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Wüste — der Vorhof zur Freiheit

Aus der Mai 1988-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Israeliten hatten Ägypten, den Schauplatz ihrer Gefangenschaft, verlassen, aber damit waren sie noch nicht völlig von ihrer Knechtschaft befreit. Vollkommene Freiheit erlangten sie erst, nachdem sie durch die Wüste gegangen waren, durch eine Erfahrung, bei der sie alles bisher Geglaubte anzweifelten, einschließlich der ihnen immer wieder zugesicherten Verheißung, daß Gott für sie sorgen würde. Geographisch gesehen, befanden sie sich in einem Wüstengebiet zwischen Ägypten und dem Lande Kanaan. Gedanklich aber standen sie zwischen ihrer Furcht vor einer ungewissen Zukunft und einer größeren Erkenntnis von Gottes Gegenwart und Macht.

In Wissenschaft und Gesundheit, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, beginnt Mrs. Eddy ihre Definition des biblischen Begriffs Wüste mit folgenden Worten: „Einsamkeit; Zweifel; Finsternis.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 597. Die Israeliten mußten geglaubt haben, daß Mose, ihr Führer, sie in solch eine Lage gebracht habe. Der Verfasser des zweiten Buches Mose berichtet ohne Umschweife über ihre ständigen Klagen: „Und es murrte die ganze Gemeinde der Israeliten wider Mose und Aaron in der Wüste.“ 2. Mose 16:2. Sie zweifelten daran, daß Gott ihnen helfen könne, und sie wären am liebsten wieder in die Sklaverei nach Ägypten zurückgekehrt, wo sie genug zu essen und zu trinken hatten.

An diesem Punkt ihres Ringens um Freiheit gab ihnen Gott das Manna. Und bei jedem weiteren Schritt hin und her Zwischen Zweifeln an Gott und Lobpreisungen Gottes mußten sie neue Lektionen lernen. Als sie aber schließlich ihre alten Gewohnheiten und ihr Vertrauen darauf aufgegeben hatten, waren sie dafür bereit, in das Gelobte Land einzuziehen. Im Zweiten Teil ihrer Definition von Wüste hilft uns Mrs. Eddy zu verstehen, wie wichtig dieses Stadium des Fortschritts ist: „Unmittelbarkeit des Gedankens und der Idee; der Vorhof, in dem der materielle Sinn der Dinge verschwindet und der geistige Sinn die großen Tatsachen des Daseins zur Entfaltung bringt.“

Ein Vorhof ist ein Durchgang, ein Vorraum. Ein solcher Begriff von Wüste als Ausgangspunkt für eine Veränderung zum Besseren ist mehr als eine rosarot gefärbte und um jeden Preis optimistische Sicht menschlicher Probleme. Dieser Vorhof bedeutet vielmehr das entscheidende Stadium unseres Fortschritts, in dem wir darauf vorbereitet werden, die begrenzenden Annahmen aufzugeben, die uns gefangengehalten haben. Wir erhaschen einen Schimmer von der Tatsache, daß Gott die ständige und unerschöpfliche Quelle alles dessen ist, was wir brauchen — ganz gleich, wo wir uns gerade befinden.

Dieses Vorhof-Stadium mag, menschlich gesehen, nur einen Augenblick oder, wie bei den Israeliten, Jahre währen. Während sie durch die Wüste zogen, wurden ihnen sowohl die Zehn Gebote wie auch das tägliche Manna gegeben, das sie ernährte. Auf die gleiche Weise lernen wir während der Zeit, die wir in dem Vorhof verbringen, daß die grundlegenden geistigen Wahrheiten über Gott und den Menschen keine kalten, leblosen, intellektuellen Theorien sind, die irgendwann in der Zukunft Anwendung finden werden. Sie sind jetzt anwendbar und wirkungsvoll und bezeugen Gottes Fürsorge auf jeder Stufe unserer Entwicklung.

