durch Begrenzungen und rein menschliche Meinungen bestimmt wird, ist ganz einfach ein Bündel falscher Vorstellungen. Alles, was wir im Grunde unseres Herzens schätzen, was wahrhaftige Liebe und reinstes Wissen darstellt, ist niemals in der Materie gewesen, obgleich es zweifellos wirklich ist. Die echte Liebe, die wir empfinden, die Selbstlosigkeit, die Freude an geistiger Schönheit und Güte — all das ist wirklich, doch es ist das Licht oder die Widerspiegelung des Geistes, der Seele.

Wir fragen uns vielleicht: Wer bin ich denn, daß ich meine, ich könne den Christus, die Wahrheit, demonstrieren? So viele Probleme sind das Ergebnis dieser Frage, dieses Widerstands gegen die Wissenschaft vom Menschen und des hartnäckigen Glaubens, daß wir arme, sündige Sterbliche seien, die unmöglich die Wahrheit erfassen können. Ein armer, sündiger Sterblicher kann das auch nicht! Jedoch ist der Mensch, das Bild der Liebe, die reine Widerspiegelung der Wahrheit. Und das ist unsere eigentliche Identität.

Wissenschaft und Gesundheit sagt uns immer wieder, was die Regel ist. Ist es nicht an der Zeit, daß wir zu dieser Wissenschaft vom Menschen zurückfinden, daß wir aufhören, unseren Willen durchzusetzen, und den neuen Weg ausprobieren — den Weg, den Mrs. Eddy entdeckte? Wir können dabei nichts verlieren, nur alles gewinnen.

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