Christus Jesus bewies Gottes liebevolles und fürsorgliches Wesen, indem er den Notleidenden half und denjenigen, die bereit waren, aufgerichtet zu werden. Die Pharisäer und Schriftgelehrten befragten Jesus darüber. Sie wollten wissen, warum er seine Zeit mit Sündern zubrachte. Nach dem Lukasevangelium setzte Jesus dieser elitären religiösen Auffassung drei Gleichnisse entgegen, die das fürsorgliche und vergebende Wesen eines alliebenden, allmächtigen Gottes klar darlegten. Jedes Gleichnis berichtete von einem Verlust: von einem verirrten Schaft, einem verlorenen Groschen und einem verlorenen Sohn. Siehe Lk 15:1—32. Der Hirte machte sich auf, um sein Schaf wiederzufinden, die Hausfrau suchte beharrlich, bis sie ihren Groschen fand, und der Vater hatte niemals aufgehört, seinen abwesenden Sohn zu lieben und für ihn zu sorgen.

Die folgenden Zeilen aus Wissenschaft und Gesundheit zeigen deutlich, daß wir niemals verlassen sind: „Heute liegt die Gefahr nahe, daß sich das Ärgernis der Juden in der Begrenzung des Heiligen in Israel und in der Frage wiederholt:, Kann Gott wohl einen Tisch bereiten in der Wüste?‘ Was kann denn Gott nicht tun?“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 135.

Wir machen einen Fehler, wenn wir meinen, daß die Wüste etwas anderes sei als eine Gelegenheit zu eigenem geistigen Wachstum. Solch einen Fehler zu machen heißt, von dem kürzesten Weg, der aus der Wüste herausführt, abzuirren, denn wir richten unseren Blick auf die scheinbare Wirklichkeit von Verwirrung und Zweifel. Der erfolgreichere Weg ist der, ein größeres Verständnis von der Beziehung Gottes zu Seiner Widerspiegelung, dem Menschen, zu gewinnen. In Wissenschaft und Gesundheit heißt es: „Die Beziehungen von Gott und Mensch, von dem göttlichen Prinzip und der Idee, sind in der Wissenschaft unzerstörbar; und die Wissenschaft kennt weder Abfall von der Harmonie noch Rückkehr zur Harmonie, sondern sie vertritt die Ansicht, daß die göttliche Ordnung oder das geistige Gesetz, demzufolge Gott und alles, was Er schafft, vollkommen und ewig ist, in seiner ewigen Geschichte unverändert geblieben ist.“ Ebd., S. 470.

Diese ewige Tatsache von der Unwandelbarkeit Gottes und des Menschen erlaubt es uns nicht, in unseren Bemühungen nachlässig zu werden und „den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen“. Wenn wir uns in einer „Wüste“ befinden, sollten wir uns prüfen und ausfindig machen, ob wir nicht nutzlosen Gewohnheiten verfallen sind. Wir müssen zu den grundlegenden Tatsachen zurückkehren.

Der erste Schritt ist die Erkenntnis, daß wir uns ändern müssen. Diese Erkenntnis fordert von uns einen Sinneswandel und den Verzicht auf die bisherigen Gewohnheiten. Wir müssen uns von neuem geistigen Zielen, Beweggründen und Bestrebungen verschreiben. Wenn wir über die materiellen Erscheinungen hinausschauen, gewinnen wir neue Ausblicke auf die Liebe Gottes und die Vollkommenheit des Menschen, der Sein Kind ist. Aber wir müssen auch täglich anwenden, was wir von der Harmonie in Gottes Reich verstehen lernen.

Der Weg aus der Wüste heraus fordert von uns Selbstprüfung, geistiges Wachstum und eine umfassendere Liebe. Wir messen unsere Beweggründe und unser Tun an der Norm der geistigen Vollkommenheit, die Jesus uns vorgelebt hat, und wir fügen uns der umwandelnden Macht des Christus, der Wahrheit, die uns aus der Wüste herausführt. Insoweit wie wir dieser Führung gehorchen, wird unser Leben mit dieser Norm der Vollkommenheit in Übereinstimmung gebracht.

Die Wüste ist also kein Ort außerhalb der harmonischen Ordnung Gottes. Gleich den Israeliten in der Wüste mögen wir Zeiten der Selbstprüfung nötig haben, ehe wir die geistige Wahrheit klarer erkennen. Doch selbst in diesen Zeiten, in denen das menschliche Denken sich wandelt, ist die Wahrheit von Gott und dem Menschen immer dieselbe. Unser wahres Wesen als Gottes geistige Widerspiegelung hat sich niemals verändert. Diese Tatsache kommt durch unsere Wüsten-Erfahrung ans Licht. Die Inspiration, die uns aus der Wüste heraushebt, und die Versorgung, die wir täglich benötigen, sind immer gegenwärtig.

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